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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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angestrahlt. Dazwischen stellten die Leute ihre Designerjeans und Diamanten zur Schau.
    Der Duft erlesener Parfüms hing in den Räumen, lagerte sich schichtweise übereinander und verschmolz schließlich zu einer einzigen exklusiven Duftnote: Wohlstand.
    »Clare, meine Liebe.« Tina Yongers, eine Kunstkritikerin, die Clare kannte und die sie nicht ausstehen konnte, schlängelte sich zu ihr durch. Sie war eine kleine, feenhafte Frau mit dünnen blonden Haaren und scharfen grünen Augen, die, obwohl sie die Fünfzig bereits überschritten hatte, das Kunststück fertigbrachte, mit Hilfe verschiedener chirurgischer Eingriffe als Mittvierzigerin durchzugehen.
    Sie trug einen wallenden, mit Blumen bedruckten Kaftan, der ihr bis auf die Knöchel fiel, und hatte sich verschwenderisch mit Diors Poison parfümiert. Der Duft paßte zu ihr, mokierte sich Clare insgeheim. Tinas Rezensionen waren oft ausgesprochen giftig. Allein durch ein Heben ihrer sorgfältig gezupften Augenbrauen konnte sie das Ego eines Künstlers zerquetschen wie eine Laus, und es war kein Geheimnis, daß sie das gelegentlich auch tat – aus purer Lust an dem Machtgefühl, das ihr eine solche Hinrichtung verlieh.
    Sie hauchte einen angedeuteten Kuß auf Clares Wange, dann packte sie sie leidenschaftlich bei den Oberarmen.
    »Sie haben sich wirklich selbst übertroffen, meine Liebe!«
    Clare lächelte und schalt sich im stillen eine zynische Heuchlerin. »Tatsächlich?«
    »Keine falsche Bescheidenheit, das langweilt mich. Jedem hier im Saal ist mittlerweile klar, daß Sie der Künstler der Neunziger – oder vielmehr die Künstler in sind.« Tina warf den Kopf zurück und lachte glockenhell auf. »Ich freue mich, sagen zu dürfen, daß ich eine der ersten war, die Ihr Talent erkannt haben.«
    Und zum Dank für die positive Besprechung von Clares erster Ausstellung hatte Tina zahllose Gefälligkeiten erwartet. So funktionierte das Spiel nun einmal. Fast meinte Clare, Angies Stimme in ihrem Ohr zu hören. Eine Hand wäscht die andere.
    »Ich weiß Ihre Unterstützung zu schätzen, Tina.«
    »Keine Ursache. Meine Unterstützung gebührt nur den Besten. Und wenn eine Arbeit zweitklassig ist, dann bin ich die erste, die das offen ausspricht.« Tina lächelte, wobei sie spitze kleine Mausezähnchen zeigte. »Nehmen wir zum Beispiel die Ausstellung des armen Craig letzten Monat. Lauter dilettantische, schlecht ausgeführte Werke ohne einen Funken Originalität. Wogegen dies hier …« Mit einer ringgeschmückten Hand deutete sie auf eine weiße Marmorskulptur. Ein Wolfskopf, mitten im Heulen auf ewig erstarrt, mit scharfen, glänzenden Fängen. Die nur angedeuteten Schultern gehörten unzweifelhaft zu einem Menschen. »… die reine, unverfälschte Kraft verkörpert.«
    Clare musterte die Figur. Sie gehörte zu ihren Alptraumarbeiten, zu denen sie sich von ihren entsetzlichen Träumen hatte inspirieren lassen. Fröstelnd kehrte sie ihr den Rücken zu. Spiel weiter, befahl sie sich und leerte ihr Glas, ehe sie es abstellte.
    Warum um alles in der Welt verursachten der Wein und die Komplimente bei ihr nur eine dermaßen nervöse Spannung? »Danke, Tina. Angie wird bedeutend ruhiger schlafen, wenn ich ihr Ihre Meinung weitergebe.«
    »Oh, das besorge ich schon selber, keine Angst.« Tina tippte mit einem Finger auf Clares Handgelenk. »Ich würde
gerne einmal unter vier Augen mit Ihnen reden. Wären Sie eventuell bereit, vor meiner Kunststudentengruppe einen Vortrag zu halten?«
    »Natürlich«, erwiderte Clare, obwohl sie öffentliche Auftritte noch mehr verabscheute als Interviews. »Rufen Sie mich doch einfach mal an.« Vielleicht kann ich vorher meine Nummer ändern lassen.
    »Worauf Sie sich verlassen können. Gratuliere, Clare.«
    Clare nickte, trat, da sie beabsichtigte, sich für ein paar ungestörte Minuten in Angies Büro zurückzuziehen, einen Schritt zurück und stieß heftig mit jemandem hinter ihr zusammen.
    »Bitte entschuldigen Sie«, bat sie, während sie sich umdrehte. »Es ist so furchtbar eng, daß – Blair!« Zum ersten Mal an diesem Abend zeigte sie eine von Herzen kommende Gefühlsregung, als sie ihrem Bruder die Arme um den Hals warf. »Da bist du ja! Ich hatte schon Angst, du würdest es nicht mehr schaffen.«
    »Was, ich soll die Nobelfete meiner einzigen Schwester versäumen?«
    »Es handelt sich um eine Kunstausstellung.«
    »Ach ja, richtig.« Blair ließ den Blick müßig durch den Raum schweifen. »Wem sagst du das?«
    »Gott sei

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