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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Rucket
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Vielmehr eine Frau mit zwei Gesichtern, wie es nun schien.
    “Sind Sie sich da völlig sicher?” fragte ich.
    Er nickte deutlich.
    “Und Sie haben sich mit ihr auf diesen Seiten im Internet getroffen?”
    Wieder Nicken, dieses Mal schwächer.
    “Schreiben Sie uns die Seiten auf, von denen Sie wissen und auf denen Sie sich mit ihr hätten treffen sollen. Jetzt. Sofort.”
    Er nickte leicht, sah wieder unter sich. Er schien wirklich erschüttert zu sein - oder einer der besten Schauspieler zu sein, die ich je gesehen hatte.
    “Agent Ramirez, rufen sie Ed Vonholen an. Er soll so schnell wie möglich hierher kommen.”
    Wortlos griff Ramirez nach seinem Handy und sprach kurz darauf leise hinein. Ich betrachte Oliver McLucky noch einmal genauer. “Was denken Sie gerade?” fragte ich.
    Er sah zu mir hoch. Der Blick fragend, verdutzt. “Ich? Ich weiß nicht. Ich … ich hatte schon ein bisschen Angst um sie. Ich meine … im Chat ist ja alles anonym und so. Aber sie ist - war - der Typ, der sich dann vielleicht auch mit einem getroffen hätte … vielleicht. Ich hätte es ihr auf jeden Fall zugetraut. Aber sie war normalerweise so … süß, lieb und eher … ach, ich weiß nicht. Würde ich es nicht selber erlebt haben und ein anderer würde es mir erzählen, hätte ich ihn kurzerhand für verrückt erklärt!” Dann begann er wieder zu schluchzen.
    Ein paar Minuten verbrachten wir schweigend. McLucky hatte seinen tränenverschwommenen Blick wieder gegen die Decke gerichtet. Er schien von uns keinerlei Notiz mehr nehmen zu wollen. Langsam flossen ihm die Tränen über die Wangen und landeten auf seinem T-Shirt. Dann klingelte es an der Tür. Ramirez verschwand kurz und öffnete. Oliver McLucky machte keinerlei Anstalten, sich zu erheben oder den Besucher zu betrachten. Regungslos und schwer atmend verharrte er, den glasigen Blick auf die Deckenlampe gerichtet.
    Vonholen war ein untersetzter, etwas breiter Mann mit Halbglatze und Schweinsaugen und unser Spezialist für Computerangelegenheiten aller Art. Ichging mit ihm zurück in den Flur, wo noch zwei Polizisten warteten, die Ed Vonholen mitgebracht hatte.
    “Der junge Mann hat einen Computer. Ich brauche eine Sicherung aller Daten, die sich darauf befinden - restlos alle!”
    “Kein Problem, Detective Crocket. Ich mache einfach ein Backup seiner Festplatte. Dann haben wir alles.” antwortete er. Wie immer war er bester Laune. Für mich ein Phänomen - zumal in unserem Job!
    “Gut. Wenn du alles hast, geben Sie die Sachen bitte an Miles Chapler weiter.” Zunächst sah er mich verwundert an. Dann nickte er.
    “Und noch etwas,” raunte ich ihm zu, “er zählt zwar im Augenblick nicht zu den direkten Tatverdächtigen, aber man weiß ja nie. Sehen Sie sich bitte ein bisschen um. Vielleicht finden Sie ja etwas.”
    “Nach was speziell soll ich denn Ausschau halten?” flüsterte er zurück und rieb sich die Hände.
    “Nach Seidentüchern, Büchern über Fesselkünste oder spezielle Knoten, Bücher oder Bilder über harte Sexualpraktiken. Oder einfach: nach allem, was Ihnen ungewöhnlich in einer Studentenwohnung vorkommt.”
    Wortlos nickte er. Sein Blick war bei meinen letzten Worten ernst geworden. Aus dem Raum vernahmen wir wieder lautes Schluchzen.
    Ramirez und ich verließen langsam die Wohnung.

*** 6 ***
    Das Croissant war knusprig und noch warm. Die Konfitüre zerlief ganz leicht auf dem Backwerk. Vor ihm stand ein Pott heißen Kaffees, der noch dampfte. Lässig hatte er sich das Ende seiner Krawatte über die Schulter gelegt, um sie beim Frühstück nicht zu bekleckern.
    Die Sonne schien zart durch den Dunst des noch frühen Morgens und warf ein helles Licht auf den kleinen Vorgarten, in dem sich schon die ersten, vorsichtigen Knospen der neuen Blumen zeigten.
    “Na, steht was Aufregendes in der Zeitung - oder etwas Neues?” drang eine helle, liebevolle Stimme zu ihm.
    “Nein, mein Schatz. Gar nichts Aufregendes oder Neues. Ich glaube sogar, das fast das gleiche hier drin steht wie in der Zeitung von gestern.” Er sah zu ihr auf. “Warum kaufen wir dieses Blatt überhaupt noch?”
    Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und kicherte über seinen kleinen Scherz. Mit einem Morgenmantel bekleidet nahm sie ihm gegenüber am runden Tisch Platz und begann langsam, sich ein Brötchen aufzuschneiden, um es dann dünn mit Butter zu bestreichen. Genussvoll biss sie in die Spitze des Brötchens, wo sie bewusst eine etwas dickere Schicht der Butter gelassen

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