Dunkle Spiegel
bin keiner von denen !
“Also, ich bin hundemüde. Willst du diesen Spinner allein aushorchen?” Ramirez gähnte wieder herzhaft und sah mich hoffnungsvoll an.
Ich lächelte. Noch war ich mir nicht sicher, ob es sich lohnen würde, dieses Gespräch fortzusetzen. “Ich bleibe noch hier und versuche mein Glück. Aber wenn ich mit dem fertig bin, mache ich auch Feierabend. Versprochen.”
“Ich wünsche dir viel Glück.” flüsterte mein Freund, erhob sich und schlurfte langsam zum Ausgang.
*** 15 ***
Es kribbelte in seinen Adern! Was für ein fantastischer Morgen!
Pfeifend lenkte er seinen Wagen durch die schon recht belebten Straßen der Innenstadt. Überall standen Transporter, aus denen fast schon hektisch Ware in Kisten, auf Sackkarren oder in Beutel geladen wurden. Die Händler bekamen ihre Ware: Obst, Geflügel, Gemüse, Konserven.
Und dazwischen schlängelten sich die Anzugsmenschen durch das wuselnde Getümmel.
Es geschah nicht selten, dass er einen von denen dabei ertappte, wie dieser - natürlich das Handy geschäftig am Ohr - fast schon angewidert einen großen Bogen um einen der einfach gekleideten und meist muskelbepackten Männer in ihren zerschlissenen Jeans und Karohemden machte.
Oh ja, ihr seid ja auch so was Besseres , dachte er bei sich.
Doch ihm konnte das an diesem Morgen ohnehin nichts anhaben. Er hatte die gute Laune förmlich getankt . Und es gab nichts, was ihn heute aus der Ruhe hätte bringen könnte.
Was für eine Nacht!
Nachdem seine liebevolle Frau endlich eingeschlafen und leicht zu schnarchen angefangen hatte, war er aus dem Bett geschlüpft und in den Keller geschlichen.
In seinen Keller!
Dort hatte er sich für seinen Zeitvertreib eine ganz besondere Computeranlage aufgebaut. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er jedes einzelne Stück förmlich unter den Augen seiner neugierigen Frau ins Haus geschmuggelt hatte. Wie ein kleiner Junge.
In der Aktentasche, in der Post, vergraben unter Akten in großen Kartons. Und welch ein diebisches Vergnügen es dann war, wenn er es wieder einmal geschafft und das Bauteil in seinem Keller den schon wartenden Geräten hinzufügen konnte.
Er konnte das Kribbeln noch ganz genau fühlen.
So wie es heute Morgen auch wieder kribbelte.
Er hatte Stunden dort in seinem Reich zugebracht.
Gewartet.
Gelauert.
Und dann den ersten Schritt gewagt.
Und wieder war es geglückt.
Er konnte sich kaum ein leises Jauchzen verkneifen. Er sah in den Rückspiegel.
Sein Lächeln war noch größer geworden. Er sah seine Augen funkeln.
Vor Freude!
Reinste Vorfreude!
Er würde heute Nacht wieder hinab steigen. Er hatte es ihr ja versprochen.
Und er hielt seine Versprechen!
Ein paar Minuten später hielt er auf dem großen Parkplatz gleich neben der Abfahrt zur Tiefgarage. Schwungvoll stieg er aus und sah sich um. Aber er war allein. Neben sich hörte er den Motor eines schweren Diesels, der sich nurmühsam und unwillig zum langsameren Fahren drosseln ließ. Sein Blick fiel auf den mächtigen, schwarzen Mercedes, der schon halb in der Abfahrt zur Tiefgarage stand. Gemächlich, fast schon erhaben senkte sich die Fensterscheibe auf der Fahrerseite herab und eine scharfe Bügelfalte am Anzugärmel wurde sichtbar. Ein Handgelenk, an dem eine schwere, goldene Uhr in der schwachen Morgensonne funkelte. Ein magere, glatte Hand ohne jegliche Furchen oder rauen Hautstellen führte eine grüne Karte mit dem goldenen Emblem der Firma auf der Oberseite in den Schlitz des Kartenlesers ein. Sofort hob sich die Schranke. Die Hand wurde zurückgezogen und er konnte gerade noch eine bekannte Silhouette im Halbdunkel entdecken.
“Guten Morgen, Mister Williams.” rief er freundlich hinüber und winkte leicht. Der Mercedes röhrte schon, hielt dann aber noch einmal inne, eine steile, sehr spitz zulaufende Nase nebst einer faltigen Stirn und grünen, fast misstrauischen Augen erschien halb am Fenster. Ihre Blicke trafen sich für Sekunden. Dann gab es ein kurzes, kaum wahrnehmbares Nicken aus dem Fahrzeug und der Mercedes rollte brummend und schnell die Einfahrt herab.
Ob auch ich irgendwann da unten stehen könnte, fragte er sich.
Und wenn nicht - was soll´s! Denn ich habe etwas, was die nicht haben! Dessen war er sich absolut sicher.
Bei diesem Gedanken drückte er seine Brust heraus, hob den Kopf und ging zielstrebig auf die braun gestrichene Metalltür mit der Aufschrift Nur für Personal zu.
Kaum hatte er den schwach beleuchteten Gang dahinter
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