Dunkle Sehnsucht des Verlangens
wie
viel Darius von der Sprache der Karpatianer verstand oder welche Wirkung die
Worte auf ihn haben würden. Darius dagegen schien nicht im Mindesten besorgt
über die tödliche Falle zu sein, die ihm der Untote gestellt hatte. Ruhig und
friedlich, beinahe unbekümmert stand er da und flößte Julian wieder tiefen
Respekt ein.
Dem Angriff ging ein Augenblick
eisiger Stille voraus. Die Schatten verstummten und blieben stehen, während aus
ihren ausgestreckten Armen plötzlich scharfe Messerklingen wuchsen. Noch immer
regte Darius keinen Muskel. Der Wind spielte in seinem offenen rabenschwarzen
Haar, und sein athletischer Körper drückte Kraft und Anmut aus.
Dann spürte Julian eine Konzentration von Macht in der
Luft, die um ihn herum
vibrierte. Unter ihm stürzten sich die Ghouls auf Darius. In der Nähe von
Syndils und Baracks Körpern bewegte sich die Erde und warf sich zu einem Unheil
verkündenden Hügel auf. Julian flog tiefer und zwang sich dazu, sich auf seinen
eigenen Kampf zu konzentrieren. Die Wucht der plötzlichen Attacke war enorm.
Einen Augenblick lang konnte Julian kaum atmen, sodass es ihm nur dank seines
eisernen Willens gelang, nicht in Panik zu geraten. Einen Herzschlag später
begriff er, dass der Angriff Desari gegolten hatte. Der Untote hatte Syndil und
Barack ignoriert und allein Desaris wundersame Stimme zurückverfolgt. Nun
griff er sie an, suggerierte ihr zwei kräftige Hände, die sich um ihren Hals
legten und ihr die Kehle zuschnürten. Der Vampir hatte sie durch Julian
gefunden. Er hatte Desari, seine eigene Gefährtin, verraten!
Die Scham und der Schrecken
dieses einen Augenblicks in seiner Kindheit drohten ihn wieder zu überwältigen,
sodass er sich einen Augenblick lang wie ein kleiner Junge fühlte, der dem
schrecklichen Ungeheuer entgegentreten musste. Über fünfhundert Jahre lang
hatte der Vampir die Verbindung zu ihm gehalten und ihn dazu gebracht, denen
zu schaden, die ihm etwas bedeuteten. Seinem Prinzen, seinem Zwillingsbruder
... seiner Gefährtin. Julian hatte die Jahrhunderte damit verbracht, sich mehr
Wissen anzueignen, Experimente durchzuführen und Schlachten zu schlagen, um
sich auf diesen Augenblick vorzubereiten. Er war sicher gewesen, die, die ihm
lieb und teuer waren, vor den Schatten auf seiner Seele beschützen zu können.
Und nun hatte er seine Geliebte Desari verraten!
Nein! Schnell suchte Desari die Verbindung zu ihm.
Zwar spürte Julian ihre Furcht,
doch ihre Liebe und Wärme vertrieben die schreckliche Starre aus seinem Körper
und die Erinnerung an diesen einen entsetzlichen Augenblick, der sein ganzes
Leben verändert und ihn zu einer trostlosen, einsamen Existenz gezwungen hatte. Er hat dich durch mich
gefunden. Es ist nur ein Trick. Denke an deine Aufgabe. Du musst seinen Angriff
a uf mich ignorieren.
Julians Instinkte sagten ihm,
dass dieses Vorhaben völlig unmöglich war. Er hatte Desaris Panik gespürt, als
der Vampir ihr die Luft abgedrückt hatte. Noch immer bestand die telepathische
Verbindung zwischen ihnen, und Julian war inzwischen so mit ihr vertraut, dass
er ihre Schmerzen und ihre Angst teilte. Und dennoch fragte er sich, ob sie
vielleicht Recht hatte.
Als ihr Gefährte schrie jede
Faser seines Seins danach, sofort an ihre Seite zu eilen und ihr zu helfen.
Sein innerer Kampf schien eine Ewigkeit zu dauern, obwohl er nur einen
Herzschlag lang währte. Julian hatte auf diesen Augenblick gewartet und sich
jahrhundertelang darauf vorbereitet. Dann vollbrachte er die wohl schwierigste
Tat seines Lebens: Nur von seinem eisernen Willen getrieben, unterbrach er die
Verbindung zu Desari und verschloss seinen Geist vor ihr.
Dann stürzte sich Julian direkt
auf die unheilvolle Erhebung der Erde, die sich unerbittlich auf Barack und
Syndil zubewegte. Als der Untote bemerkte, dass sein Versuch, Julian
abzulenken, fehlgeschlagen war, blieb ihm keine andere Wahl, als Desari
freizugeben und die Energie seiner Falle für Syndil und Barack zurückzuziehen,
sodass sich ihre Seelen befreien und wieder in ihre eigenen Körper
zurückkehren konnten. Er brauchte jetzt alle
Kräfte, um gegen den Vampirjäger
zu kämpfen, seinen unerbittlichen Feind. Den Feind, den er erschaffen hatte.
Er hatte Julians Anwesenheit
erst bemerkt, als er die Stimme zurückverfolgt hatte, die sein Opfer, die
schöne Syndil, so wirkungsvoll von ihm abschirmte. In seinem Zorn hätte er die
Frau am liebsten vernichtet, stellte dann jedoch fest, dass ihm noch größere
Gefahr
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