Dunkle Symphonie der Liebe
Gebäudes hinauf,
wobei er sich mit Händen und Füßen an den Ritzen im Mauerwerk festklammerte,
eine menschliche Spinne in Schwarz mit einer Maske, die wie ein Spinnennetz
aussah, vor dem Gesicht.
Was um alles in der Welt macht
er da ?
Byron drang in die
Gedanken seines Neffen ein und seufzte laut. Vincente und Marguerite haben
zusammen mit ihm einen amerikanischen Comic gelesen. Er ist Spiderman und jagt
gerade am Haus hinauf, um die schöne Maid in Nöten zu retten.
Wer soll das sein ?
Tasha. Sie weiß es nicht, aber
sie ist das Objekt seiner jugendlichen Phantasien. Es ist nicht dunkel genug,
um so etwas zu versuchen, und da er nicht mehr als eine Sache auf einmal
bewältigen kann, ist er für menschliche Augen sichtbar. Dein Großvater
bewundert gerade seine Blumen. Er braucht nur den Kopf zu heben, um Josef zu
sehen.
Antonietta betrachtete die
Bilder in Byrons Kopf. Josef schob sich in Höhe des ersten Stocks an der Wand
entlang, fast wie Dracula im Film. Seine Gestalt flimmerte wieder und schwankte
leicht, während die Spinnennetzmaske verschwand und einem Ausdruck höchsten
Entsetzens wich. Im nächsten Moment rutschte er an der glatten Wand hinunter,
prallte an einem Fenstersims ab und sauste nach unten in den Hof.
Byron stieß einen unterdrückten
Fluch aus und produzierte hastig Luftwellen, um den Sturz des Jungen abzufangen.
Josef landete hart genug auf dem Boden, um einen Moment lang aus der Puste zu
geraten, war aber offensichtlich nicht ernsthaft verletzt. Don Giovanni hörte
den Aufprall, als Josef durch einen niedrigen Busch krachte und dabei etliche
Zweige abbrach.
»Was ist los, junger Mann? Bist
du gestolpert? Hast du dir wehgetan?«
Josef rappelte sich vorsichtig
auf und rieb sich das Hinterteil. »Nur mein Stolz hat gelitten. Zurzeit
scheine ich aber auch alles falsch zu machen.«
»Ich habe mir vor ein paar
Minuten dein Bild angeschaut, und es scheint mir ganz gut zu sein. Ich verstehe
nicht allzu viel von Kunst, aber Tasha kennt sich auf diesem Gebiet recht gut
aus. Du solltest es ihr einmal zeigen.«
Josef folgte dem alten Mann zu
seiner Staffelei und griff nach einem Pinsel. »Glauben Sie wirklich, es wird
ihr gefallen?« Er trug mehr Farbe auf, ein leuchtendes, knalliges Rot, das in
Tropfen über die ganze Leinwand lief.
Don Giovanni runzelte die Stirn
und betrachtete das Werk aus verschiedenen Blickwinkeln. »Das Bild war ziemlich
wahrheitsgetreu, bis du das getan hast. Was ist der Grund für all das Rot?«
Oh nein! Byron stöhnte und
verbarg sein Gesicht in den Händen. Würde es dir sehr viel ausmachen, wenn ich den Knaben
erwürge und in den Wäscheschacht stopfe?
Antonietta verbiss sich mühsam
ein Lachen. Die Kunst zu üben, unsichtbar zu bleiben, und dann alles durch ein
albernes Kichern zu verpatzen, würde ihr keine Punkte einbringen. Du hast gesagt, nicht zu
reagieren, wäre der Schlüssel.
Das war die Regel, bevor Josef
auf diese Welt kam. Jetzt heißt es: fressen oder gefressen werden, genau wie im
Dschungel.
»Es ist natürlich Blut. Sehen
Sie nicht da oben über dem Palazzo die Augen eines Raubtiers lauern? Das ist
der Vampir, eingehüllt in Dunkelheit. Er hat seine Beute auf den Burgzinnen
geschlagen.«
Don Giovanni versuchte, keine
Miene zu verziehen. »Sehr phantasievoll. Ich habe bisher kaum Gebäude mit
Vampiren auf den Dächern gesehen.«
Josef zuckte die Achseln. »Den
Jägern gelingt es ganz gut, ihre Zahl zu beschränken. Ich wäre bestimmt ein
toller Jäger, aber meine Mutter will nichts davon wissen.« Einen Moment lang
starrte er Don Giovanni unverwandt an. Seine Augen glühten rot, und sein
Gesicht verzerrte sich zu einer dämonischen Fratze.
Don Giovanni trat einen Schritt
zurück, blinzelte und sah wieder Josefs grinsendes, jungenhaftes Gesicht vor
sich.
Byron schwenkte eine Hand, um
Don Giovannis Wahrnehmungsvermögen zu verschleiern, und ließ ihn dabei wie in
Trance stehen bleiben. Während er sich selbst vor seinen Neffen schob,
veränderte er seine Kopfform.
Lass das, ermahnte Antonietta ihn und
hielt sich eine Hand vor den Mund, um nicht laut herauszuplatzen. Es ist beschämend, sich
auf sein Niveau herabzulassen.
Josef hob seinen Pinsel, um
einen letzten Pinselstrich an einen der roten Tropfen zu setzen. Im selben
Moment tauchte die Schnauze eines Wolfs vor seinem Gesicht auf, mit gefletschten
Zähnen, von denen Geifer tropfte, und roten, bösartigen Augen, die im
Dämmerlicht funkelten. Josef taumelte zurück, stieß mit seinem
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