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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Rucket
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hatte, umso mehr hatte mich das Gefühl beschlichen, dass er in das Profil unseres Täters passen könnte.
    Er war sehr charmant und aufmerksam, nahm Notiz von jeder noch so kleinen Äußerung oder Gefühlsregung, die ich in meine Worte legte. Er diskutierte mit mir über Frisuren - Gott sei Dank war ich mit meinem Schatz oft genug beim Friseur dabei, und hatte in dieser Zeit zahlreiche Frauenzeitschriften studiert -, über Farben, Kunst, Hobbys und berufliche Aussichten.
    Und je mehr er versuchte über mich zu erfahren, was er aber sehr behutsam und vorsichtig in den Dialog einbettete, um so deutlicher schälte sich auch für mich ein Persönlichkeitsprofil unserer imaginären Frau heraus, die wir als Lockvogel einsetzten.
    Und er machte den Eindruck, als schien er recht interessiert zu sein!
    Mir war aufgefallen, dass er das Gespräch mehr und mehr auf die sensible “ich verstehe, was du sagen willst” - Schiene zu lenken versuchte. Und natürlich hatte ich das Stück für Stück zugelassen.
    Er hatte aber leider zu wenig über sich als Person erzählt, als dass man daraus hätte Rückschlüsse über sein Alter, sein Aussehen oder seinen sozialen Status ziehen können, dafür aber um so mehr über Gefühle und Ansichten, die ihn bewegten. Mir war der Gedanke gekommen, dass er sich für weibliche Chatter auf einer emotionalen Basis interessant macht.
    Im Laufe der Zeit hatte das Gespräch eine immer intensivere Art angenommen. Er schien ernsthaft an mir interessiert zu sein. Doch war er das? Unser Mann? Unser Irrer? Der Internetmörder? Er konnte es sein!
    Aber ich musste mehr Anhaltspunkte finden.
    Also hatte ich gepokert. Ich hatte ihm erzählt, dass ich mich kurz ausklinken müsste - unter irgendeiner typisch weiblichen Ausrede. Auf meine Frage, ob er denn auf mich warten würde und wie ich ihn wieder finden könne, hatte er leichthin geantwortet, dass er sich schon auf mich freue, und dass er natürlich auf mich warten würde - und ich mir keine Sorgen machen müsste: er würde mich finden!
    Kurzerhand hatte ich mich dann aus dem Chat verabschiedet, ihn aber unter einer anderen Identität auf einem anderen Computer weiter beobachtet. Nach etwa einer halben Stunde meldete ich mich wieder an - und siehe da, er war der erste gewesen, der sich bei mir meldete. Er hatte mich wie eine alte Freundin begrüßt, mit der er nicht erst seit dieser Nacht sondern schon über Monate Kontakt hätte.
    Das Gespräch hatte dann immer vertrautere Töne angenommen. Er griff Dinge auf, die ich zuvor gesagt oder angedeutet hatte, fragte genauer nach Details, ließ mir aber immer die Wahl, frei zu antworten oder es zu lassen.
    Als Frau, da war ich mir absolut sicher, hätte mich das auf alle Fälle angesprochen - war doch genau das einer der Punkte, über den sich Frauen in Bezug auf ihre Partner - oder ganz allgemein Männern - so aufregten. “Männer können keine ordentliche Unterhaltung führen und hören nie richtig zu. Sie zeigen zu wenig Interesse!” Das war eine der am meisten ausgesprochenen Kritiken, die ich in unserem Bekanntenkreis, aber auch von Arbeitskolleginnen mitbekommen hatte.
    Unser Casanova machte seinen Job dafür auf jeden Fall perfekt! Sogar eine leicht feminin angehauchte Seite hatte er erkennen lassen, als unser Gespräch auf Körperhygiene und bevorzugte Düfte kam. Er erzählte von Gesichtswasser, Waschgel, Peeling-Creme und einer besonders schnell einziehenden Handcreme.
    “Handcreme?” warf Ramirez ein, nachdem er meinen Ausführungen bis jetzt ohne jede Unterbrechung gefolgt war.
    Ich nickte müde und schlürfte den Orangensaft.
    “Vielleicht haben unsere Leute etwas übersehen?! Weißt du, welche Marke er verwendet?”
    Ich nannte sie ihm, nachdem ich kurz in meinen Aufzeichnungen geblättert hatte, die inzwischen mehrere Seiten lang war. Ramirez zog sein Handy aus der Tasche und drückte eine Kurzwahltaste. “Ich grüße dich! Ja, ich bin schon früh auf den Beinen! - Was? Das meinst du nicht ernst! Jetzt mal Spaß beiseite. Hör mir mal zu! Habt ihr an der Leiche von Adriana Lion oder irgendwo in ihrem Zimmer oder auf der Tastatur Rückstände einer Handcreme der Marke SoftSilk gefunden? Was heißt, du kannst es nicht genau sagen?” Kurze Pause. Gerunzelte Stirn. “Dann besorg dir schnellstens eine Probe aus dem Drogeriemarkt oder keine Ahnung woher und lass die Untersuchung beginnen! Ja, es ist verdammt wichtig! Vielleicht eines der besten Indizien, die wir als Verbindung zwischen

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