Dunkle Herzen
arbeitete er sich an ihrem Hals hoch, bis er auf ihre Lippen traf. »Du hast die Seife fallengelassen.«
»Mmm. Die meisten Unfälle im Haus passieren im Badezimmer.«
»Das sind regelrechte Todesfallen.«
»Ich sollte sie wohl besser aufheben.« Clare glitt, fest an seinen Körper geschmiegt, nach unten und schloß eine Hand um die Seife und den Mund um ihn. Sein zischender Atem mischte sich mit dem Gluckern des Wasserstrahls über ihnen.
Er hatte angenommen, sich in dieser Nacht vollkommen verausgabt zu haben; hatte geglaubt, das Verlangen, das an ihm genagt und gefressen hatte, sei erloschen. Doch jetzt wurde seine Begierde von neuem aufgepeitscht. Er zog Clare hoch und drückte sie gegen die nassen Kacheln. Ihre Augen schimmerten wie geschmolzenes Gold. Während er in sie eindrang, blickte er sie unverwandt an.
»Hungrig?« fragte Cam, als Clare am Schlafzimmerfenster stand und mit den Fingern ihr Haar kämmte, damit es trocknete.
»Fast verhungert«, gab sie zurück, ohne sich umzudrehen. Soweit das Auge reichte, sah sie nur Wald, üppig, weitläufig und tiefgrün. Er hatte sich mit Wald geradezu umgeben, sich in ihn zurückgezogen wie ein Tier in seinen Bau. In der Ferne, im Westen, konnte sie die Berge erkennen. Sie stellte sich vor, wie dieses Panorama wohl wirken würde, wenn die Sonne hinter den Bergen versank und den Himmel in ein Farbenmeer verwandelte.
»Wie bist du denn auf dieses Plätzchen hier gestoßen?«
»Durch meine Großmutter.« Cam knöpfte sein Hemd zu, dann kam er zu ihr und stellte sich hinter sie. »Seit hundert Jahren ist dieses Land im Besitz der Raffertys. Meine Großmutter hing sehr an diesem Fleckchen Erde, und dann hat sie es mir hinterlassen.«
»Es ist wunderschön hier. Letzte Nacht hab’ ich das gar nicht richtig wahrgenommen.« Sie lächelte. »Ich glaube, gestern nacht habe ich kaum etwas wahrgenommen, außer dem flüchtigen Eindruck eines Hauses auf dem Hügel.«
Dann hatte er sie nämlich über seine Schulter geworfen, und sie hatte gelacht, während er sie ins Haus, nach oben und in sein Bett schleppte.
»Als ich nach Emmitsboro zurückkehrte, war ich fest entschlossen, mich irgendwo außerhalb der Stadt niederzulassen. Ich glaube, Parkers Problem bestand zum großen Teil darin, daß er in einer Wohnung über dem Spirituosengeschäft lebte und sich nie allzuweit von dort entfernt hat.«
»So ein Dienstabzeichen ist eine schwere Bürde für einen Mann«, bemerkte Clare trocken und erntete einen sachten Knuff. »Hast du nicht eben irgendwas von Essen gesagt?«
»Normalerweise frühstücke ich samstagmorgens immer bei Martha’s .« Er blickte auf die Uhr. »Aber ich bin spät dran. Vielleicht findet sich ja hier im Haus auch etwas Genießbares.«
Dieser Vorschlag kam Clare sehr zupaß. Die Gerüchteküche
würde so oder so zu brodeln beginnen, da gab es kein Entrinnen. Aber so hatten sie wenigstens noch diesen Morgen Galgenfrist.
»Führst du mich mal im Haus herum?«
Bislang hatte sie lediglich das Schlafzimmer mit dem riesigen französischen Bett, dem Holzfußboden und der holzverschalten Decke gesehen. Und das Badezimmer, erinnerte sie sich lächelnd. Das großzügige gekachelte Bad mit der geräumigen Duschkabine. Nach dem zu urteilen, was sie bis jetzt gesehen hatte, schien er einen guten Geschmack und keine Scheu vor leuchtenden Farben in ungewöhnlichen Zusammenstellungen zu haben. Der Rest des Hauses interessierte sie brennend.
Trotz der Ereignisse der vergangenen zwölf Stunden war sie sich bewußt, daß auch dieser Mann nicht seine gesamte Zeit im Bett verbrachte.
Er nahm sie bei der Hand und zog sie aus dem Raum.
»Hier oben liegen noch drei weitere Schlafzimmer.«
»Drei?« Clare hob eine Augenbraue. »Hast du schon vorausgeplant?«
»So könnte man es nennen.«
Er ließ sie im gesamten zweiten Stock herumstöbern, wobei sie ab und an zustimmend nickte oder kurze Kommentare abgab. Ihr gefielen die Dachluken, die Hartholzfußböden und die riesigen Fenster. Und vor allem der um das ganze Stockwerk herumlaufende Balkon.
»Du bist ekelhaft ordentlich«, neckte sie ihn, als sie nach unten gingen.
»Eine einzelne Person macht nicht viel Unordnung.«
Clare konnte nur lachen und ihm einen herzhaften Kuß geben.
Am Fuß der Treppe blieb sie stehen, um den sonnendurchfluteten Wohnraum, der durch die hohen Decken ungeheuer geräumig wirkte, zu bewundern. Indianische Teppiche bedeckten den Boden. Eine Wand bestand komplett aus roh behauenem
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