Dunkle Sehnsucht
gelungen war, mithilfe der Gespenster Gregor aufzuspü-
ren, obwohl sie nicht die geringste Ahnung gehabt hatte, wo er sich verbarg, dann sollte sich Apollyon mit den Anhalts-punkten, die wir bereits hatten, um einiges leichter finden lassen.
»Nehmt die Ley-Linien«, sagte ich und kam mir vor wie ein General, der seine Truppen befehligt. »Sagt es euren Freunden, damit auch sie sich auf die Suche machen können. Seht euch in allen größeren Beerdigungsinstituten um, die an Friedhöfe grenzen. Findet den kleinen Ghul mit den schwarzen Strähnen über der Glatze, der sich Apollyon nennt und kommt dann gleich zurück, um mir zu sagen, wo er ist.«
»Nicht dir, Süße«, mischte Bones sich ein. »Fabian. Sie sollen sich an Fabian wenden, der dann mit uns Kontakt aufnimmt.«
Guter Einfall. Mein Vertrauen in Maries Macht war so groß, dass ich jedem Geist, mit dem ich persönlich gesprochen hatte, blind vertraute. Aber da waren ja noch andere, die mir nie begegnet waren. Ich durfte nicht alles aufs Spiel setzen, indem ich Apollyon zu mir führte statt umgekehrt.
Ich deutete auf das Gespenst an meiner Seite. »Wartet.
Wendet euch an Fabian, meine rechte Hand. Er bleibt hier, dann könnt ihr ihn leicht finden.«
Fabian strahlte mit stolzgeschwellter Brust, als er meine Worte hörte. Ich führte meine Hand an die Stelle, wo seine Schulter hätte sein sollen, und begegnete dem Blick eines jeden Gespensts, das zu mir heraufsah.
»Jetzt geht«, drängte ich sie. »Beeilt euch.«
Ein verwischter Silberstreif huschte über die anderen Autos auf dem Parkplatz hinweg, bevor er in unseren schwarzen Van tauchte. Bis zum »Lasting Peace« in Garland, Texas, einem Friedhof und Bestattungsinstitut, waren es nur noch ein paar Kilometer. Marie Laveau hatte zwölf Jahre lang Geisterspitzel aussenden müssen, um Gregor aufzuspüren, aber Fabian hatte Apollyons Aufenthaltsort in nur sechs Tagen ausfindig gemacht.
Fairerweise musste man natürlich sagen, dass die Welt ein verdammt großer Ort war und Mencheres Gregor in einen verlassenen, nachgerüsteten Bergwerksschacht in Madagas-kar gesperrt hatte - was von Maries Hauptquartier in New Orleans ganz schön weit weg war. Ich jedoch hatte Apollyons Aufenthaltsort bereits auf ein Land und einen Geschäftszweig eingegrenzt. Dennoch war es eine bemerkens-werte Leistung. In meiner Gegenwart würde niemand mehr abfällig über Geister reden, so viel stand fest.
Aus dunstigen Wirbeln formten sich Fabians Züge, aber seine Mundwinkel waren traurig nach unten gezogen.
»Ich glaube, ihr braucht Verstärkung.«
»Wie viele sind es?«, wollte Bones wissen.
»Mindestens achtzig«, antwortete Fabian, »und in etwa einer Stunde haben sie eine Kundgebung.«
»Ist Apollyon noch da?«, mischte ich mich ein.
Fabian nickte. »Ihr könnt ihn euch nachher schnappen, wenn die anderen weg sind.«
Bones warf mir einen Blick zu. Oder Apollyon haut zusammen mit den anderen Ghulen ab. Dann müssen wir noch mal die Gespenster auf ihn ansetzen.
»Diese Ghule ... wirken die meisten eher wie Besucher oder wie Aufpasser?«, fragte Bones und tippte sich ans Kinn.
Fabian machte ein irritiertes Gesicht. »Woher soll ich das wissen?«
»Du siehst doch, wie viele bewaffnet sind«, meinte Vlad, das Wort »bewaffnet« besonders betonend.
»Ah.« Fabians Stirn glättete sich. »Ein paar haben große Waffen mit Munitionsgurten dabei, die sie über Kreuz am Oberkörper tragen.«
Ich nahm mir vor, Fabian demnächst einen Grundkurs in Sachen moderne Waffengattungen angedeihen zu lassen, damit er uns bessere Beschreibungen liefern konnte.
»Maschinengewehre?«, hakte ich nach, während ich so tat, als hätte ich eins in der Hand und dabei das Geräusch der Salven imitierte.
Bones' Lippen zuckten, aber er senkte den Kopf, damit ich nicht sehen konnte, wie lustig er meine GI-Jane - Impro-visation fand.
»Ja, genau«, antwortete Fabian. »Vielleicht hatten andere noch Messer bei sich, aber das waren die einzigen Waffen, die ich sehen konnte.«
Vlad stieß ein Schnauben aus. »Ich bin nicht hierhergekommen, um jetzt den Schwanz einzuziehen.«
Mir ging es genauso. Aber es stand anzunehmen, dass die Maschinengewehre mit Silbermunition ausgestattet waren und einige Ghule bestimmt noch Silbermesser bei sich trugen. Auch wenn die Mehrzahl unbewaffnet war, kamen immer noch acht von ihnen auf einen von uns.
»Mencheres, setze deine Macht ein, um zu verhindern, dass Sterbliche zu Schaden kommen. An einer Seite grenzt
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