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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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abends, deine Zeit. Ich erkundige mich, wie spät es dann da ist, wo ich jetzt bin. Die Nummer habe ich in mein Brillenetui geschrieben.«
    »Ruf Markey an! Mark Cuffe, Seattle.«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte sie. »Ich rufe ihn an, wenn’s nicht anders geht.«
    Dann sagte sie etwas, was mich mehr überraschte als alles, was sie je zu mir gesagt hatte, und Min war noch nie besonders vorhersagbar gewesen.
    »Ich dachte, Daddy ist vielleicht hierhergekommen«, sagte sie. »Der Pilot hat alle eingeladen.«
    »Aber dein Vater wäre doch schon über hundert!«
    »Das ist mir egal«, erwiderte sie. »Ich will im Radio nach ihm fragen. Vielleicht erinnert sich ja jemand an ihn.«

21
    E s war ein Vormittag mit vielen tief empfundenen »Meine Seele erhebet den Herrn«-Dankgebeten. Seit wann hatte ich so viel Glück im Leben?
    Ich saß auf der Bank oberhalb des Strandes, einen Pullover über meinem Leinenkleid aus Mykonos, und las noch einmal ein paar Seiten über Marcel Prousts Besuch bei Gilberte. Da hörte ich jemanden auf der Anhöhe rufen. Der Postbote! Der Hund konnte sein Glück auch nicht fassen und rannte sofort nach oben, um sich vor den Postboten zu kauern.
    »Meinen Sie, das Wetter bleibt so?«, rief ich ihm zu.
    »Ganz bestimmt! Hier, ein Eilbrief. Sie müssen unterschreiben. Wir haben ein Tiefdruckgebiet aus der Biscaya – das hält sich ein paar Wochen.«
    Ein kleiner, dicker Umschlag. Wer hatte an mich gedacht?
    »Ach, mir würde es schon reichen, wenn es heute schön ist«, sagte ich. Der Briefträger tätschelte den Hund und verabschiedete sich. »Gut, dass das alte Haus wieder zu meiner Runde gehört«, rief er noch über die Schulter.
    Amerikanische Briefmarken. Absenderadresse Seattle. Das Geschenk war ein Minibuch aus Büttenpapier, mit den Worten meiner neun »Gedanken« auf winzig kleinen Seiten. Wie hatte Markey es geschafft, dass der Brief so pünktlich hier eintraf? So viel Vertrauen in die irische Post! Man merkte, dass er als Erwachsener nicht hier gelebt hatte.

    Was für ein entzückendes kleines Büchlein – mochte es auch noch so unvollendet erscheinen. Selbst wenn das alles war, was meine große Idee mir einbrachte, war es nicht zu verachten.
    Der Hund hatte sich gerade vom Besuch des Postboten erholt, als wieder ein Auto zu hören war. Und wenig später kam Leo den Pfad entlang, beschützt von seinem Begleiter Monty. Mein Hund war sofort begeistert von Leo. Vermutlich lag es an seinen Sandalen, denn eigentlich war er kein Typ, der sich bei Tieren einschmeichelte, und auf den Enthusiasmus des Hundes reagierte er auch jetzt nur mit einem freundlichen Nicken. Aber Leo trug wunderschöne italienische Sandalen, mit bedeckten Zehen, und als Monty die Schuhe lobte, verkündete er mit großer Geste, er werde ihm selbstverständlich ein Paar schicken, Monty müsse nur Größe und Farbe aufschreiben. (Leo hatte zwar kein Geld, nahm aber nie die Haltung eines verarmten Menschen ein.) Sehr angetan war Leo von Mother Ireland und machte ihr auf Italienisch ein paar Komplimente, woraufhin sie geschmeichelt grunzte. Der Hund musste vor Neugier auf die Mauer beim Schweinestall klettern, um zu sehen, was los war, riss sich dann aber vom Stall los, weil er herausfinden wollte, was die neuen Wagengeräusche zu bedeuten hatten. Mit aufmerksamer Miene beobachtete er Andys Erscheinen. Andy trug eine Kuchenschachtel an einer Schnur zwischen den Zähnen und in jeder Hand eine Flasche Champagner. Der Hund sauste den Abhang hinauf, gefolgt von Bell, die Andy liebte. Gleich darauf war der nächste Automotor zu hören, und schon erschienen Tess und Peg am Horizont.
    Der Hund fing an zu rotieren. Man konnte ihm ansehen, dass er dachte: Diese Situation erfordert ein Maximum an Kampfbereitschaft.
    Bell hingegen verlor vollständig die Nerven und kletterte aufs Dach, wo sie von nun an hockte, ohne jede erkennbare Absicht, jemals wieder herunterzukommen.

    Die Sonne schien. Haus und Umgebung sahen aus wie das Paradies, als ich meine Gäste herumführte. Sie brachen immer wieder in Begeisterungsrufe aus. Die perfekte kleine Heimatidylle, die ich mir in diesen Mauern geschaffen hatte. Dazu die großartige neue Errungenschaft des elektrischen Stroms. Die Speisen, die in dem lebendigen, vom Meer reflektierten Licht schimmerten. Die geschrubbten Stufen hinauf zum Dachboden, wo Kerzen in Glasgefäßen neben dem Bett standen. Meine saubere chemische Toilette in dem getünchten Steinschuppen, dazu die roten Geranien in den

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