Dunkle Sehnsucht des Verlangens
und betrachtete das
Mondlicht, das den Raum mit silbrigem Glanz erfüllte. Die Morgendämmerung
würde bald heraufziehen, viel schneller, als es Desari lieb war, doch noch
blieb ihnen ein wenig Zeit.
Der Wind wehte durch die offene
Tür ins Schlafzimmer und füllte die Luft mit den Abenteuern der Nacht. Plötzlich
zog Julian Desari fester an sich. Schweigend warnte er sie und forderte sie
dazu auf, sich schnell anzuziehen, während er in einer einzigen anmutigen
Bewegung vom Bett sprang. Er wirkte auf einmal wieder sehr bedrohlich. Nur eine
Handbewegung genügte ihm, um seinen Körper mit zivilisierter Kleidung zu
bedecken.
Bleib hier, befahl er, ohne Desari
anzusehen, und eilte aus der kleinen Hütte in die Nacht hinaus, fest entschlossen,
dem Eindringling so weit wie möglich von Desari entfernt zu begegnen. Es war
eine idiotische Idee gewesen, sie aus ihrem schützenden Familienkreis zu
reißen, während man Jagd auf sie machte. Außerdem gestattete es die Finsternis
in seiner Seele seinem Todfeind, dem Vampir, ihn mühelos aufzuspüren. Was auch
immer hier draußen umherschlich, es befand sich bereits ganz in der Nähe.
Julian spürte die Bedrohung, vermochte sie jedoch nicht zu identifizieren.
Er atmete tief ein und
beobachtete den Nachthimmel, den Wald und sogar jeden Stein am Boden ganz
genau. In diesem Augenblick ähnelte Julian mehr denn je einem Raubtier. Dara, falls dich jemand
angreift, rufe sofort nach deinem Bruder. Er wird dich in Sicherheit bringen.
Desari hatte nicht die Absicht
zu gehorchen. Falls sie wirklich in Gefahr schwebten, würde sie nicht einfach
feige davonlaufen und Julian seinem Schicksal überlassen. Was ist denn?, fragte sie.
Desaris sanfte Stimme nahm
Julian etwas von der Anspannung. Was spürst du? Wie selbstverständlich erwartete er ihre sofortige
Antwort. Sein Benehmen glich manchmal zu sehr dem ihres Bruders.
Schweigend konzentrierte Desari
alle ihre Sinne auf die Umgebung. Sie spürte keine Bedrohung. Nicht im Mindesten.
Ein wenig unsicher verschränkte sie die Arme vor der Brust und trat an die Tür,
um die kühle Nachtluft einzuatmen. Nichts. Bist du sicher, dass wir
in Gefahr schweben? Ich kann nicht das Geringste entdecken. Wirklich, Julian,
ich versichere dir, dass auch ich über Fähigkeiten verfüge. Ich würde eine
Bedrohung spüren.
Wenn eine so mächtige und
begabte Karpatianerin wie Desari die Bedrohung nicht wahrnehmen konnte, gab es
dafür nur einen Grund: Sie galt nicht ihr. Julian trat auf eine kleine
Waldlichtung und ging langsam auf und ab. Er wartete. Irgendetwas befand sich
ganz in der Nähe. Er spürte die negative Energie, die sich auf ihn richtete. Sein
Gegner war stark, viel stärker, als er erwartet hatte. Er sandte Julian
telepathische Bilder einer Niederlage, um sein Selbstvertrauen zu erschüttern.
Julian hatte diesen Trick selbst schon häufig angewandt, und es ärgerte ihn,
dass sein Gegner ihn offenbar für einen blutigen Anfänger hielt.
Allerdings fiel es ihm nicht
schwer, die beunruhigende telepathische Botschaft umzukehren, mit seinen
eigenen geistigen Kräften zu verstärken und zu ihrer Quelle zurückzuschicken.
Plötzlich herrschte völlige Stille. Selbst die Insekten im Wald schienen den
Atem anzuhalten, als wüssten sie, dass Julians Gegenschlag sein Ziel erreicht
und seinen Gegner tödlich erzürnt hatte. Der Angriff kam von links, so schnell,
dass es unmöglich war, die Bewegung mit den Augen zu verfolgen. Nur Julians
geschärfte Sinne bewahrten ihn vor den messerscharfen Krallen. Wie aus dem
Nichts tauchte der Panter vor Julian auf und stürzte sich blindwütig auf ihn.
Die Krallen der Katze verfehlten ihn nur um Haaresbreite. Julian musste
tatsächlich den Atem anhalten, um zu verhindern, dass die Raubkatze ihm den
Bauch aufschlitzte.
Fluchend erhob sich Julian in
die Luft und wandelte seine Gestalt. Plötzlich verfügte er über scharfe Klauen,
einen kräftigen, gekrümmten Schnabel und eine Flügelspannweite von zwei Metern.
Im Sturzflug schoss er mit ausgestreckten Fängen auf den Panter zu.
Mit einem Satz entzog sich die
Raubkatze dem tödlichen Angriff und suchte unter den Bäumen Schutz, da sie
wusste, dass sich ihr gefiederter Gegner im Dickicht der Zweige nur mit Mühe
fortbewegen konnte.
Regungslos stand Desari auf der
Veranda und starrte auf die schreckliche Schlacht, die sich vor ihren Augen abspielte.
Julian. Darms. Ihr schlimmster Albtraum war Wirklichkeit geworden. Sie atmete
tief durch, um sich zu beruhigen,
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