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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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uns nur ein bißchen die Zeit vertrieben. Und dann – dann …« Er schlug die Hände vor den Mund, und Cam bemerkte, daß ihm Tränen in die Augen traten.
    »Schon gut«, tröstete Cam in sanfterem Tonfall und legte dem zitternden Cy einen Arm um die Schulter. »Was ist passiert?«
    »Dann haben wir’s gefunden.« Brian schluckte heftig. Er hatte einen fauligen Geschmack im Mund. »Wir wollten die Räder abstellen und ein bißchen im Fluß planschen, das ist alles. Dann haben wir’s gesehen.«
    »Was habt ihr gesehen?«
    »Das … das tote Ding.« Mochte es auch demütigend sein, in aller Öffentlichkeit zu flennen wie ein Kleinkind, Cy konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. »Es war schrecklich, Sheriff. Einfach schrecklich. Soviel Blut.«
    »Okay, okay. Ihr Jungs setzt euch jetzt mal hinten ins Auto, und ich schau mir die Sache selber an. Na los, wir stecken eure Räder in den Kofferraum.« Er führte die beiden am ganzen Leibe zitternden Jungen zum Auto. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Hirsch oder um einen Hund, redete er sich ein. Doch seine Hände waren plötzlich eiskalt – ein Symptom, das er nur zu gut kannte. »Beruhigt euch erst mal.« Er öffnete die hintere Autotür und mahnte scherzhaft, um die Stimmung etwas zu lockern: »Euch wird doch wohl nicht schlecht werden? Wär schade um die schönen Polster.«
    Cy schluchzte weiter, doch Brian schüttelte den Kopf und stupste seinen Freund tröstend in die Rippen.
    Direkt hinter dem schotterbedeckten Straßenrand fiel der Boden steil ab. Ein Teppich von modernden Blättern, Überresten des vergangenen Herbstes, überzog den Abhang.
Nach einem letzten Blick auf die zwei bleichen Gesichter hinter der Heckscheibe kletterte Cam vorsichtig hinunter und wäre beinahe ausgerutscht, da der Boden nach den nächtlichen Regenschauern noch glitschig war.
    Es roch nach feuchter Erde und feuchten Blättern. Tiefe Druckspuren kennzeichneten die Stellen, wo die Jungen hinuntergeschlittert und wo sie eilig wieder hinaufgekrabbelt waren. Cam sah dasselbe, was die beiden gesehen haben mußten: eine lange, schmierige Blutspur. Zudem hing ein untrüglicher Geruch in der Luft. Der Geruch des Todes.
    Ein Tier, redete er sich ein, während er sich bemühte, das Gleichgewicht zu halten. Ein Tier, das von einem Auto angefahren worden und ein paar Meter fortgekrochen war, um hier zu sterben. Du lieber Himmel, war das eine Menge Blut! Er hielt einen Moment inne, um das Bild abzuschütteln, das vor seinem inneren Auge entstand. Die rotbespritzten Wände eines Wohnhauses. Der Gestank. Die nicht enden wollenden Schreie.
    Cam begann, durch den Mund zu atmen und verfluchte sich selbst.
    Das war aus und vorbei, ein für allemal. Das lag lange hinter ihm.
    Im Gegensatz zu den zwei Jungen rebellierte sein Magen beim Anblick des Leichnams nicht, dazu hatte er in seinem Leben schon zu viele Tote gesehen. Seine erste Reaktion war nackte Wut, darüber, daß in seiner Stadt ein Mord geschehen konnte.
    Doch der Zorn verrauchte so rasch, wie er gekommen war, und statt dessen stellten sich Ekel und Mitleid ein. Wer auch immer dieses zerschmetterte Bündel aus Fleisch und Knochen einst gewesen sein mochte, er hatte einen grauenhaften Tod erlitten. Cam bedauerte auch, daß ausgerechnet zwei Jungen, die einen warmen Frühlingsmorgen zum Schuleschwänzen genutzt hatten, über etwas stolpern mußten, was sie nicht verstehen konnten und nie vergessen würden.
    Er selbst verstand ja auch nicht, wie Menschen so sinnlos
und grausam handeln konnten. In all den Jahren, die er nun schon bei der Polizei war, hatte er das nie begreifen können.
    Behutsam, um ja keine Spuren zu vernichten, ließ er sich neben dem Leichnam nieder. Nasse Blätter klebten an dem nackten Fleisch. Der Körper lag verkrümmt da, die gebrochenen Arme und Beine entsetzlich verdreht, das Gesicht in Schmutz und nassen Blättern vergraben.
    Während Cam die Leiche genauer betrachtete, wurden seine Augen schmal. Inmitten des Blutes und der gräßlichen Verletzungen hatte er eine Tätowierung entdeckt. Sein Mund wurde staubtrocken. Er wußte, wen er da vor sich hatte, noch ehe er vorsichtig den Kopf des Toten anhob und in das entstellte Gesicht blickte. Fluchend erhob er sich und blickte auf die sterblichen Überreste von Biff Stokey nieder.
     
    »Um Gottes willen, Cam!« Bud fühlte, wie ihm der Mageninhalt in die Kehle stieg und schluckte heftig, ehe er auf den zu seinen Füßen liegenden Körper hinunterschaute. Der

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