Dunkle Herzen
die Augen zu verdrehen. Sogar als er nach hinten ging, um seine Blase zu erleichtern, hörte er noch, wie sie ihre gegenseitigen Neckereien fortsetzten. Im Handtuchspender befanden sich keine Papiertücher mehr. Es war seine Aufgabe, sich um die Toiletten zu kümmern, also wischte er sich knurrend die Hände an den Jeans ab und machte sich auf den Weg zum Lagerraum. Reva gab ein quiekendes Lachen von sich.
»Ach, Skunk, du bist mir vielleicht einer!«
»Scheiße«, murmelte Ernie vor sich hin, während er einen Karton Papiertücher aus dem Regal holte. Dann bemerkte er das Buch. Es lag direkt hinter dem Karton. Ernie leckte sich nervös die Lippen und griff danach.
Aleister Crowleys Bekenntnisse . Als er darin herumblätterte, fiel ein Zettel heraus, direkt vor seine Füße. Rasch hob er ihn auf, blickte verstohlen über seine Schulter und überflog die Nachricht.
Lies. Verstehe. Nimm teil.
Mit zitternden Händen stopfte er den Zettel in die Tasche. Er zweifelte keine Sekunde daran, daß die Nachricht für ihn bestimmt war. Endlich war die Aufforderung gekommen. Durch sein Teleskop hatte er so einiges gesehen und sich noch mehr zusammengereimt. Dennoch hatte er geschwiegen und gewartet. Und nun wurde er dafür belohnt. Er würde dazugehören.
Sein einsames Herz barst schier vor Freude, als er das Buch unter sein Hemd gleiten ließ. Aus einem Impuls heraus zog er das Pentagramm hervor und ließ es offen, für jedermann sichtbar, auf der Brust baumeln. Das sollte sein Zeichen, seine Antwort sein, dachte er. Sie würden sehen, daß er verstanden hatte. Daß er wartete.
Clare stand unter der Dusche und ließ das Wasser auf ihren Kopf prasseln. Eine beglückende Mattigkeit breitete sich in ihrem Körper aus. Mit geschlossenen Augen summte sie vor sich hin, während sie sich einseifte. Cams Geruch haftete noch auf ihrer Haut, dachte sie und ertappte sich dabei, daß sie ein dümmliches Grinsen aufsetzte.
Gott, was für eine Nacht!
Langsam und genüßlich strich sie mit der Hand über ihren Körper und schwelgte in der Erinnerung. Bislang war sie immer davon überzeugt gewesen, ihren Anteil an romantischen Begegnungen gehabt zu haben, aber nichts ließ sich auch nur annähernd mit dem vergleichen, was letzte Nacht zwischen ihr und Cam geschehen war.
Er hatte ihr das Gefühl vermittelt, die begehrenswerteste Frau der Welt zu sein. In einer einzigen Nacht hatten sie sich gegenseitig mehr gegeben als sie und Rob in …
Uups. Mahnend schüttelte sie den Kopf. Keine Vergleiche, warnte sie sich selbst. Schon gar nicht mit Ex-Ehemännern als Basis.
Sie warf ihr Haar zurück und dachte daran, daß noch ein langer Weg vor ihr lag. Stand sie just in diesem Augenblick nicht zuletzt deshalb unter der Dusche, weil sie neben Cam aufgewacht war und sofort den Wunsch verspürt hatte, sich an ihn zu kuscheln? Sogar nach dieser stürmischen Liebesnacht – oder vielleicht gerade deswegen – empfand sie ihr Verlangen, von ihm im Arm gehalten und gestreichelt zu werden als beinahe peinlich.
Hier ging es einzig und allein um Sex, redete sie sich ein. Großartigen Sex, alles, was recht war, aber mehr steckte nicht dahinter. Jetzt ihren aufwallenden Gefühlen freien Lauf zu lassen würde nur zu einer Katastrophe führen. Wie immer.
Also würde sie sich von dem heißen Wasser aufweichen lassen, sich trockenrubbeln, bis ihre Haut rosig glänzte, und dann wieder ins Schlafzimmer gehen und über ihn herfallen. Diese Vorstellung entlockte ihr ein spitzbübisches Lächeln, welches jedoch in ein gellendes Kreischen überging, als sie die Augen wieder öffnete.
Cam hatte sein Gesicht gegen die durchsichtige Wand der Duschkabine gepreßt. Sein röhrendes Gelächter brachte sie dazu, einen Schwall von Verwünschungen auszustoßen, während er die Tür aufriß und zu ihr unter den Brausestrahl trat.
»Hab’ ich dich erschreckt?«
»Mann, bist du ein Idiot! Mir ist fast das Herz stehengeblieben.«
»Laß mal fühlen.« Er legte eine Hand zwischen ihre Brüste und grinste. »Nö, die Pumpe funktioniert noch. Warum bist du denn nicht im Bett?«
»Weil ich hier bin.« Sie strich sich das nasse Haar aus den Augen.
Sein Blick wanderte an ihr hinunter, bis hin zu den Zehenspitzen, dann wieder herauf. Clares Blut begann bereits, schneller durch die Adern zu fließen, noch ehe seine Finger seinen Augen folgten. »Du siehst ziemlich naß aus, Slim.«
Er senkte seinen Mund zu ihrer feuchten Schulter. »Du schmeckst auch gut.« Langsam
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