Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
ob sie von Gott oder vom Menschen geschaffen wurden. Das bringt mich auf die Sache, von der ich dir eigentlich erzählen wollte. Ich weiß nur nicht genau, wie ich es dir sagen soll.«
»Da fällt dir bestimmt noch etwas ein.«
»Es ist nur, dass ich meine, ich muss es tun, ich fühle mich verpflichtet … Wie lange sind wir schon befreundet, Rosalind?«
»Das kann ich gar nicht sagen.« Da man noch lange nicht befreundet war, nur weil man sich seit der Highschool kannte, dachte Roz.
»In unserem Alter ist es sowieso besser, die Jahre nicht mehr zu zählen. Aber da wir einander schon länger kennen, als eine von uns zugeben will, finde ich, dass ich dir sagen muss, was los ist. Aber zuerst lass mich dir versichern, da ich seit … dem Vorfall überhaupt nicht mehr mit dir habe sprechen können, dass ich noch nie so schockiert oder so sprachlos war wie neulich bei deiner Weihnachtsfeier, als dieser schreckliche Bryce Clerk hereinspazierte, als wäre das sein gutes Recht.«
»Schon gut, Cissy. Er ist ja sofort wieder hinausspaziert.«
»Gott sei Dank, denn ich weiß nicht, ob ich mich sonst hätte beherrschen können. Ich weiß es wirklich nicht. Dieser Mandy konnte ich nicht glauben. Natürlich hat die Kleine ein richtiges Spatzenhirn, aber das ist keine Entschuldigung dafür, dass sie sich nicht einmal die Zeit genommen hat herauszufinden, wer dieser Kerl war, bevor sie an seinem Arm in dein Haus getrampelt ist.« Cissy winkte ab. »Ich kann einfach nicht darüber reden.«
»Dann lassen wir es. Ich muss auch wirklich wieder an die Arbeit.«
»Aber ich habe es dir doch noch nicht erzählt. Wenn ich mich aufrege, geht mein Mundwerk einfach mit mir durch. Er war dort, und wieder mit diesem lächerlichen, hirnlosen Mädel. Er war dort, Roz, bei Jan und Quill, in voller Lebensgröße, als könnte er kein Wässerchen trüben. Hat Champagner getrunken, getanzt, draußen auf der Veranda Zigarren geraucht. Und über sein Beratungsunternehmen geredet. Mir hat sich fast der Magen umgedreht.«
Cissy legte sich eine Hand auf den Bauch, als wäre ihr immer
noch speiübel. »Ich wusste, dass Jan gesagt hat, du hättest dich entschuldigt, aber ich hatte eine Heidenangst davor, du könntest es dir anders überlegt haben und jeden Augenblick hereinkommen. Da war ich übrigens nicht die Einzige.«
»Bestimmt nicht.« Ganz bestimmt nicht, dachte Roz, denn es hatte sicherlich aufgeregtes Stimmengewirr und halb hoffnungsvolle Blicke zur Tür gegeben. »Jan darf bei sich zu Hause empfangen, wen sie will.«
»Da bin ich entschieden anderer Ansicht. Das ist eine Frage der Loyalität, wenn nicht des guten Geschmacks. Und ich bin heute Mittag mit ihr essen gegangen, um ihr genau das zu sagen.« Noch während Cissy sprach, öffnete sie ihre Handtasche und holte ein Döschen Kompaktpuder heraus, um sich die Nase abzutupfen. »Es hat sich herausgestellt, dass Quill dem Kerl den Weg frei gemacht hat. Sie arbeiten geschäftlich zusammen – aber davon weiß Jan überhaupt nichts; die Frau hat einfach keine Ahnung von finanziellen Dingen. Ganz im Gegensatz zu dir und mir.«
»Hm«, war die höflichste Antwort, die Roz einfiel, da Cissy in ihrem Leben noch keinen einzigen Tag gearbeitet hatte.
»Immerhin spricht für sie, dass ihr die Sache äußerst peinlich war, als wir beim Essen darüber gesprochen haben. Äußerst peinlich.« Cissy zog einen Lippenstift hervor und zog sich die Lippen passend zu ihrem Anzug nach. »Aber es gibt auch Leute – und ich muss zugeben, dass ich so etwas sowohl auf der Party als auch später hier und da gehört habe –, es gibt auch Leute, die ein gewisses Verständnis für deinen Exmann haben. Der allen Ernstes der Meinung war, er wäre schlecht behandelt worden; das ist der Gipfel, wenn du mich fragst. Am schlimmsten ist, dass er behauptet, du hättest ihn am Abend deiner Party tätlich angegriffen und sein Angebot ausgeschlagen, sozusagen die Vergangenheit ruhen zu lassen. Du hättest ihn und sein dummes Gänschen sogar noch bedroht, als sie schon wieder gingen. Jedes Mal, wenn ich so etwas höre, versuche
ich natürlich, Klarheit in die Sache zu bringen. Schließlich war ich dabei.«
Roz bemerkte den gierigen Unterton in Cissys Stimme. Komm, gib mir mehr Zündstoff für dieses Feuer. Doch das würde sie nicht tun, ganz gleich, wie verärgert und diffamiert sie sich fühlte. »Die Leute sagen und denken immer, was sie sagen und denken wollen. Es bringt nichts, sich deswegen Gedanken zu
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