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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Rucket
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Kind war er für seine Donuts bekannt. Er verändere nie das Rezept, hatte er einmal zu mir gesagt. Er hatte im Laufe der Zeit immer wieder hohe Angebote der Industrie für die Bekanntgabe seines Rezepts bekommen. Aber stets gab er die gleiche Antwort. Das Geheimnis blieb bei ihm - und würde es immer bleiben. Und in all den Jahren waren die bunten Dekorationen und die verschiedenen Geschmacksrichtungen sein Wahrzeichen geworden. Bei Uncle Clarkson Donuts auszusuchen, in diesem kleinen Laden mit der gläsernen Theke zu stehen und diesen Duft tief einzuatmen, diese liebevolle Komposition aus Zuckerguss in allen erdenklichen Farben, Schokostreuseln und Liebesperlen auf den noch warmen Kringeln - das bedeutete, noch einmal für einen kurzen Moment ein Kind zu sein!
    Wir parkten fein säuberlich und ohne Eile vor dem Polizeipräsidium. Schwungvoll stiegen wir aus und schritten scherzend die Stufen empor. Mit einer leichten Verbeugung öffnete ich Ramirez die Tür, der die Tüte nicht aus seiner Hand geben wollte.
    Als wir den Vorraum durchschritten und unsere Magnetkarten durch gezogen hatten, vernahmen wir schon tumultartige Stimmen auf der anderen Seite.
    Langsam öffnete sich die Milchglastür. Dahinter huschten nervöse Polizisten hin und her, viele telefonierten, trugen Akten. Ich sah Schweißflecken unter vielen Achseln.
    Was war denn hier nur los?
    Wie zwei Unsichtbare standen wir in diesem Schwarm wuselnder Kollegen. Ich schürzte die Lippen. Die gute Laune von eben begann langsam abzuebben. Wenn hier so eine Aufregung herrschte, dann musste das einen bestimmten Grund haben. Merkwürdigerweise schien niemand von uns Notiz zu nehmen. Ich sah zu meinem Partner. Der zuckte darauf nur verblüfft die Schultern. Langsam gingen wir an den Schreibtischen vorbei in Richtung Konferenzraum. An dem Schreibtisch davor blieben wir stehen. Ein Kollege mit schon grauen Schläfen saß dort.
    Sein Name war Decker, wenn ich mich nicht irrte. Bei der hohen Fluktuation war es einfach unmöglich, jeden Kollegen des Departments zu kennen, außer sie waren schon länger bei der Truppe.
    Decker kritzelte wild auf einem Blatt Papier herum, drehte und wendete es dabei mehrmals und sehr hastig. Erst als Ramirez kurz die Tüte knistern ließ, hielt er inne und sah zu uns auf. Zuerst zu mir, dann zu Ramirez, wieder zurück zu mir.
    Ich sah ein deutliches Fragezeichen in seinem Blick. Dann erhob er sich ruckartig und impulsiv und sagte entschuldigend: “Ich wollte den Platz nicht belagern. Tut mir leid.” Er wollte sich schon umdrehen und verschwinden, als ich ihn gerade noch an seiner Schulter zu greifen bekam.
    “Was ist denn hier los?!” fragte ich ihn erstaunt.
    Wortlos drehte er sich um und sah mir nur lange in die Augen. Dann sah er unter sich und trat dort irgendeine imaginäre Zigarette aus.
    “Was ist los, verdammt?” fragte ich jetzt schon etwas ruppiger als zuvor. Hatte Sarah Blicks Vater sein Ultimatum vielleicht verkürzt?
    Hilfesuchend blickte Decker sich um. Als seine Augen einen Punkt gefunden zu haben schienen, auf dem sie verharren konnten, folgte ich seinem Blick.
    Dort stand der Chief.
    Er sah stumm und verbissen zu uns herüber. Auch er schien mich zu betrachten, bevor er Decker ein leichtes Nicken andeutete und dann davonstapfte.
    Er hatte sein Holster mit der Dienstwaffe getragen.
    Er hatte sonst nie sein Holster an!
    “Sprechen Sie mit mir. Und zwar augenblicklich. Was ist passiert, dass hier alle so aufgebracht sind?”
    “Der Chief war der Ansicht … er wusste nicht so genau … und wir ja erst recht nicht …”
    “Was?” herrschte Ramirez ihn ungeduldig an und machte einen Schritt auf ihn zu. Decker sah erschrocken zu ihm auf. Dann sah ich, wie ein Ruck durch seinen Körper ging, bevor er sagte: “Es hat einen brutalen Mord gegeben.” Und zögernd fügte er hinzu: „Wieder eine Frau.“
    Ich hörte nur die Tüte von Uncle Clarksons Donuts hart auf dem Boden aufschlagen.

*** 60 ***
    Ich glaubte, ich würde augenblicklich in ein tiefes, schwarzes Loch stürzen. Das konnte doch nicht wahr sein! Wieder ein Mord? So schnell? Aber wie?
    Ich musste mich an der Tischkante abstützen, Ramirez hatte sich schon auf den Stuhl gesetzt, während vor ihm aus der aufgeplatzten Tüte die vielen bunten Donuts herausrollten und sich munter auf dem Boden verteilten.
    “Bitte beruhigen Sie sich!” versuchte Decker uns sofort zu beschwichtigen und bückte sich schon, um die Tüte aufzuheben. Ungeschickt schob er sie

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