Dunkle Herzen
berühren. Der Zauber der Nacht erfüllte beide mit einem tiefen Frieden, nur geflüsterte Seufzer unterbrachen den leisen Fluß der Musik.
Ihr Liebesspiel glich einer Fortsetzung des Tanzes.
Weiche, gleitende Bewegungen.
Ausfallschritt.
Dann heißere, mitreißende Rhythmen.
Eine schwungvolle Drehung.
Steigerung.
Höhepunkt.
Schlußakkord.
Ausblenden.
Nun, da der Tanz vorüber war, lauschte Clare mit wachen Sinnen der Musik, einem Rhythmus, der auch jetzt noch das Blut schneller durch ihre Adern trieb. »Ich hätte dich schon ein paar Tage früher bedrohen sollen.«
»Hättest du es doch nur getan.«
»Ich hatte Angst.«
»Ich weiß. Ich auch.«
Das Bett knarrte protestierend, als sie sich aufrichtete, um lächelnd auf ihn hinunterzublicken. »Aber jetzt fühle ich mich viel, viel besser.«
»Tatsächlich?« Er zupfte sie am Haar und küßte sie. »Ich mich auch.«
»Mir gefällt dein Gesicht.« Mit zusammengekniffenen Augen fuhr sie mit der Spitze ihres Zeigefingers an seinem Kiefer entlang, hoch zu den Wangenknochen, über seine Nase und dann über seinen Mund. »Ich würde es liebend gerne modellieren.«
Cam lachte nur und biß sie scherzhaft in den Finger.
»Das ist mein Ernst. Dein Gesicht ist ideal, gut geformt, mit kräftigen Knochen und ausgeprägten Linien. Na, was hältst du davon?«
Leicht verlegen zuckte er mit den Achseln. »Ich weiß nicht.«
»Und dann deine Hände«, meinte sie mehr zu sich
selbst, während sie seine Handflächen, seine Knöchel und die Länge der Finger untersuchte. »Voller Kraft. Sie wirken ausgesprochen kompetent und geschickt.«
»Vor allem geschickt. Du solltest das am besten wissen.«
Sie kicherte leise, dann schüttelte sie tadelnd den Kopf. »Vom künstlerischen Standpunkt aus betrachtet, du Banause. Kommen wir zum Rest von dir. Du hast eigentlich einen fabelhaften Körper. Maskulin, jedoch nicht zu muskulös. Schmale Hüften, breite Schultern, gutgeformter Oberkörper, flacher, straffer Bauch und großartige Beine.«
Cams Verlegenheit wuchs. »Laß gut sein, Clare.«
»Ehe unsere Beziehung so … intim wurde, habe ich oft daran gedacht, dich zu bitten, mir unbekleidet Modell zu stehen.«
»Unbekleidet?« Lachend legte Cam ihr die Hände auf die Schultern und zog sie wieder zu sich herunter, doch das Lachen blieb ihm im Halse stecken, als er bemerkte, daß sie nicht scherzte. »Kommt nicht in Frage. Ich steh’ dir nicht nackt Modell.«
»Unbekleidet«, korrigierte sie. »Nackt liegt man in der Badewanne. Ein Aktmodell posiert unbekleidet.«
»Ich stelle mich weder nackt noch unbekleidet als Modell zur Verfügung.«
»Warum nicht?« Sie erwärmte sich immer mehr für den Gedanken. Vorsichtig löste sie sich aus seiner Umarmung und setzte sich rittlings auf ihn. »Ich hab’ dich doch schon oft genug nackt gesehen, so ziemlich von jedem Blickwinkel aus. Ein Künstler empfindet Nacktheit als etwas vollkommen Unpersönliches.«
»Nur über meine Leiche!«
»Du kämest in Kupfer großartig zur Geltung, Cam.«
»Nicht einmal dir zuliebe.«
Clare lächelte bloß. »Okay, dann werde ich die Zeichnungen eben aus dem Gedächtnis anfertigen. Aber vielleicht sollte ich vorher noch Maß nehmen.« Ihre Hand glitt an seinem Körper herunter.
»Laß den Quatsch.«
Clare erstickte fast vor Lachen. »Wer hätte gedacht, daß
Cameron Rafferty, der zum Gesetzeshüter mutierte Rowdy, so prüde ist?«
»Ich bin nicht prüde, ich bin nur – etwas zurückhaltend.«
»Wer’s glaubt, wird selig.«
»Und wer’s nicht glaubt, kommt auch in den Himmel.«
Grimmig schnaubend ließ Clare sich in die Kissen zurücksinken. Wo kam dieser plötzliche Energieschub bloß her, fragte sie sich. Noch vor zehn Minuten hatte sie gemeint, nie wieder ein Glied rühren zu können, und nun fühlte sie sich, als könnte sie Bäume ausreißen.
»Du dürftest ja gerne einen Lendenschurz tragen und von mir aus auch dein Dienstabzeichen daranpinnen, wenn dir das lieber ist. Die Skulptur werde ich Der lange Arm des Gesetzes nennen.«
»Ein Ton noch, und ich drehe dir den Hals um.«
Clare stieß einen tiefen, befriedigten Seufzer aus und wandte den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können. »Ich werd’ dir mal was verraten: Wenn es um meine Arbeit geht, kann ich so störrisch wie ein Maulesel sein. Einmal bin ich einer Stadtstreicherin zwei Wochen lang nachgelaufen, nur um ihre Hände zeichnen zu können. Warum grinst du eigentlich so unverschämt?«
»Du bist wirklich
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