Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
Franzose, Rosie?« Peg hatte anscheinend genug vom Thema Geschirrhandtücher. »Er ist ja ein richtiger Gentleman. Aber muss er den Salat erst pflanzen oder was?«
»Er ist kein …«
»Ich habe noch nie erlebt, dass sich jemand so zu seinem Vorteil verändert«, erklärte Tess. »Als er das letzte Mal hier war, hat er alle total von oben herab behandelt, aber jetzt hat er richtig gute Manieren, und er sieht aus wie Hugh Boody. Erinnert ihr euch an Hugh Boody? Der war der Supergentleman. So einen gibt’s nur einmal in tausend Jahren. Und Rosie Barry – ich habe von dir kein Wort des Beileids gehört, kein einziges, als mein Hugh gestorben ist. Peg ist zur Beerdigung gekommen, stimmt’s, Peg? Das war ja auch das Mindeste, was du tun konntest. Aber du, Rosie – ich mache dir keine Vorwürfe wegen der Beerdigung, weil du da gerade in Australien warst. Aber als du dann nach Hause gekommen bist – als du nach Hause gekommen bist, habe ich – ich, nicht du – das Thema angesprochen, und von dir kam nichts, kein Wort …«
»Ich habe nicht gewusst, was ich sagen soll …«
»Mein Gott, Tess!«, rief Peg. »Das ist doch schon hundert Jahre her. Und warum ist es so was Besonderes, wenn jemand stirbt? Wir können doch alle plötzlich tot umfallen!« Sie erhob sich etwas benommen. »Ich finde, wir machen eine kleine Siesta. Nur zehn Minuten. Dann kommt das große Essen, und wenn die Männer bis dahin nicht zurück sind, haben sie eben Pech gehabt.«
»Okay«, sagte Tess. »Gute Idee.« Die beiden gingen ins Haus, und ich hörte, wie sie kichernd die Stufen zum Dachboden hinaufgingen.
Leo kam aus der Küche.
»Sie reden viel, deine Freunde«, sagte er. »Die Iren reden sehr viel.«
Wir saßen in dem warmen Garten wie Darby und Joan, der Inbegriff des glücklichen älteren Ehepaars, die Gesichter der Sonne zugewandt. Leo wies mich darauf hin, dass mein Transistorradio kein Gerät sei, das man als »Apparat zur Wiedergabe von Tönen« bezeichnen dürfe, denn die Geräusche, die es von sich gab, hätten leider nur wenig mit Musik zu tun.
»Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt etwas für klassische Musik übrighabe, Mister«, erwiderte ich. »Schau dich doch mal um. Hier kommt meine Familie her. Hier sind meine Mutter und Min aufgewachsen. Hier, in Stoneytown. Nicht im Zentrum von Mailand. Man beachte das Fehlen eines Symphonieorchester.«
Es war alles so friedlich, dass ich nicht einmal Lust hatte, den Hund zurechtzuweisen, der auf einem Stuhl stand und sich seelenruhig am Brie bediente, eine Pfote anmutig auf den Tisch gelegt. Ich goss mir ein halbes Glas Wein ein. Nein, nur ein Viertelglas. Der Tag war noch lang. Tipps für schwere Zeiten oder Wie man das Leben überlebt: Bei den eigenen Festen keinen Alkohol trinken.
Leo hatte das schöne Notizbuch herausgeholt, das er immer verwendete, wenn er Musik hörte. Ich sah, dass er lauter Skizzen angefertigt hatte: die Vorderseite des Hauses, vom Strand aus gesehen, die Küche mit dem Herd, das Gelände hinter dem Haus, mit dem Garten und den Schuppen drum herum, und das Giebelende, das fast von der hohen Mauer des Obstgartens verdeckt wurde.
»Ich glaube, ich würde nur sehr wenig an diesem Haus verändern«, verkündete er. »Auf seine Art ist es absolut perfekt. Aber schau mal hier, Rosa …« Er deutete auf das steile Dach über der Haustür. »Weil die Dachplatten sowieso neu verlegt werden müssen, würde ich die Möglichkeit nutzen und einen tiefen Balkon einbauen, den man von vorne kaum sehen kann, aber so, dass er Licht bringt. Und entsprechend eine Rückwand aus Glas im Schlafzimmer.«
»Aber Leo …«
»Und hier …« Er blätterte zu der Skizze mit der Giebelwand. »Ich glaube, hier kannst du noch einen Eingang machen, weg von dem ständigen Wind. Du kannst auch die Tiere hier unterbringen, die Schweinekoben könnten unter neuen Apfelbäumen sein. Ich befürchte nämlich, dass die jetzigen Bäume zu alt sind, um sie zu erhalten.«
»Leo – das Haus gehört mir doch gar nicht. Und Min möchte es verkaufen. Bitte, hör auf!«
»Ach, entschuldige, meine Liebe«, murmelte er. »Ich hatte ganz vergessen, wie die Besitzverhältnisse aussehen. Es ist nur einfach so, dass die Umgestaltung dieses Hauses eine Herausforderung ist, der ich nicht widerstehen kann.«
»Ich bin froh, dass du nach Irland gekommen bist«, sagte ich zärtlich. »Habe ich dir das schon gesagt? Und eines Tages …«
»Aber Rosa!«, unterbrach er mich. »Hast du nicht gestern
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