Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
tut ihm gut, und mir tut es auch gut, und es tut Bell gut. Und überhaupt dem ganzen
Haus. Nein, ich will einfach hierbleiben, bis mir etwas anderes einfällt.«
Schließlich überredete ich ihn, für mich nach Milbay zu fahren, um bei den Stromwerken vorbeizuschauen und um in der Bibliothek über die Fernleihe Prousts Roman Jean Santeuil zu bestellen, falls ich mit Auf der Suche nach der verlorenen Zeit fertig wurde. Dann hatte ich nämlich nichts mehr zu lesen.
Es war Ebbe. Ein stiller, kalter Nachmittag, alles erleuchtet von den Strahlen der tief stehenden Sonne. Als ich Andy wieder die Tür öffnete, kam er mit einem Sack Kohlen in den Armen hereingestolpert, und auf dem Kohlensack thronte noch eine Kiste mit Lebensmitteln.
»Setz schon mal Wasser auf«, keuchte er. »Die Bibliothek hatte heute leider nur den halben Tag geöffnet. Aber der Typ von den Stromwerken ist auf dem Weg hierher – er will sich alles anschauen, weil er mir einen Gefallen schuldet. Ich habe ihm gesagt, dass ich dich nicht überreden kann, von hier wegzugehen, aber ohne Strom ist es unmöglich hier, und da meinte er, vielleicht findet er eine temporäre Lösung, mit einer Art Sozialklausel oder so.«
Ich erwartete, dass Andy wie sonst immer herumwerkeln würde, aber ihm war sehr wohl bewusst, dass wir voraussichtlich nur noch ein paar Minuten für uns hatten. Also stellte er die Kiste mit den Lebensmitteln in die Küche und schaute mich an. Fast hätte ich ihn gebeten, nichts zu sagen, weil sein Gesicht so angespannt war vor lauter Konzentration.
»Ich weiß, dass du denkst, ich sollte mit Pearl nicht so weit wegfahren«, begann er.
»Da bin ich vermutlich nicht die Einzige, die das denkt«, murmelte ich.
»Was die anderen denken, ist mir egal«, sagte er, und ich konnte sehen, dass er das ehrlich meinte. »Aber bei dir …«
Klopf, klopf!
Der Strom-Mann stand in der Tür. Grinsend und überaus attraktiv in seinem dicken Schaffellmantel. Es war der Ingenieur, der Mann mit den braunen Augen und den gut frisierten Haaren, der mich im Frühjahr abgewimmelt hatte.
»Meine Güte!«, rief er. »Hier hat man ja die beste Aussicht von ganz Irland!«
Ich hatte mir seit gestern das Gesicht nicht mehr gewaschen. Und bei meinen Haaren lag die letzte Wäsche noch viel länger zurück.
»Da! Sehen Sie mal!«
Auf dem felsigen Ufer unten bewegte sich etwas. Ah – Robben! Auf den schwarzen Felsen saßen drei Robben. Sie waren herausgekommen, um sich zu sonnen, auch wenn die Strahlen nicht besonders viel Kraft hatten. Eine große Robbe und eine mittelgroße. Und ein Robbenbaby, das auf seinem eigenen flachen Felsen lag und ruhig sein weißes Gesicht vom Vater zur Mutter und von der Mutter zum Vater drehte. Einen Augenblick lang war ich ganz ergriffen von diesem Bild einer Familie, in der das Kind geborgen ist in der Gegenwart beider Eltern.
Der Hund stand auf der Schwelle und zitterte vor Erregung. Er beobachtete die Robben mit höchstem Misstrauen, war aber andererseits nicht bereit, uns Menschen unbeaufsichtigt zu lassen.
»Robben bedeuten Glück«, sagte Andy. »Nicht wahr – äh, Aidan? – stimmt’s?«
»Stimmt, ich heiße Aidan, und ja, Robben bringen Glück.« Er wandte sich zu mir und schüttelte mir leutselig die Hand. »Schön, Sie kennenzulernen. Wir sind uns schon mal begegnet, glaube ich. Sie sind doch die Enkeltochter des Steinbruchmanns, oder? Wenn ich mich richtig erinnere, sind Sie wegen des Hauses ins Büro gekommen, aber das war, bevor die Leitungen
für die Tiere verlegt wurden. Also gut – wer zeigt mir das Gelände?«
Die beiden Männer gingen nach draußen, um die Pumpe zu begutachten. Ich blieb eine Weile im Türrahmen stehen. Ein letzter Lichtschimmer erhellte den Horizont, aber die Felsen, auf denen die Robben gelegen hatten, hatten sich bereits in ein finsteres Schattenreich verwandelt. Fröstelnd schloss ich die Tür und setzte Wasser auf.
Aidan, der Strom-Mann, gab missbilligende Geräusche von sich. »Das friert bestimmt ein«, sagte er zu Andy.
Der Hund trottete vergnügt hinter den beiden Männern her, die jeden Schalter und jede Steckdose begutachteten, drinnen und draußen, vom Dachboden bis zur Scheune, und bald war der Staub auf dem Boden vor dem Küchenherd voller Pfotenund Fußabdrücke.
Aidan zog seinen Mantel aus, als er sich an den improvisierten Türtisch setzte, um einen Tee zu trinken. Ich hatte Früchtekuchen anzubieten, aus Pearls Schätzen.
Der Körper ist das Entscheidende, dachte
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