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Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Organisationstalent und außerdem eine sehr fruchtbare Phantasie. Praktisch jeder Seemann, der im Hafen von London an Land gegangen war, hatte Missus Hollands League besucht, wie man es nannte, für gewöhnlich zu dem Zweck, jungen Damen zu begegnen, die in den oberen Etagen des Gebäudes residierten, während sich Missus Holland in ihrem Büro im Erdgeschoss um alles kümmerte. Es ging das Gerücht, dass Missus Holland, da sie nun mal Missus Holland war, Seeleute manchmal schanghaien ließ und auf eine wundervolle Reise schickte, vielleicht um Kap Horn oder in Davy Jones’ Kiste. Aber wenn sie nicht gerade irgendwelche Matrosen mit schönen Ferien beglückte, bewerkstelligte Missus Holland das eine oder andere.
    Bei den Docks galt sie als Königin, und niemand stellte diese Tatsache infrage, wenn Bang sie begleitete. Es wäre schwierig gewesen, ihrer aktuellen Tätigkeit einen Namen zu geben, aber Dodger wusste, dass sie einmal Krankenschwester und Hebamme gewesen war. Offenbar hatte sie sich ihren Lebensunterhalt damit verdient, Dinge zum Vorschein oder – was öfter geschehen war – zum Verschwinden zu bringen. Wenn man als jemand kam, der genauere Einblicke in ihre Beschäftigung wünschte, so riskierte man, bald jemand zu sein, der die Themsebrücken von unten betrachtete.
    Dodger kam natürlich gut mit der Familie zurecht, insbesondere mit Bang, der dem jungen Dodger einmal die Narben von den Fußeisen und auch das Brandzeichen gezeigt hatte, mit dem die Sklavenhalter ihr Eigentum kennzeichneten. Trotz seiner Vergangenheit war er ein sanfter, umgänglicher Mann, und als er auf Dodgers Klopfen hin die Tür öffnete, hielt er einen knurrenden, zähnefletschenden Hund von satanischen Ausmaßen zurück, der die vorderste Verteidigungslinie der Familie bildete. Sie besaß auch eine Donnerbüchse, groß wie ein Waldhorn und angeblich geladen mit Schwarzpulver, Steinsalz und – für besondere Gäste und begriffsstutzige Besucher – mit Nägeln verschiedener Größe.
    Dort stand Missus Holland höchstpersönlich, mit ihrem Mehrfachkinn und dem großen runden Gesicht, in dem es viel Platz für ihr Lächeln und für die hellblauen Augen gab, in denen, wie Dodger festgestellt hatte, immer dann unzweifelhafte Aufrichtigkeit leuchtete, wenn sie eine glatte Lüge erzählte. Sie ließ die Donnerbüchse sinken und rief fröhlich: »Dodger! Wie er leibt und lebt! Willkommen! Willkommen!«
    Kurze Zeit später saß sie in ihrem kleinen Privatzimmer und hörte sich Dodgers Geschichte an. Der Hund namens Jasper lag friedlich zu ihren Füßen, aber jederzeit bereit, auf ihre Anweisung hin sogleich aufzuspringen und zu knurren. Eine Weile wirkte Missus Holland recht nachdenklich, dann sagte sie: »Oh, es ist erstaunlich, wie lebendig eine Leiche wirken kann. Steif am einen Tag und ganz verspielt am nächsten. Was du vorschlägst, ist keine Reise für Unerfahrene, aber ich weiß Bescheid, o ja. Mit Leichen bin ich recht vertraut, wie dir bekannt sein dürfte. Also hör deiner Lieblingstante gut zu, ja? Nun, zunächst einmal brauchst du …«
    Dodger lernte schnell, und nach einigen Minuten sagte er: »Ich stehe in Ihrer Schuld, Missus Holland.«
    Sie lächelte und erwiderte: »Weißt du, ich habe dich immer für einen meiner feschen Jungs gehalten. Was die Schuld betrifft … Nun, wer weiß? Eines Tages hast du vielleicht Gelegenheit, mir eine Gefälligkeit zu erweisen. Keine Sorge, mir ist klar, dass du kein Killer bist, in dieser Hinsicht fiele meine Wahl also nicht auf dich. Aber es gibt noch andere Aufgaben, und wie heißt es so schön? Eine Hand wäscht die andere.«
    Dodger blickte auf Missus Hollands dicke Hände, die den Eindruck erweckten, als hätten sie sich seit einer Woche nicht mehr gewaschen. Aber er verstand die Bedeutung der Worte und hieß sie gut. Gefälligkeiten waren hier unten eine Währung, ebenso auf der Straße. Er wusste auch, dass Missus Holland immer ein Lächeln für ihn übrig hatte, vielleicht sogar noch etwas mehr, aber es brachte nichts, sich auf ein Lächeln zu verlassen.
    Als er sich verabschiedete, wurde sie plötzlich ernst. »Mir scheint, du hast in ein Wespennest gestochen, mein kleiner Junge. Und es gibt da einige Leute, die ich nicht mag, von denen ich aber höre, und einer von ihnen ist ein Typ, den man den Ausländer nennt. Sagt dir der Name irgendetwas?«
    Dodger schüttelte den Kopf, und Missus Hollands Gesicht zeigte plötzlich Unbehagen. Sie blickte kurz zu ihrem Mann hinüber

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