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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sind wunderschön.« Die Farbenpracht versetzte Clare einen Stich ins Herz. Sie mußte daran denken, wie der Doc und ihr Vater immer zusammengestanden und über das richtige Beschneiden von Bäumen oder die am besten geeigneten Düngemittel diskutiert hatten. »Wie immer.«
    Hinter ihrem Lächeln verbarg sich tiefer Kummer, erkannte Crampton. Ein Allgemeinmediziner, der in einer Kleinstadt praktizierte, lernte schnell, auf derartige Untertöne zu achten. Auffordernd klopfte er auf die Mauer und setzte sich. »Komm, leiste einem alten Mann Gesellschaft. Du mußt mir erzählen, was du in New York so alles getrieben hast.«
    Clare setzte sich neben ihn und redete eine Weile über ihr Leben, da sie beide wußten, daß es ihr danach leichter fallen würde, auf das eigentliche Thema zu sprechen zu kommen.
    »Mom und Jerry sollten in ein paar Wochen wieder in Virginia sein. Es gefällt ihr dort sehr gut.«
    »Da du schon bis hierher gekommen bist, besuchst du sie vielleicht einmal, ehe du nach New York zurückfährst.«
    »Vielleicht.« Mit gesenktem Blick bürstete sie einen Schmutzfleck von ihrer Hose. »Ich bin froh, daß sie glücklich ist. Wirklich.«
    »Natürlich bist du das.«
    »Ich konnte nicht ahnen, daß es mir so schwerfallen würde.« Ihre Stimme begann zu zittern und brach. Sie mußte ein paarmal tief durchatmen, um ihre Beherrschung zurückzugewinnen. »Letzte Nacht bin ich nach oben gegangen. Ins Dachgeschoß.«
    »Clare.« Er griff nach ihrer Hand und nahm sie zwischen die seinen. »Das hättest du nicht allein tun sollen.«
    »Ich bin kein Kind mehr, das sich vor Gespenstern fürchtet.«
    »Du wirst immer deines Vaters Tochter bleiben. Du vermißt ihn ja immer noch. Aber ich kann das gut verstehen. Mir fehlt er auch.«
    Clare stieß einen zittrigen Seufzer aus, ehe sie fortfuhr: »Ich weiß, daß Sie ihm ein guter Freund waren, daß Sie versucht haben, ihm zu helfen, als er mit dem Trinken anfing. Und Sie haben uns beigestanden, als der Skandal publik wurde.«
    »Man läßt seine Freunde in schweren Zeiten nicht im Stich.«
    »Manche Menschen schon.« Sie richtete sich auf und lächelte ihm zu. »Aber Sie nicht. Nie würden Sie das tun. Ich hatte gehofft, daß Sie auch heute noch sein Freund sind, damit Sie mir helfen.«
    Die Verzweiflung, die in ihrer Stimme mitschwang, erschreckte ihn nicht wenig. Sanft streichelte er über ihre Hand. »Clare, du bist schon in dieses Haus gekommen, als du gerade krabbeln konntest. Natürlich werde ich dir helfen. Um Jacks und um deiner selbst willen.«
    »Ich habe mein ganzes Leben verpfuscht.«
    Cramptons Brauen zogen sich zusammen. »Wie kannst du so etwas sagen, Kind? Du bist doch eine sehr erfolgreiche junge Frau.«
    »Künstlerin«, korrigierte sie. »Auf diesem Gebiet bin ich erfolgreich, das stimmt. Aber als Frau … Sie haben bestimmt schon gehört, daß ich verheiratet war und jetzt geschieden bin.« Ein leiser Anflug von Humor blitzte in ihren Augen auf. »Kommen Sie schon, Doc, ich weiß, daß Sie ein Gegner von Scheidungen sind.«
    »Im allgemeinen ja.« Dr. Crampton hüstelte leise, um seine Worte nicht allzu pompös wirken zu lassen. »Meiner Meinung nach bleibt ein Gelübde ein Gelübde. Aber ich bin nicht so engstirnig, daß ich die Scheidung grundsätzlich verdamme. Ich weiß, daß es manchmal gewisse … Umstände gibt.«
    »Ich war der Umstand.« Clare griff nach unten und riß ein Grasbüschel aus, das nahe an der Wand wuchs. »Ich konnte ihn nicht genug lieben, konnte nicht so sein, wie er
es gerne wollte. Vermutlich konnte ich noch nicht einmal so sein, wie ich gerne gewesen wäre. Also habe ich alles verpatzt.«
    Crampton verzog unwillig das Gesicht. »Meiner unmaßgeblichen Meinung nach gehören zum Erfolg oder zum Scheitern einer Ehe immer zwei.«
    Fast hätte Clare laut aufgelacht. »Glauben Sie mir, Rob ist da anderer Ansicht. Und wenn ich meine Ehe und die anderen Beziehungen, die ich eingegangen bin, Revue passieren lasse, dann komme ich zu dem Schluß, daß ich immer noch einige unverarbeitete Probleme mit mir herumschleppe.«
    »Wenn du das schon selbst erkannt hast, dann mußt du auch ungefähr wissen, woran es liegt.«
    »Ja. Ich – ich muß endlich begreifen, wie er das tun konnte.« Die Worte sprudelten nur so hervor. »Sicher, ich weiß alles über Alkoholabhängigkeit; daß es eine Sucht, eine Krankheit ist und so weiter. Aber das sind alles nur Phrasen, bloße Redensarten, nichts weiter. Er war mein Vater. Ich muß lernen, seine

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