Dunkle Spiegel
rauen Stimme.
“Der ist ja noch kranker, als ich vermutet hätte.” schnaubte Ramirez angewidert.
“Er ist kranker, als wir alle vermutet hätten, Detective Ramirez. Doch jetzt hat er eine neue Stufe erklommen. Sie können sich ja sicher denken, was ich meine?”
“Der Mord an seiner Frau.” sagte ich mit einem tiefen Seufzen.
“Ich glaube, es ist mehr die Art des Mordes, Detective Crocket.” schaltete sich Agent Newman vorsichtig dazwischen. “Er hat sie eingemauert . Karl Gumbler hat es genau so gemacht, wie er es in dem Gespräch erlauscht hatte, das Ramirez, Chapler und Sie gestern Abend miteinander geführt hatten. Übrigens bin ich fest davon überzeugt, dass er nicht zufällig dort war. Sie haben ihn in die Enge getrieben, und nun beißt er um sich wie ein Tier! Er hat Sie gewissermaßen persönlich zu seinem Feind erklärt, und möchte Sie das auch so deutlich wie möglich spüren lassen! Deshalb diese spezielle Art der Ermordung an seiner Frau.”
“Kann er lieben?” fragte ich langsam, wobei mich sowohl der Chief als auch mein Partner mich verwundert ansahen.
“Was soll denn jetzt diese Frage??” erwiderte der Chief etwas schroff.
“Ob er sich verlieben kann, meinen Sie?” hakte Agent Newman interessiert nach, ohne auf den Chief zu achten.
“Nein. Ich meine, ob er fähig ist, zu lieben . Nicht nur eine einfache Verliebtheit.”
Ramirez legte die Stirn in krause Falten. Offenbar überlegte er, inwiefern eine Antwort auf diese Frage wichtig sein könnte und ob es sich lohnte, sich darüber überhaupt Gedanken zu machen.
Auch Newman zögerte zunächst, beugte sich dann vor und meinte: “Aufgrund seines Charakter-Profils, dem wir die besonderen Umstände der Morde sowie die Ermordung seiner eigenen Frau zugrunde legen können, müsste man eigentlich zu dem Schluss kommen, dass er dazu nicht fähig ist. Aber die Art, wie er seine Frau umgebracht hat, die Leidenschaft, die sich darin widerspiegelt - und darauf zielen Sie ja vermutlich ab, nicht wahr, Detective? - ja, diese Leidenschaft zeugt von tiefen Gefühlen, die man durchaus als Liebe bezeichnen könnte. Auch, wenn es eine Art von Liebe ist, die nur er versteht. Und die auch nur er so fühlt.”
“Aber warum bringt er sie dann um? Will er sich mit uns messen? Uns herausfordern? Es hätte doch andere Möglichkeiten gegeben! Nur um die einzige Zeugin, die ihn genauer kennt, zum Schweigen zu bringen, hätte er sie doch nicht auf diese Weise ermorden müssen!” ereiferte ich mich.
“In diesem Punkt gebe ich Ihnen natürlich absolut Recht. Aber an seinem Verhalten kann man sehen, dass er anders denkt. Ja, er hat seine Frau auf seine ganz eigene Art geliebt. Und ja, mit Sicherheit hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, sein Ziel zu erreichen, was auch immer das für ein Ziel sein mag. Aber Sie beide haben ihn offenbar irgendwie in die Enge getrieben. Karl Gumblers Verhalten ähnelt in vielerlei Hinsicht dem einer Ratte! Ratten, müssen Sie wissen, sind sogar dazu in der Lage, sich selbst ein Körperteil - wie zum Beispiel ein Bein - abzubeißen, wenn sie damit in eine Falle geraten sind. Und das nur mit dem Ziel, zu überleben! Aber begegnen Sie nie einer verletztenRatte! Die Aggression und Brutalität, mit der dieses verletzte Tier sein Terrain verteidigt, ist beispiellos!” Er ließ eine kleine Pause eintreten, um seinen folgenden Worten noch mehr Gewicht zu verleihen. “Und genau so fühlt Karl Gumbler! Wenn Sie so wollen, steht seine ermordete Frau in unserem Beispiel für das abgebissene Bein der Ratte.”
Ich schaute den Chief direkt an, doch der zuckte nur kurz mit den Schultern und senkte den Blick. Ja, er war es gewesen, der mir als Erster und überaus deutlich den Vergleich mit einer Ratte nahe gelegt hatte. Aber wahrscheinlich ahnte er damals selbst noch nicht, wie nah seine Vermutung an die Wahrheit herankam.
“Das hört sich alles überaus erfreulich und erbauend an!” meinte Ramirez zynisch. “Und wie sollen wir jetzt weiter vorgehen?”
Nach einem kurzen Zögern knurrte der Chief ohne den Blick zu heben: “Nicht so leicht zu beantworten. Aber Ihr Mann scheint Sie beide ja geradezu herausfordern zu wollen. Also erwartet er jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit eine Reaktion von Ihnen.”
“Und welcher Art sollte diese Reaktion sein? Ich muss zugeben, dass ich da im Augenblick etwas ratlos bin.” gab ich unumwunden zu. “Sollen wir etwa vor die Kameras treten? Mit den Medien sprechen? Ihn als
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