Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
er.
»Ziemlich improvisiert«, korrigierte sie, und nun da alles vorbei war, wurde ihr flau im Magen. »Aber der Kerl kam zu mir, versuchte, mich blöd anzumachen und sich aufzuspielen – und dann waren da diese jämmerlichen, nervtötenden Weiber. Und Cissy als Bonus dazu. Die kleine Vorstellung wird in Windeseile die Runde machen, Wort für Wort.«
Wie aufs Stichwort erhoben sich drinnen im Ballsaal weibliche Stimmen, ein lautes Klirren ertönte, dann hysterisches Schluchzen.
»Möchtest du zum zweiten Akt hineingehen?«
»Nein, lieber nicht. Ich finde, du solltest mich zum Tanzen auffordern, auf der Stelle.«
»Dann tue ich das hiermit.« Mitch schlang die Arme um sie. »Ein herrlicher Abend«, sagte er, während hinter ihnen durch die offenen Türen der Streit zu hören war.
»Ja, wirklich.« Mit einem tiefen Seufzer lehnte Roz den Kopf
an seine Schulter und spürte, wie sich alle Wogen in ihr glätteten. »Riech doch nur mal diesen Blauregen. Ich möchte dir noch dafür danken, dass du mir vorhin nicht zu Hilfe geeilt bist.«
»Es hätte nicht viel gefehlt.« Mitch küsste sie leicht aufs Haar. »Aber dann merkte ich, wie gut du die Situation im Griff hattest, und konnte es genießen, in der ersten Reihe zu sitzen.«
»Papa!« Josh stürzte auf die Terrasse hinaus. »Das musst du dir ansehen.«
Mitch tanzte einfach weiter mit Roz, obwohl die Musik schon lange aufgehört hatte und dem Gebrüll und dem Geräusch scharrender Füße gewichen war. »Zu beschäftigt«, erwiderte er.
»Aber Shelbys Vater hat diesem Typen gerade die Fresse poliert. Hat ihn k.o. geschlagen. Und die eine Frau ist ihm ins Gesicht gesprungen – dem anderen, nicht Shelbys Vater. Sie kämp - fen mit Zähnen und Klauen. Du verpasst etwas.«
»Geh wieder rein; du kannst uns später einen aktuellen Spielbericht erstatten. Ich habe noch eine Weile damit zu tun, Roz zu küssen.«
»O Mann. Ich muss doch mal öfter in Country Clubs gehen.« Damit eilte Josh zurück in den Saal.
Und Mitch senkte seinen Mund auf Roz’ Lippen.
Sie musste sich ausruhen. Sie hatte sich gut behauptet, dachte Roz, als sie ihren Schmuck zurück in die Schatulle legte, und sie glaubte, dank ihres Auftritts ihren rachsüchtigen Exmann nun endlich los zu sein.
Doch der Preis dafür war eine weitere Szene in aller Öffentlichkeit gewesen.
Davon hatte sie die Nase voll; sie hatte es so satt, ihre schmutzige Wäsche vor aller Augen ausgebreitet zu sehen. Und darüber würde sie nun hinwegkommen müssen.
Sie zog sich aus und schlüpfte in ihren warmen Flanellhausmantel.
Sie war froh, dass sie den Club zeitig hatten verlassen können. Es hatte ja auch kaum einen Grund gegeben, noch zu bleiben, dachte sie mit spöttischem Lächeln. Im Saal hatte ein heilloses Durcheinander aus umgestürzten Tischen, verschütteten Speisen und Getränken, entsetzten Gästen und herumwuselnden Securityleuten geherrscht.
Das würde wochenlang Thema Nummer eins der Klatschsüchtigen sein – ebenso wie sie selbst.
Das war in Ordnung, damit musste sie rechnen, sagte sie sich, während sie sich ein heißes Bad einlaufen ließ. Sie würde den Sturm überstehen, und dann würde ihr Leben wieder so annähernd normal verlaufen wie immer.
Sie goss eine Extraportion Schaumbad in die Wanne, ein herrlicher Luxus für ihr mitternächtliches Bad. Wenn sie fertig war, ganz entspannt, rosig und wohlriechend, würde sie vielleicht einfach hinunter in die Bibliothek gehen und Mitch mit dem Finger zu sich winken.
Gott sei Dank hatte er Verständnis dafür, dass sie ein wenig Zeit für sich allein brauchte. Mit einem Seufzer glitt sie in die Wanne, versank bis zu den Ohrläppchen im Wasser. Ein Mann, der die Stimmungen einer Frau erkannte und akzeptierte, war eine echte Rarität.
John hatte diese Fähigkeit besessen, erinnerte sie sich. Meistens. Sie hatten so wunderbar miteinander harmoniert, gemeinsam eine Familie gegründet, die Gegenwart genossen und ihre Zukunft geplant. Ihn zu verlieren, war gewesen, als hätte sie einen Arm verloren.
Dennoch, sie war damit fertig geworden, und zwar ganz ordentlich, wenn sie das von sich selbst behaupten durfte. Sie hatte Söhne großgezogen, auf die sie – und John – stolz sein konnten, hatte ihnen ein verlässliches Zuhause geboten, an ihren Traditionen festgehalten, ihr eigenes Geschäft aufgebaut. Nicht schlecht für eine verwitwete Frau.
Sie hätte darüber lachen können, doch ihr Nacken verspannte
sich, als sie an die nächste Phase
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