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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Rucket
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Konzentration in Anspruch nahm.
    Ich ging näher an das Bett heran, dessen Kopfende an der rechten Wand stand. Es war, ähnlich wie der Leuchter über dem Esstisch, aus schwarzem Metall und mit leichten Ornamenten verziert. Das Kopfteil war noch etwas höher als das Fußteil, obwohl schon das mehr als hüfthoch war.
    Die Frau, die darauf lag, war jung und sehr schön. Sie lag auf dem Rücken, völlig nackt. Die Kollegen der Spurensicherung hatten ihren Scharmbereich respektvoll mit einem weißen Tuch abgedeckt, das in diesem Halbdunkel fast unnatürlich rein strahlte.
    Sie war gefesselt.
    Mit Seidentüchern hatte der Täter ihre Arme und Beine an den Metallstreben des Kopf- und Fußteils festgebunden. Ich sah die Striemen an ihren Hand- und Fußgelenken. Sie hatte sich also gewehrt. Auch die Augen hatte der Täter ihr verbunden. Ein buntes Seidentuch mit goldfarbenen Ornamenten. Sah irgendwie orientalisch aus. Ihr langes Haar war wüst zerstrubbelt und umwallte ihren Kopf bis zu den Schultern. Der Mund war leicht geöffnet, die Lippen hatten eine bläuliche Verfärbung angenommen. Der ganze Körper lag in einer Art S-Kurve da, die Arme weit durchgestreckt, die Beine angewinkelt, der Oberkörper in sich leicht gedreht.
    Qualen, ging es mir durch den Kopf. Sie hatte gelitten, ich konnte das förmlich spüren. Im ersten Moment konnte ich keine größeren Blutergüsse oder Quetschungen an ihr entdecken. Keine Spuren von Schlägen am Körper.
    Dann aber sah ich das Seidentuch um ihren Hals. Der Knoten musste sich irgendwo hinter ihrem Kopf befinden.
    Erdrosselt! Ich hätte weinen können. Sie war so jung. So schön. Wohl auch mit sich selbst im Einklang, so jedenfalls spiegelte es sich in der Art der Ausstattung und Einrichtung dieser Wohnung wider.
    “Adriana Lion. 26 Jahre alt. Ledig. Keine Kinder. Arbeitet seit zwei Jahren als Rechtsberaterin in der Kanzlei Miles & Miles. Geregeltes Einkommen. Keine Vorstrafen. Die Nachbarin hat sie gefunden. Sie hatte sich über die offen stehende Tür gewundert und war in die Wohnung gegangen. Danach hat sie sofort die Polizei verständigt. Sie befindet sich jetzt in psychologischer Behandlung. Eine Zeugenaussage kriegen wir also erst später. Noch Fragen?” Ramirez hatte sich unbemerkt neben mich gestellt.
    “Wer macht so etwas? Und warum?” fragte ich leise. Ich konnte den Blick nicht von der geschundenen Schönheit lenken.
    Wortlos gab mir mein Partner ein Bild in die Hand. Sie war darauf zu sehen. Das Bild war bei Nacht aufgenommen worden. Im Hintergrund sah man ein Meer von Lichtern und die Umrisse des Eifelturms in Paris. Die junge Frau lachte ausgelassen in die Kamera und hielt eine andere, blonde Frau im Arm, die mir deutlich geröteten Wangen ebenfalls den Betrachter anlachte. Keine Frage, Adriana Lion war eine sehr hübsche und attraktive Frau gewesen.
    “Inzwischen habe ich eine ernst zunehmende Theorie über dieses Arschloch. Ich glaube, er macht es einfach - weil er es kann!” meinte Ramirez mit einem Anflug von Trotz in der Stimme.
    “Weil er es kann? Ja, das zeigt er uns ja ganz offensichtlich. Aber warum? Ausübung von Macht?! - Vielleicht. Perversion? - Auf jeden Fall. Sex? - Spielt wohl auch eine große Rolle für ihn. Aber keine 08/15-Nummer, wie es mir scheint. Und jetzt die große Preisfrage: wo finden wir ihn? Und wie findet er diese jungen Frauen? Hatte er vorher Kontakt zu ihnen? Studierte er sie? - Wir wissen praktisch immer noch nichts, Ricardo. Und das nach all der Zeit…”
    “Oh Gott!” erklang es hinter uns. Chapler hatte den Raum betreten und verlor schon zum zweiten Mal an diesem Morgen jede Farbe aus seinem Gesicht. Wir gingen zu ihm und führten ihn wieder ins Wohnzimmer.
    “Geht´s wieder?” fragte ich leise.
    “Tja, kotzen muss ich nicht, also kann ich mir das wohl für später aufheben.” Er lächelte schwach bei dem Versuch, einen Scherz zu machen. Er war wohl doch taffer, als ich gedacht hatte.
    “O.K. Wir müssen da jetzt wieder rein und uns die Spuren ansehen. Warten Sie ruhig hier auf uns.”
    “Gut, gut, dann suche ich hier draußen nach Spuren.” entgegnete er wie selbstverständlich.
    “Das ist eine gute Idee.” Meinte ich nachdenklich. “Aber nach was speziell würden Sie hier suchen, Chapler?”
    Er sah sich kurz um. Dann fiel sein Blick auf den Computer.
    “Vielleicht hat sie ein elektronisches Tagebuch geführt. Oder ihren Freundinnen über Begegnungen oder Männerbekanntschaften per E-Mail etwas erzählt.”

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