Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
beeindruckt ihn offensichtlich nicht. »Wie würdest du es dann bezeichnen? Du hast dich doch gestern Abend betrunken, oder nicht? Hast du auch bei dem Kerl getrunken, während ihr im Bett wart? Hast du darauf geachtet, die Bissspuren zu tilgen? Erinnerst du dich überhaupt an irgendetwas?«
Woher weiß er nur so viel?
Williams schüttelt den Kopf. »Was glaubst du denn? Du riechst nach Sex und Schnaps.«
Er schaut aus dem Fenster. Ein Glück. So sieht er nicht, wie mir die Schamesröte ins Gesicht steigt. Dabei hatte ich so sorgsam darauf geachtet, meine Gedanken vor seinem neugierigen Blick zu schützen.
Scheiße. Ich konnte zwar die Gedanken abblocken, aber nicht die hochempfindliche vampirische Nase. Hundert Duschen hätten wohl nicht gereicht, um diese Gerüche zu tilgen.
Williams ist noch nicht fertig. Er dreht sich zu mir um. »Der Onkel dieser Frau, der Mann, den du gestern Abend in der Bar kennengelernt hast, hat der Polizei von El Centro die ganze Geschichte erzählt. Die wahre Geschichte, Anna. Du hast vor letzter Nacht keinen dieser beiden Männer je gesehen.«
Er kennt also sämtliche peinlichen Einzelheiten. Das sollte mich nicht überraschen.
Ich rutsche auf dem Rücksitz ein wenig tiefer. »Du hast gesagt, David hätte angerufen. Was hat er denn gesagt?«
Williams runzelt erneut die Stirn. Er lässt sich von meinem Versuch, das Thema zu wechseln, nicht einlullen. Trotzdem sagt er: »Nicht viel. Nur, dass ihr euch gestritten habt. Er macht sich schreckliche Sorgen. Ihm liegt viel an dir. Zu viel vermutlich.«
Na, das Problem dürfte sich wohl bald erledigt haben.
Williams fängt diesen Gedanken auf. Was soll das heißen?
Es hat wohl keinen Zweck, vor ihm verbergen zu wollen, wie David mich so wütend gemacht hat, dass ich aus seinem Auto gesprungen bin und mich in die nächste Bar verkrochen habe. Ich lasse Williams die Einzelheiten aus meinen Gedanken lesen. Er lächelt doch tatsächlich, als er sich durch den Kopf gehen lässt, was zwischen David und mir vorgefallen ist. Ganz besonders gefällt ihm Davids Vorschlag, ich solle Polizistin werden.
He. Ich hebe die Hand, um seine offensichtliche Begeisterung zu dämpfen. Wer hat gesagt, ich wolle Polizistin werden? Ich bin gern mein eigener Chef. Für dich zu arbeiten wäre – ich suche nach dem passenden Wort, immerhin ist er ein mächtiger Vampir – schwierig. Du und ich sind nie derselben Meinung. Über gar nichts.
Du meinst, wir sind nicht derselben Meinung, was dein Verhalten angeht. Und das mit gutem Grund, würde ich meinen. Sein Tonfall wird noch kälter. Nun ja, du wirst Zeit haben, gründlich darüber nachzudenken.
Es gefällt mir nicht, wie er das sagt. Die lautlosen Worte erreichen mich mit demselben Tonfall, in dem ein Richter ein Urteil verkündet – mit einer Endgültigkeit, die keine Abwandlung erwarten lässt. Ich starre ihn an und warte.
Sein Blick bohrt sich in meinen. Es gibt nur eine Möglichkeit, Anna. Bis wir sicher sind, dass du nicht als Vampir enttarnt wurdest, wirst du nicht nach Hause gehen. Du wirst auch nicht ins Büro gehen oder zu deinen Eltern oder sonst irgendwohin, wo man dich erkennen könnte. Du wirst nicht versuchen, Kontakt zu David aufzunehmen. Du wirst auch nicht in den Park oder in mein Büro kommen. Ich will nichts von dir sehen oder hören.
Er pustet auf seine Fingerspitzen und öffnet die Hand, als blase er Löwenzahnsamen in den Wind. Du wirst einfach verschwinden.
Kapitel 21
V erschwinden? Was zum Teufel soll das heißen?
Was denkst du denn, was das heißt?
Seine Miene und sein Ton gefallen mir gar nicht. Er spricht mit mir wie mit einem Kind, das ohne Abendessen ins Bett geschickt wird. Wo sollte ich denn hingehen? Und für wie lange?
Williams zuckt mit den Schultern. Wie lange, kann ich nicht sagen. Bis wir sicher sind, dass Sylvie und ihr Vater keinen Ärger machen werden.
Und was soll es da nützen, wenn ich verschwinde?
Williams macht eine wegwerfende Geste. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn wir Glück haben, wollen Sylvie und ihr Vater diesen Vorfall so rasch wie möglich vergessen. Vielleicht reden sie sich ein, dass Adrenalin oder Angst der Grund dafür waren, wie du Alan angegriffen hast. Aber falls sie anfangen, Fragen zu stellen, vor allem der Presse gegenüber, dann riskierst du, dass jene, die nach genau solchen Geschichten Ausschau halten, dich als Vampir erkennen.
Und mein Verschwinden wird keine Probleme verursachen? Wird das nicht ein bisschen verdächtig
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