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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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Es war noch gar nicht lange her, da hatte ich mich an Weihnachten mit Leo in diesem tristen kleinen Hotel beim Hafen von Ancona getroffen, und wir hatten es nicht geschafft, miteinander zu schlafen. Nach nur vierundzwanzig Stunden hatte ich schon nichts mehr zu lesen und konnte nirgendwo ein englisches Buch auftreiben, außer einem alten Reader’s Digest-Heft über einen Baseballspieler, der einen Herzinfarkt überlebte.
    Ich hatte mich immer auf Min verlassen, aber meine Entscheidungen hatte ich allein getroffen, ohne eine Gedanken an sie zu verschwenden.
    Und plötzlich wurde mir etwas klar: Min war jetzt wie ich. Wo hatte sie das, was sie jetzt tat, gelernt, wenn nicht von mir? Es kam mir vor, als wären wir Schwestern. Ich war als Erste in die große weite Welt gezogen. Und als Min so weit war, folgte sie mir. Was bedeutete, dass ich immer noch bei ihr war, sozusagen als ihr Vorbild.
    Ich vermisste Min so sehr, dass ich selbst diesen Gedanken tröstlich fand.
     
    Konnte es sein, dass ich Probleme mit dem Herzen hatte? Gab es so etwas wie Herzkrebs? Warum nicht? Ich presste die Faust mit aller Kraft auf die Brust, um den Schmerz zu verteilen. Wie können Gefühle, die man nicht sehen und nicht anfassen kann, ja, die man nicht einmal benennen kann – wie können diese
Gefühle sich körperlich so stark bemerkbar machen? Was war eigentlich los? Nichts war los. Min rief immer pünktlich an. Leo wohnte nach wie vor in Kilbride und schien sich dort pudelwohl zu fühlen. Tess hatte mir bei unserem letzten Telefongespräch die wichtigsten Neuigkeiten berichtet: Andy und Pearl brachen tatsächlich demnächst in den Fernen Osten auf. Beide redeten nicht darüber, was sie wirklich von dieser Reise hielten. Peg hatte Tess länger nicht gesehen, weil es dem alten Mr. Colfer gar nicht gut ging, noch schlechter als sonst. Und ihr selbst ging es besser denn je.
    »Und wie sieht’s bei dir aus, Kindchen?«, erkundigte sie sich.
    »Mir geht es gut.«
    Ich sagte nicht: Ich habe Angst, dass etwas Furchtbares passiert. Ich habe Angst, dass jemand stirbt. Wenn ich aufwache, und die Hüfte tut mir weh, interpretiere ich das sofort als ein Symptom für Leukämie, und wenn ich häufiger als sonst pinkeln muss, dann denke ich, jetzt ist es so weit, jetzt bin ich Diabetikerin.
     
    Ich versuchte, gemeinsam mit meinem alten Ich gegen die Trauer anzukämpfen. Ich erzählte mir Witze. Eine Schnecke kommt in eine Bar, der Barmann wirft sie raus. Vierzehn Tage später kommt die Schnecke wieder angekrochen und fragt: »Warum haben Sie das gemacht?« Ich sagte alle Gedichte auf, die ich konnte, und das waren eine Menge. Ich hatte mir nämlich immer wieder welche eingeprägt, nachdem es mir gelungen war, Markey damit zu beeindrucken, dass ich gleich in der ersten Woche unserer T. S. Eliot-Phase »Portrait of a Lady« und »Marina« auswendig lernte.
    Aber ich fühlte mich jeden Tag schwächer – durch die Kälte und den tagelangen grauen Regen und die endlosen, finsteren Nächte, in denen die Natur verrückt spielte und es überall krachte und heulte und stöhnte. Ich war der Welt abhandengekommen.
Ich konnte der Kälte nicht lange entrinnen, ich musste mich ihr aussetzen und hinuntergehen, um das Feuer zu schüren. Ich musste Brennmaterial beschaffen. Es gab zwar Licht und fließendes Wasser, aber mit dem bisschen Strom, das ich hatte, konnte ich keinen elektrischen Heizkörper und keine Heizdecke betreiben. Und natürlich auch keine elektrische Kochplatte. Deshalb kochte ich immer noch mit Campinggas oder auf dem Kaminherd. Ich machte mir ein Spiegelei und legte es zwischen zwei Brotscheiben. Das war die am schnellsten zubereitete warme Mahlzeit, die es gab. Mit dem Hund rannte ich zur Hintertür hinaus, und wir beeilten uns beide bei der Erledigung unserer Geschäfte, doch die Kälte raubte mir blitzschnell das kleine bisschen wohlige Wärme, das sich unter meiner Hose und Strumpfhose angesammelt hatte. Und wenn meine kleine Hündin wieder zu mir gerannt kam, zitterte sie, und ich zitterte auch, während ich mit steifen Fingern versuchte, die vielen Kleiderschichten wieder hochzuziehen.
    Zurück im Haus, spürte ich immer noch, wie vom Fell des Hundes die Kälte abstrahlte. Ich dachte viel an die Männer, Frauen und Kinder, die um diese Jahreszeit im Steinbruch gearbeitet hatten. Meine arme Mutter! Und sie hatten damals nicht einmal elektrisches Licht. Und schon fing ich wieder an zu weinen. Mein Hund dachte bestimmt, ich hätte einen

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