Dunkle Sehnsucht des Verlangens
dulden. Ich werde meine Familie nicht verlassen,
Julian. Du kannst meine Entscheidung akzeptieren und als Mitglied unserer Familie
bei uns bleiben oder deiner Wege gehen. Und wenn du dich weigerst, ihn zu
akzeptieren, Darius, lässt du mir keine andere Wahl, als ihm zu folgen.«
Gereizt sah sie die beiden Männer an. »Findet euch endlich miteinander ab.«
Julians Mundwinkel zuckten, und ein
belustigter Ausdruck trat in seine bernsteinbraunen Augen. »Ist sie immer so?
Du musst wirklich ein sehr toleranter Mann sein, um eine so impertinente Frau
aufgezogen zu haben.«
Wieder versetzte Desari ihm
einen Stoß, doch diesmal war Julian darauf vorbereitet. Lachend hielt er ihrem
Temperamentsausbruch stand, griff nach ihren Handgelenken und zog sie an sich.
»Ich habe deinem Bruder ein Kompliment gemacht, carissima.« Seine Stimme klang wie eine
zärtliche, neckende Liebkosung. »Das wolltest du doch, nicht wahr?«
Desari neigte den Kopf zur
Seite. »So hatte ich es mir nicht vorgestellt, Julian.«
»Ich habe in den vergangenen
Jahrhunderten nicht viele Erfahrungen damit sammeln können, Frauen zu gefallen.
Tatsächlich hatte ich schon beinahe vergessen, wie schwierig Karpatianerinnen
sein können«, erklärte Julian dem Bruder seiner Gefährtin und gab sich dabei
alle Mühe, ernst zu bleiben.
»Schwierig?« Desari war empört.
»Du bezeichnest mich als schwierig, nachdem du und mein Bruder versucht habt,
einander in Stücke zu reißen? Den Männern unseres Volkes fehlt es eindeutig an
Selbstkontrolle. Ihr seid viel zu lange die unangefochtenen Herrscher gewesen.
Das ist euch nicht bekommen.«
Plötzlich bewegte sich Darius
mit einer Geschwindigkeit, die selbst für einen Karpatianer ungewöhnlich war,
und drängte seine Schwester zur Tür der Hütte zurück. »Du musst deinen Geist
jetzt wieder mit Julians verschmelzen lassen, wie du es vorhin getan hast«,
flüsterte er eindringlich.
Desari gehorchte und ging die
vollständige telepathische Verbindung mit Julian ein. Sie erwartete, ihn
ärgerlich vorzufinden oder doch zumindest beleidigt, weil Darius sich einfach
über ihn hinweggesetzt hatte. Doch stattdessen war Julian wachsam und stellte
sich neben Darius, um Desari zu beschützen. Sie versenkte sich tief in Julians
Geist, sodass niemand, der auf telepathischem Wege nach einer Frau suchte, sie
hier entdecken würde.
Sie spürte das Böse, das sich
wie ein Pesthauch über den Wald legte. Es handelte sich um eines der Ungeheuer,
die man als Untote bezeichnete. Die Gegenwart des Vampirs verursachte Desari
Übelkeit, als er sich suchend ihrem Versteck näherte. Sie witterte den Gestank
des Bösen und der Grausamkeit.
Unter dem Schutz der beiden
Männer hatte Desari keine Angst, doch die abscheuliche Gegenwart des Vampirs
rief eine körperliche Reaktion bei ihr hervor. Ihr drehte sich der Magen um.
Julian hüllte wie zuvor ihren Geist ganz ein, um sie vor dem Einfluss des
Untoten zu beschützen. Die Morgendämmerung war dem Vampir dicht auf den Fersen,
und er konnte nicht einmal die ersten, schwachen Sonnenstrahlen aushalten,
sondern musste sofort Schutz suchen. Unsichtbar raste er über den Nachthimmel
und war gleich darauf verschwunden, hinterließ jedoch einen finsteren Schatten
des Bösen in den Wolken.
»Sie suchen nach unseren
Frauen«, zischte Darius grimmig. »Immer wieder spüren sie uns auf. Es müssen
die Frauen sein, die sie anlocken.« Schnell sandte er eine telepathische
Botschaft nach Hause. Ist Syndil in Sicherheit? Die Untoten sind wieder in
der Nähe.
Zögernd erlaubte Julian Desari,
ihren Geist von seinem zu lösen, hielt sie jedoch weiterhin schützend im Arm.
Er war aufs Äußerste alarmiert. Hatte der Schatten auf seiner Seele das
Ungeheuer direkt zu seiner Gefährtin geführt? Er musste den Vampir sofort
unschädlich machen.
Die Antwort auf
Darius' Frage ertönte auf dem telepathischen Pfad, den die ganze Familie
benutzte, sodass auch Desari sie hören konnte. Wir haben seine Nähe wahrgenommen
und gleich alle Maßnahmen ergriffen. Syndil ruht tief in der Erde, wo er sie
nicht aufspüren kann, falls er es noch einmal versuchen sollte. Er ist zwar
ganz in der Nähe, muss aber bald vor der Sonne fliehen, sagte Barack. Keine Sorge, Darius, niemand
wird uns Syndil wegnehmen oder auch nur einen Angriff auf sie überleben.
»Es gibt noch andere«,
informierte Darius Julian, als er sich vergewissert hatte, dass es seiner
Familie gut ging. »Sie ziehen immer gemeinsam umher. Vermutlich glauben
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