Dunkle Spiegel
alles so anstellen können! Computer sind die Waffen des 21. Jahrhunderts, vergiss das nicht.” entgegnete Alex mit einer wegwerfenden Handbewegung.
“Hacker? Ach was! Du hast wieder zu viele Sciencefictionfilme gesehen. Wird was völlig Harmloses sein. Ich seh` gleich mal nach.”
Alex trug seinen Namen in die Liste ein, führte die Karte ein und die Tür öffnete sich, um ihn herauszulassen.
“Ich hau` mich jetzt erst mal richtig auf´s Ohr. Mach´s gut, Richard.”
“Mach´s besser.” erwiderte dieser den Gruß. Doch Alex war schon an den Stufen und auf dem Weg ins Licht. Er sah ihm noch einige Sekunden nach, bis sich die Tür hinter Alex wieder leise geschlossen hatte. Dann umgab ihn die völlige Stille.
Nein, nicht ganz.
Das leise Summen und Surren im Hintergrund nahm er erst jetzt wieder wahr. Langsam begann er zu pfeifen und gab seinen Sicherheitscode in das kleine Display ein. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Zischen und schloss sich gleich wieder, nachdem er hindurchgegangen war.
Der Tag würde jetzt wie im Flug für ihn vergehen.
Der Tag war nicht wichtig! Der Tag war nur eine Störung der Nacht!
Und auf diese Nacht freute er sich wieder ganz besonders!
*** 16 ***
Ich sah Ramirez durch meine halb geöffneten Augen schwungvoll und gut gelaunt auf mich zu kommen. Ich saß - oder vielmehr lag - in einem Stuhl an irgendeinem Schreibtisch. Ich konnte nur mit Sicherheit sagen, dass es nicht mein eigener war, aber auch nicht mehr! Meine Hände umklammerten gerade die fünfte Tasse Kaffee an diesem Morgen - alles, was ich vor sieben Uhr getrunken hatte, gar nicht mitgerechnet.
“Guten Morgen, Sportsfreund.” begrüßte mich mein Partner ausgelassen und mit seinem breiten Grinsen.
“Nicht so laut, bitte. Ansonsten wünsche ich dir auch einen guten Morgen.” Das Lächeln auf seinem Gesicht wich einer besorgten Miene.
“Du warst gar nicht zu Hause, was?”
Ich antwortete nicht.
“Dein Schatz war mit Sicherheit nicht glücklich darüber.” meinte er tadelnd.
Bei diesen Worten kehrte die Erinnerung mit einem schmerzhaften Grollen unter meiner Schädeldecke zurück. Die Erinnerung an das Telefonat, währenddessen mich mein Engel wiederholt darauf hingewiesen hatte, dass ich mich für diesen beschissenen Job, wie sie es so direkt formuliert hatte, selbst mehr und mehr kaputt machen würde. Sie sagte, dass sie wüsste, dass ich das tun müsse. Aber die vielen Nächte ohne Schlaf, die ganzen Sorgen die sie sich um mich machte, kein Wochenende mehr ohne Arbeit - und dann auch noch die Nachteinsätze!
Es war diese Kombination aus Verständnis und Vorwurf, die es mir doppelt schwer machte, überhaupt irgendwelche, wenn auch leere, Argumente zu finden.
Und verdammt noch mal - ja, sie hatte recht mit dem, was sie sagte!
Wir hatten fast eine Stunde telefoniert. Und es hatte mir wehgetan.
Weil sie so recht hatte.
Und weil ich sie so sehr liebte.
Deshalb hatte ich ihr versprochen, dass wir nach dieser Sache einen langen Sonnenurlaub machen würden. Vielleicht auf einer Insel. Nur wir beide an einem goldenen Strand, mit Sonne und dem Meer und vielen, vielen wunderschönen Nächten in Frieden und Geborgenheit, die ich ihr schenken würde.
An dieser Stelle war eine kurze Stille in der Leitung eingetreten, und ich hatte schon das Schlimmste befürchtet. Doch dann hatte sie gemeint, dass sie heute noch ins Reisebüro gehen würde und uns ein Ziel aussuchen würde. Sie würde auch schon die Koffer packen, und kein Mörder, Schlächter, Perverser oder kranker Irrer dürfte es wagen, sich zu erlauben, uns am Urlaub zu hindern. Sonst werde sie selbst zu einem Psychopathen.
Ich für meinen Teil glaubte ihr!
Ramirez setzte sich auf die Tischkante und öffnete seine Tasche. Dann nahm er mir die Kaffeetasse trotz meines schwachen Versuchs, mich daran festzuhalten, aus der Hand und schob mir stattdessen eine Flasche Orangensaft zwischen dieFinger. Artig nahm ich unter seinem strengen Blick einen Schluck. Der kalte Saft durchfloss meinen Körper von der Zunge bis zum Bauchnabel. Ich fühlte mich schon gleich viel frischer - auch wenn das nur Einbildung war.
“Hat es sich wenigstens gelohnt?” fragte er mich ruhig.
Ich nickte.
Er wartete einige Sekunden, bis ich mich aufrecht hingesetzt und gestreckt hatte. Dann erzählte ich ihm von meinem nächtlichen Abenteuer.
Nachdem er gegangen war, hatte ich das Gespräch mit meinem Chatpartner aufrecht gehalten. Und je länger ich mich mit ihm unterhalten
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