Dunkle Symphonie der Liebe
sich zu vergewissern, dass er heil und unversehrt war. »Soweit ich
weiß, hatte Dominic nicht viel mit den Zauberern zu tun, aber seine Schwester
schon. Sie war unglaublich begabt...« Eleanor brach ab und trat einen Schritt
zurück, um ihn aus ihren dunklen Augen forschend anzuschauen. »Du siehst
gesund und vollständig geheilt aus, und das ist ein Wunder. Aber du siehst auch
anders aus, mächtiger vielleicht und doch glücklich.«
»Ich habe sie gefunden, Eleanor.
Ich habe meine Gefährtin des Lebens endlich gefunden. Sie ist hier in diesem
Palast, die Konzertpianistin Antonietta Scarletti. Sie ist eine wunderbare
Frau.«
Eleanor schlang erneut beide
Arme um den Hals ihres Bruders. »Ich freue mich ja so für dich! Du musst sie
mir vorstellen. Hast du schon Anspruch auf sie erhoben? Hast du es unserem
Prinzen mitgeteilt? Wann bringst du sie nach Hause?«
Einen Moment lang herrschte
Schweigen. Byron musste Eleanor noch einmal umarmen. Er war dankbar, dass er
fühlen konnte, wie eine Woge von Zuneigung für sie in ihm aufstieg. Dankbar,
dass er sie anschauen und fühlen konnte. Dieses Geschenk hatte Antonietta ihm
gemacht. Das unschätzbare Geschenk, Empfindungen zu haben und Farben zu sehen.
»Byron?« Eleanor bedachte ihn
mit einem wissenden Blick. »Du hast sie noch nicht umgewandelt.« Es war eine
Feststellung, fast schon ein Vorwurf. »Wir brauchen jede einzelne Frau, das
weißt du doch. Und du hast so lange leiden müssen. Deine Gefährtin will doch
sicher bei dir sein.«
Byron zeigte mit einem
wölfischen Grinsen die Zähne. »Sie hat die merkwürdige Vorstellung, dass wir
eine Weile Zusam mensein
werden und sie mich dann meiner Wege schicken kann.«
Eleanor musterte ihn prüfend.
Sie stellte einen neuen Zug an ihm fest, der früher nicht da gewesen war. »Was
hast du vor?«
»Antonietta muss von allein zu
mir finden. Sie führt ein ganz bestimmtes Leben als Herrin im Palazzo, und ihre
Familie verlässt sich in allem auf sie. Dort ist sie sicher. Im Palazzo spielt
es kaum eine Rolle, dass sie blind ist. Ihr Leben verläuft in geregelten
Bahnen, und auf diesem Weg will sie bleiben. Sie hat noch nicht erkannt, dass
ihr Lebensweg mit meinem verbunden ist. Aber das wird sie noch.«
»Wie lange willst du warten?«
»Worauf? Antonietta ist an mich
gebunden. Sie ist in meiner Obhut. Ich habe Vorkehrungen für ihre Sicherheit
getroffen, und ich werde herausfinden, wer sie bedroht. Sie gehört zu mir, mit
Leib und Seele. Sie muss sich nur noch an den Gedanken gewöhnen, wer es ist,
mit dem sie Zusammensein wird,
nachdem sie ihre Entscheidung getroffen hat.«
»Natürlich wirst du mit ihr in
unsere Heimat zurückkehren.« Aus Eleanors Mund klang es wie eine Tatsache.
Byron lächelte sie an. »Es tut
gut, dich wiederzusehen. Wo ist Vlad? Dein Gefährte hat dir doch sicher nicht
erlaubt, unbeschützt auf Reisen zu gehen.«
»Ich kann mich selbst
beschützen«, erinnerte Eleanor ihn.
»Vlad ist hier, und Josef ist
auch bei uns. Er wollte andere Länder besuchen und etwas von der Welt sehen.
Wir hielten es für das Beste, ihn zu begleiten.«
Byron trat unwillkürlich einen
Schritt zurück, als ihm die schreckliche Bedeutung ihrer Worte aufging.
»Josef?« Er stieß den Namen wie ein Krächzen aus. »Du hast doch nicht etwa
diesen furchtbaren Bengel mitgebracht? Er ist hier? In der Nähe vom Palazzo?«
»Er ist dein Neffe, Byron.« Eleanor ließ sich auf eine
formvollendet geschwungene Marmorbank sinken und starrte ihren Bruder erzürnt
an. »Wie kannst du nur so reagieren!«
Byron schüttelte den Kopf.
»Benji ist mein Neffe. Ich bin mehr als bereit, ihn als nahen Verwandten
anzuerkennen, aber bei Josef ist es etwas anderes. Zwischen uns existieren
keine Blutsbande.«
»Er ist mein Sohn. Ich habe ihn
aufgenommen, als Lucia bei seiner Geburt starb. Ich liebe ihn nicht weniger als
Benji. Ich weiß, dass er schwierig sein kann ...«
»Schwierig?! Der Knabe ist eine
öffentliche Gefahr. Es war falsch von Lucia, noch ein Kind zu bekommen. Sie war
alt, eine vom alten Stamm, die den Großteil ihrer Tage unter der Erde
verbrachte und sich vor den Veränderungen, die um sie herum stattfanden,
versteckte. Sie hatte nie die Absicht, in einer modernen Welt zu leben. Was hat
sie sich nur dabei gedacht?«
»Sie hat an die Erhaltung
unserer Art gedacht, Byron. Du gehst übertrieben streng mit ihr ins Gericht,
und das sieht dir gar nicht ähnlich.«
»Ich bin nur ehrlich, Eleanor.
Der Junge hat praktisch, seit er
Weitere Kostenlose Bücher