Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
verwenden würden.«
»Wärst du so nett und würdest mir sagen, wie du es geschafft hast, so dünn zu werden, wenn du doch …«
»Ich glaube, bei unserem Picknick habe ich das letzte Mal richtig Appetit gehabt. Ich weiß, ich habe abgenommen – meine Jeans sitzen so locker -, aber ich muss dir etwas sagen, Tessie, und ich wette, das hast du noch nie von einer Frau gehört: Ich freue mich überhaupt nicht darüber. Ich würde gern jedes einzelne Pfund wieder zunehmen oder sogar noch mehr, wenn es bedeutet, dass ich wieder so gierig und lebenslustig bin wie vorher.
Ich habe nämlich in den letzten Monaten eine Ahnung davon bekommen, wie es ist, wenn man das Interesse am Leben verliert, und das hat mir gar nicht gefallen. Das muss eine spezifische Gefahr der mittleren Jahre sein, dass man vielen Dingen gegenüber gleichgültig wird, weil man aus der Welt herausfällt, in der man umworben wurde und umworben hat. Man muss sich bemühen, die Verbindung zur eigenen Sinnlichkeit nicht zu verlieren und …«
»Rosie Barry!«, unterbrach mich Tess empört. »Gibt es irgendetwas auf der Welt, was dich nicht an Sex denken lässt?«
»Ach, komm, Tess, sei doch nicht so provinziell. Sinnlichkeit ist nicht das Gleiche wie Sex. Es ist ein Gefühl. Sinnlichkeit heißt, dass einem bestimmte Empfindungen so gut gefallen, dass man sie bewusst sucht.«
»Und zu diesem Schluss haben dich die Kartoffelpuffer gebracht?«
»Billiger Sarkasmus bringt uns nicht weiter«, sagte ich ohne Vorwurf. »Ich glaube, die Gier ist ein starkes Band. Gier im Sinn von Appetit. Gier kann ein Paar zusammenhalten. Ein Paar, bei dem beide Partner gierig sind, kann gemeinsam Mahlzeiten planen und sich über Restaurants unterhalten. Manche Paare haben doch überhaupt nichts, worüber sie sich unterhalten können.«
»Ich bin mir nicht so sicher, ob ich deiner Analyse zustimme«, entgegnete Tess. »Peg und Monty essen beide für ihr Leben gern, aber das hat Monty nicht daran gehindert, mit einer Jüngeren abzuhauen, die so aussieht, als hätte sie in ihrem Leben noch nie eine richtige Mahlzeit zu sich genommen.«
»Wie geht es Peg?«
»Gar nicht gut. Sie kann es nicht fassen.«
Ich beobachtete Tess, wie sie nun doch das Rührei aß, das ich mit Sauerampfer und ein bisschen wildem Thymian gewürzt hatte.
»Das ist das beste Rührei, das ich je gegessen habe«, schwärmte sie.
»Hab ich’s dir nicht gesagt? Manche Paare können sich nur übers Essen unterhalten.«
Sie schaute unschuldig hoch. »Was hast du eigentlich?«, fragte sie. »Warum redest du solchen Quatsch?«
»Andy war neulich hier.«
Tess wurde rot. »Ach, deshalb redest du über Paare. Ich hab’s doch gewusst, dass zwischen euch etwas ist.«
»Zwischen uns ist nichts. Das habe ich dir schon gesagt. Zwischen uns war auch nie etwas. Ganz im Gegenteil.«
»Was soll das heißen, ganz im Gegenteil?«
Ich fasste über den Tisch und nahm ihre Hand. »Er hat mich gebeten, es dir zu sagen«, begann ich sehr ernst. »Er geht nach Laos, weil er dort gebraucht wird, und er muss Pearl mitnehmen, weil er Angst hat, sie alleine hier zurückzulassen. Das ist alles, was er mit Worten ausgedrückt hat. Aber dann hat er noch zu mir gesagt: ›Sag es Tess.‹ Und das war irgendwie anders. Ich kann es nicht richtig beschreiben. Er wollte noch mehr sagen. Aber du kennst Andy ja – er bringt die Sachen einfach nicht über die Lippen.«
»Was für ›Sachen‹ meinst du?« Ihr Gesicht war jetzt feuerrot.
»Das weiß ich nicht.«
Ich wollte nicht lügen. Wenn Tess und Andy sich zusammentaten, dann würden sie es sowieso herausfinden. Aber ich war bereit, Andeutungen zu machen.
Mein ganzes Leben hatte ich Hugh Boodys Angebot, ob ich nicht seine Geliebte werden wollte, für mich behalten. Klar, mich traf keine Schuld – ich hatte ihn nicht provoziert, und ich hatte ihn zurückgewiesen -, aber trotzdem war ich schuldig. Offenbar hatte ich irgendetwas an mir gehabt, was ihn anzog. Und zweitens hatte er geahnt, dass ich nicht empört reagieren würde. Vielleicht hätte ich Tessa davon erzählen sollen. In dem Punkt war ich mir unsicher. Aber wenn ich ihr half, Andy für sich zu gewinnen, dann konnte ich in gewisser Weise die Sache mit Hugh wiedergutmachen.
Es war nicht das erste Mal, dass Tess spürte, was ich dachte.
»Mir ging es bis jetzt eigentlich immer gut«, sagte sie. »Ich habe gedacht, Hugh Boody reicht mir fürs ganze Leben, weil wir so glücklich miteinander waren. Aber inzwischen würde
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