Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
Roz, eine Frau in einem schmutzigen weißen Kleid in einem offenen Grab liegen zu sehen. Und in jenem Augenblick, nur in jenem Augenblick roch sie durch den Rosenduft hindurch Verwesung und Tod.
Dann schlug die Frau die Augen auf und starrte sie an, mit einer Art wahnsinniger Gier.
Neuntes Kapitel
Draußen fiel ein unangenehmer Schneeregen, als Roz ins Haus kam. Sie schälte sich aus ihrer Jacke und setzte sich auf die Bank in der Eingangshalle, um sich die Stiefel abzustreifen. David kam herausgeschlendert, hockte sich neben sie und reichte ihr die Tasse Kaffee, die er aus der Küche mitgebracht hatte.
»Unser leckerer Doktor sitzt in der Bibliothek.«
»Ich habe seinen Wagen gesehen.« Roz trank von dem Kaffee und hielt die Tasse mit beiden Händen, um sich zu wärmen.
»Harper ist bei ihm. Er hat sich unseren Jungen für ein Interview geschnappt. Wir hatten vorher auch schon eins, über Latte macchiato und gedecktem Apfelkuchen.«
»Gedeckter Apfelkuchen?«
»Ich habe dir ein großes Stück aufgehoben. Ich kenne doch deine Schwächen. Sie haben gesagt, dass der Schneeregen vielleicht bald in Schnee übergeht.«
»Das habe ich auch gehört.«
»Stella und die Jungen sind bei Logan zu Hause. Sie macht dort auch Abendessen, und die Jungs hoffen, dass sie einschneien und über Nacht dort bleiben können.«
»Schön. Ich brauche eine Dusche. Eine heiße.«
David nahm die Tasse entgegen, die sie ihm zurückgab. »Ich dachte, du möchtest vielleicht unseren knackigen Professor zum Abendessen bitten. Ich mache ein herzhaftes Hühnchen und Knödel, um gegen die Kälte anzugehen.«
»Klingt gut, das mit dem Hühnchen – und Mitch kann selbstverständlich gerne bleiben, wenn er möchte und nichts anderes vorhat.«
»Hat er nicht«, sagte David keck. »Ich habe ihn schon gefragt.«
Über sein breites Grinsen musste Roz lachen. »Sag mal, mit
wem willst du ihn eigentlich verkuppeln, David? Mit dir oder mit mir?«
»Na ja, selbstlos, wie ich nun einmal bin, und da ich außerdem sehe, dass der Herr Doktor leider durch und durch hetero ist, versuche ich es mit dir.«
»Du bist wirklich hoffnungslos romantisch, oder?«
Roz begab sich auf den Weg nach oben, als David ihr nachrief: »Zieh dich sexy an.«
In der Bibliothek genoss Harper sein Bierchen nach der Arbeit. Er hatte nicht den Eindruck, dass er Mitch viel mehr sagen konnte, als dieser bereits wusste, doch er beantwortete seine Fragen und half, kleine Lücken in den Geschichten zu schließen, die seine Mutter und David schon erzählt hatten.
»Ich habe hier Davids Bericht von der Nacht, in der ihr Amelia draußen im Garten gesehen habt, als ihr noch klein wart.«
»Wir haben draußen gezeltet, David, meine Brüder und ich.« Harper nickte. »Das war vielleicht eine Nacht.«
»David sagt, Sie haben sie zuerst gesehen und ihn geweckt.«
»Gesehen, gehört, gespürt.« Harper zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen, aber ja, ich habe David geweckt. Keine Ahnung, wie viel Uhr es war. Spät. Wir waren lange aufgeblieben, haben gegessen, bis uns fast schlecht war, und uns gegenseitig mit Gruselgeschichten erschreckt. Dann habe ich sie gehört, glaube ich. Ich weiß selbst nicht mehr genau, woher ich wusste, dass sie es war. Es war nicht wie sonst, wenn sie erschien.«
»Was war anders?«
»Sie hat nicht gesungen. Eher … so klagende oder unverständliche Laute von sich gegeben. So wie man sich das als Kind eher vorstellt, wenn in einer warmen, mondhellen Nacht ein Geist herumspukt. Also habe ich aus dem Zelt geschaut, und da war sie. Aber eben auch nicht so wie vorher.«
Ganz schön tapfer von dem Jungen, dachte Mitch, aus dem Zelt zu schauen, anstatt sich den Schlafsack über den Kopf zu ziehen. »Wie sah sie denn aus?«
»Sie trug so eine Art weißes Nachthemd. So wie letztes Frühjahr, als wir sie oben gesehen haben. Ihr Haar war offen, ziemlich durcheinander und schmutzig. Und ich konnte sehen, wie das Mondlicht durch sie hindurchschien. Mitten hindurch. Mannomann.« Harper trank einen größeren Schluck Bier. »Also habe ich David geweckt, und Austin und Mason wurden auch wach. Ich wollte, dass Austin bei Mason blieb, aber daran war nicht zu denken. Also sind wir alle hinter ihr hermarschiert.«
Das konnte Mitch sich lebhaft vorstellen. Ein paar kleine Jungs, Mondschein und Glühwürmchen und schwüle Sommerhitze. Und eine gespenstische Gestalt, die sich durch den Garten bewegte.
»Sie ging mitten über Mamas Nachtkerzen, mitten durch die
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