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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Rucket
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kleinsten Haarspitzen und ich spürte, wie ich regelrecht unter Strom stand. Meine Hände krallten sich an den Armlehnen fest in der Hoffnung, ich könnte meinen Gemütszustand dadurch irgendwie unter Kontrolle halten. Die Knöchel traten weiß hervor, und die Kraft in meinen Händen wurde noch zusätzlich von der Enttäuschung der letzten Wochen, dem Schlafentzug und der Frustration genährt, die sich in mir angestaut hatte.
    “Na schön,” knurrte ich, und erschrak beinahe selbst, als mir der bedrohliche Unterton meiner Stimme bewusst wurde. “Sie wollen wissen, was mir gerade jetzt durch den Kopf geht? O.K., Chief! Da ist ein Monster, ein perverses Stück Scheiße, das schon seit Wochen - nein, Monaten - Frauen auflauert und siekaltblütig umbringt! Doch er lauert ihnen nicht hinter irgendwelchen Mauern oder Hecken auf, sondern in einem Raum der Anonymität: dem Internet! Und dann besucht er sie! Er zerstört ihr Leben, ihre Illusionen, ihre Träume! Er vergewaltigt sie und meint offenbar, er würde ihnen damit auch noch etwas Gutes tun! Er kennt keine Moral oder Schuld, und falls er doch eine kennt, dann legt er sie sich genau so aus, wie es ihm gerade in den Kram passt!”
    Es hielt mich nichts mehr auf dem Stuhl. Ich sprang auf, begann durch den Raum zu tigern. “ Er ist der Grund dafür, dass wir seit Monaten das Gefühl haben, gründlich verarscht zu werden. Ein Monster, das auf einem Terrain jagt, wo wir es nicht fassen können. Unsichtbar, unantastbar und absolut nicht greifbar - für niemanden. Das Schwein raubt mir seit Wochen den Schlaf. Er ist der Grund, warum ich mir selbst oft genug die Frage stellen musste, ob ich diesen Job überhaupt noch machen kann - und will. Noch nie zuvor fühlte ich mich so machtlos wie bei diesem Fall! Und er forderte uns immer wieder auf´s Neue heraus - mit einer sich immer weiter steigernden Brutalität und Kaltschnäuzigkeit! Er lässt uns wie unbeholfene Figuren auf einem großen Schachbrett aussehen. Und ich habe das so satt!”
    Einen Augenblick hielt ich inne und sah dem Chief direkt in die Augen. Er hielt meinem Blick stand, verzog aber keine Miene. “Und was haben wir jetzt? Wir haben etwas getan, was ihn provoziert haben muss. Irgendetwas, wobei ich noch nicht einmal genau weiß, was. Und er hat gehandelt, hat reagiert. Er hatte sich von Anfang an einen verdammt blutigen Fluchtweg freigehalten. Und jetzt hat er ihn genutzt! Aber: wir haben noch einen Trumpf!”
    Mit einem kurzen Seitenblick konnte ich Ramirez´ gerunzelte Stirn erkennen. Er wusste genau, was ich nun sagen wollte. Sollte ich es? Durfte ich es? - Aber warum nicht? Die Gedanken sind frei! Und jeder Vater, jede Mutter würde es hundertmal verstehen!
    “Da draußen gibt es jemanden,” sagte ich leise und langsam, “der das gleiche Ziel hat wie wir. Nämlich diesen Bastard zu kriegen! Und er möchte ihn lebendig oder - was noch viel besser ist - tot! Ersparen wir den Bürgern doch die Steuergelder für einen teuren Prozess und die Unterbringung in einer Heilanstalt, wo man ohnehin davon ausgehen kann, dass man ein so krankes Gehirn nicht heilen kann! Dieser Jemand will das Monster zur Strecke bringen. Und wissen Sie was? Ich hoffe, er hat Erfolg! - Nein,” fügte ich mit düsterer Miene hinzu, “ich hoffe nicht nur einfach, dass er Erfolg hat. Manchmal wünschte ich mir sogar, selbst an seiner Stelle zu sein - und den Abzug betätigen zu können!”
    Meine Hände zitterten vor Erregung und erst jetzt bemerkte ich, dass ich auf den Chief in einer bedrohlichen Haltung und mit geballten Fäusten herab sah. Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen. Mit einem Ruck trat ich einen Schritt zurück, jedoch ohne irgendjemanden direkt und offen anzusehen. Den Blick starr zu Boden gerichtet begann ich wieder die Breite des Raumes abzugehen.
    Niemand sagte ein Wort.
    Was der Chief wohl in diesem Moment dachte? Vielleicht zog er mich ja sogar von diesem Fall ab. Sollte er doch! Im Augenblick wäre mir das absolut egal!
    Nur langsam verrauchte der Zorn, der in meinem Innern an den Gedärmen zu ziehen schien, als wären es einfache Gummibänder.
    “Geht es Ihnen nun besser?” fragte Chief Whealer mit einer ungewöhnlichen Sanftheit in seiner Bassstimme. Ohne auf meine Antwort zu warten fuhr er fort: “Ich hoffe, ein wenig, Crocket. Und tigern Sie bitte nicht so durch den Raum. Das macht mich ganz nervös. Setzen Sie sich schon hin.”
    Verdutzt sah ich meinem Vorgesetzten in die Augen. Sein Blick war

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