Dunkle Spiegel
seiner Geduld abverlangten. Die Decke war staubig, und bei der kleinsten Bewegung stieg eine kleine Wolke kleinster Schmutzpartikel auf, die durch die zahlreichen Löcher entwich, die die vielen Motten-Generationen im Laufe der Zeit hinterlassen hatten. Und sein Hinterteil drohte langsam, aber dafür um so schmerzhafter, einzuschlafen, und auch sein Rücken verspannte sich mehr und mehr, je verzweifelter er eine Haltung an der Wand suchte, die für ihn und seinen Rücken als etwas entspannender und damit auch weniger schmerzhaft wäre.
Dann durfte er sich eben gar nicht mehr bewegen! So einfach war das!
Regungslos lauschte er dem gluckernden Wasser in den Rohren über sich, während an einer anderen Stelle etwas weiter entfernt irgendwo kontrolliert Gas oder Luft aus dem Röhrensystem zu entweichen schien. Das gleichmäßige Rauschen des Umluftsystems für das Gebäude, in dessen Keller er saß, erfüllte berauschend monoton die Luft.
Er atmete ruhig, jedenfalls bildete er sich das ein. Sein Puls hatte sich inzwischen wieder langsam normalisiert und auch das Herz schlug ihm nicht mehr bis zum Hals.
Schade um das schöne Auto , dachte er bei sich.
Es war ihm zu heiß geworden, den Wagen weiter zu benutzen. Der Besitzer würde ja bestimmt eine Anzeige machen und ihn als gestohlen melden. Und dieser Sportschlitten war ganz einfach viel zu auffällig gewesen. Also war er schweren Herzens ganz nahe an einen Hang gefahren, wo es sehr steil bergab ging.
Schade auch um die schöne Jacke.
Er hatte sie geliebt. Und sie war ja auch noch fast neu gewesen! Aber sie trug seine Initialen - und das war ihr Todesurteil! Jetzt lag sie in dem ausgebrannten Wrack des schnittigen Wagens, der nach einem heftigen Aufprall auf den schroffen Felsbrocken am Grund des Hanges sofort in Flammen aufgegangen war. Zum Glück gab es weit und breit nur hohe Tannen und keine Wohnhäuser in der Nähe, von denen aus der Rauch hätte zu früh entdeckt werden können. Aber sicher würde es bald irgendjemand entdecken, da war er sich sicher. Und dann würde natürlich die Polizei anrücken, den Wagen finden, ihn einer Diebstahlmeldung zuordnen können und die beiden cleveren Detectives alarmieren. Die würden die Überreste seiner Jacke finden und die angekohlten Initialen - wenn denn überhaupt noch etwas davon übrig bleiben würde, wasnicht dem wilden, gefräßigen Feuer zum Opfer gefallen war - im Labor mit Computern und allerlei anderem technischen Schnickschnack entschlüsseln. Daraufhin würde man sehr schnell eine Liste der Händler zusammenstellen, bei denen die Jacke gekauft worden sein könnte. Dann besuchen die beiden Super-Detectives jeden einzelnen von ihnen, werden vielleicht sogar ein Bild von ihm vorzeigen können, - wenn sie denn in irgendeiner kleinen, unnützen Datenbank überhaupt noch eines von ihm finden sollten, das er übersehen haben könnte, denn im Haus hatte er sie alle vernichtet, das hatte er zweimal überprüft! - einer der Händler würde dann bestätigen, die Jacke an mich verkauft zu haben, die Detectives würden sich den Wagen zusammen mit ihren Spurentechnikern noch einmal vornehmen und dann die Benzinrückstände auf den Resten des Sitzes finden. Und dann würden sie davon ausgehen müssen, dass ich verbrannt sei, mich vorher vielleicht sogar selbst mit Benzin übergossen hätte - und den Fall damit einfach abschließen!
Erst grinste er breit in die Dunkelheit, dann lachte er sogar leise über sich selbst.
Wie genial! Genauso wie im Fernsehen!
Sie würden denken, er wäre tot!
Und da soll doch noch mal jemand sagen, Fernsehen würde nicht bilden! Ha! Ha! Lachhaft!
Er hatte alles so gemacht, dass sie nur diesen einen Schluss ziehen konnten !
Und warum hast du es dann nicht perfekt gemacht? meldete sich plötzlich eine strenge Stimme in ihm.
Sein Lachen erstarb augenblicklich.
Er betrachtete seine Hand, ließ seine Finger spielen. Ja, er hatte vorgehabt, es absolut perfekt aussehen zu lassen. Er wollte ihnen den unwiderlegbaren Beweis erbringen, dass er in dem Wagen gesessen und dabei umgekommen war! Doch er hatte nicht die Courage dazu gehabt! Einen Finger abzuhacken - nein, das hatte er nicht gekonnt! Keinen einzelnen von seinen Zehn!
Er brauchte sie ja schließlich noch für seine Lieblinge …
Doch wozu auch? Hatten sie nicht schon genug von ihm bekommen? Hatte er nicht schon genug für sie geopfert?
Doch!
Doch!
Doch!
Das hatte er!!
Sein Leben! Seine Bestimmung! Seine Frau! Und jetzt auch noch
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