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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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Eimer Wasser hinter den Augen.
    Dann unternahm ich einen erneuten Versuch, dem Sumpf der Verzweiflung zu entkommen.
    Ich rief den Tierarzt. Gemeinsam schafften wir es, die kleine Hündin so festzuhalten, dass er ihr eine Beruhigungsspritze geben konnte. Und dann nahm ich meine kleine Freundin mit nach Kilbride. Ich versuchte, ihr zu helfen, sich dort zurechtzufinden.
    Weil ich so mit ihr beschäftigt war, bemerkte ich Leo kaum. Mir fiel nur auf, dass das Haus freundlich und einladend wirkte,
aber gleichzeitig irgendwie anders. Das Telefon klingelte andauernd für ihn, und im Kühlschrank hatte er ein backsteingroßes Stück echten Parmesankäse, den sein Freund Enzo ihm aus Italien mitgebracht hatte und den er über die Pasta rieb.
    Doch selbst Leo, der sich schon immer konsequent von Tieren fernhielt, wirkte nach vier Tagen ziemlich bestürzt. Und ich wollte nie wieder im Leben ein Tier sehen, das so unglücklich war wie meine kleine Hündin hier in der Stadt. Sie kroch auf dem Bauch durch den Garten, bis zum Schuppen, blieb dort liegen und rührte sich nicht mehr vom Fleck. Sie weigerte sich zu fressen und zu kacken. Selbst am vierten Abend zuckte sie noch vor Schreck zusammen, wenn irgendwo eine Autotür zugeschlagen wurde oder auf der anderen Seite der Gartenmauer etwas mit Motor vorbeifuhr. Und Bell hatte plötzlich Angst vor ihr, obwohl die beiden doch in Stoneytown friedlich miteinander ausgekommen waren.
    Ich ließ ihr also wieder eine Beruhigungsspritze geben und fuhr zurück nach Milbay. Ein paar Tage lang behielt ich sie Tag und Nacht im Auge. Ich war sauer auf mich selbst, dass ich ihr solche Qualen zugemutet hatte.
    Aber trotzdem konnte es so nicht weitergehen. Ich rief wieder den Tierarzt, damit er sie in den Hundezwinger Bide-a-Wee in Milbay brachte. Es dauerte keine Stunde, da war sie schon über eine Mauer geflohen, über die in zwanzig Jahren noch kein einziger Hund gesprungen war, obwohl die meisten viel größer waren als sie, wie mir die Pflegerin berichtete. Wir brauchten einen halben Tag, um sie zu finden. Sie kauerte unter einer Hecke und fror.
    Die Tierpflegerin meinte, dieser Hund sei für das Zwingerleben nicht geeignet. Vielleicht müsse ich sie einschläfern lassen.
    Nicht lange danach kam mir plötzlich ein zündender Gedanke. Ich hatte eine Schlaftablette genommen, war aber trotzdem
sehr unruhig und konnte nicht geradeaus denken. Ich fragte mich, ob es nicht in der Hafengegend von Milbay, dort, wo früher die Hütte gestanden hatte, einen Menschen geben könnte, der für meinen Hund sorgen würde. Vielleicht sagte jemand zu mir: »Ach, lassen Sie die Kleine doch hier. Hier fühlt sie sich bestimmt wohl, und sie ist in Sicherheit.« Ich fuhr durch den grauen Regen. Der Hafenaufseher ließ mich auf den Kai fahren, ich folgte der engen Straße, zwischen haushohen Container-Stapeln hindurch, bis an die Stelle der ehemaligen Hütte. Es gab kein Gras mehr, keinen Strand. Nur einen Damm aus Beton. Außer dem Aufseher war kein Mensch da. Der Aufseher war jung, und es war ihm vollkommen gleichgültig, ob ich lebte oder nicht, und mein Hund war ihm noch viel gleichgültiger.
    Also fuhren wir zurück zum Milbay Point und nahmen unser altes Leben wieder auf. Es war immer noch extrem kalt, doch das Wetter beruhigte sich, und häufig schien sogar die Sonne. An manchen Tagen war es draußen wärmer als im Haus. Dann zog ich nachmittags mehrere Pullover übereinander, wickelte mir drei Schals um den Hals, zog zwei Paar Socken in die Stiefel und setzte mich auf die Bank vor der Haustür, um zu lesen. Nach dem Bett auf dem Speicher kam ich mir dort vor wie in Las Vegas. Oft spielte in dem Hotel flussaufwärts die Musikkapelle. Anscheinend begann bei Winterhochzeiten der Tanz immer schon um drei. Ich liebte die Musik, die sie spielten: »The Tennessee Waltz« und »The Rose of San Antone« und »Twentyfour Hours from Tulsa«. Ach, Amerika, deine Lieder! So eine herrliche Welt der gebrochenen Herzen.
    Ich konnte zuhören und gleichzeitig meinen Proust lesen und mit den Menschen im Buch lachen und weinen, als gehörte ich zu ihnen – als würde der Erzähler, wenn ich bei einer der Soireen auftauchte, gleich wissen, wer ich war. Ich las so leichtgläubig wie ein Kind. Zum Beispiel war ich, sozusagen stellvertretend für den Erzähler, ganz erschrocken, als dieser erfuhr,
dass Albertine »wilde Sehnsucht« nach Frauen empfand, wie Andrée es ausdrückte – obwohl ich die Stelle schon zum dritten Mal las

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