Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
Gartenzentrum gefahren und pflanzten jetzt hinten im Garten zarte Petunien in die alte Zinkbadewanne.
»Das machen wir alles für Min«, sagte ich. »Aber wenn ich es ihr am Telefon erzähle, sagt sie bestimmt nur: ›Nett von dir, Rosie.‹ Ich glaube, sie hat überhaupt kein Heimweh, höchstens, wenn ich ihr von Bell erzähle. Und wenn ich über Speck rede. Oder über frisch gebackenes Brot. Neulich habe ich erwähnt, dass auf dem Tisch ein frischer Brotlaib liegt, und da hat sie gesagt, sie muss sofort zu ihrem Boss, um mit ihm über Brot zu reden. Eigentlich sollte man doch annehmen, dass eine Frau, die ihr ganzes Leben lang nie von zu Hause weggekommen ist, wahnsinnig Heimweh hat. Wozu soll das alles denn sonst gut gewesen sein?«
Bell hatte irgendwo in der Sonne gedöst, aber sobald sie ihren Namen hörte, sprang sie auf die Mauer.
»Tut mir leid, Kätzchen«, murmelte ich. »Ich kann nichts dafür, dass ich nicht dein richtiges Frauchen bin.«
»Die Menschen verändern sich«, sagte Tess. »Ich habe immer gedacht, ich würde niemals aus meiner alten Wohnung ausziehen wollen, und jetzt fühle ich mich so wohl in dem Stadthaus.
Im Moment überlege ich mir, ob ich Eichenparkett verlegen lasse statt dem Laminat. Eiche kriegt man in Belfast ganz billig.«
»Min wohnt in New York aber nicht in einem Stadthaus«, entgegnete ich. Ich sah das Hostel Estrellita vor mir: »Das Fenster in ihrem Zimmer geht nur oben auf, und das Bett ist höchstens neunzig Zentimeter breit. In einer Nische beim Bett steht eine Lampe, aber die ist festgeschraubt. Ich habe zu ihr gesagt: ›Mein Gott, Min, da finden wir doch bestimmt was Besseres für dich‹, aber sie sah total glücklich aus, wie ein Kind, das gerade seine Weihnachtsgeschenke auspackt. Also habe ich ihr vorgeschlagen, wenigstens noch ein paar Sachen zu kaufen, woraufhin sie mir erklärt hat, dass eine Freundin von Luz bei KMart arbeitet und Prozente kriegt. Sie wollte mich einfach loswerden, damit sie ihr neues Leben ohne mich anfangen kann. Du hättest sie nicht wiedererkannt, Tess. Ich weiß, dass die Menschen sich verändern – wenn sie jung sind. Vielleicht auch noch in den mittleren Jahren. Aber man rechnet doch nicht damit, dass sie sich so verändern, wenn sie alt sind!«
»Kommt drauf an«, sagte Tessa vorsichtig. »Nelson Mandela war zum Beispiel schon über achtzig, als er diese Witwe aus Mosambik geheiratet hat – wie heißt sie gleich …«
»Ja, stimmt. Aber heiraten ist keine sooo riesige Veränderung. Jedenfalls nicht im Vergleich zu dem, was Min macht. Eine Rentnerin mit einem Alkoholproblem fliegt nach New York und sucht sich einen Job und ein Zimmer. Und außerdem – ich glaube gar nicht, dass Min sich verändert hat. Ich werde irgendwie das Gefühl nicht los, dass das, was sie jetzt tut, ihr genau entspricht«, fügte ich noch hinzu, obwohl ich wusste, dass Tess immer extrem vernünftig war – schon der Gedanke, dass die menschliche Persönlichkeit ein Rätsel sein könnte, passte ihr bestimmt überhaupt nicht in den Kram.
»Ach, Rosie!« Tess wollte es wirklich nicht hören. »Du ertrinkst noch in Selbstmitleid.«
»Nein, ich bin einfach nur total durcheinander«, widersprach ich ihr. »Ich frage mich dauernd: Darf ich das alles vielleicht gar nicht so ernst nehmen? Oder stimmt was nicht mit mir? Niemand hat uns je erklärt, wie diese Zwischenphase im Leben aussehen soll, oder? Deshalb weiß ich eigentlich auch nicht, was ich in dem Buch schreiben soll, das ich mit Markey plane.«
»Du lieber Gott!«, stöhnte sie. »Mit Markey! Mit dieser alten Trantüte!«
Als ich Tessa kennenlernte, arbeiteten wir beide in der Buchhandlung. Tess war damals schon eine tolle Frau, während Markey ein schlaksiger, schwächlicher, konfuser junger Mann war, der einen Job in der Nationalbibliothek hatte und mit einem Damenfahrrad durch die Gegend fuhr.
»Die Menschen verändern sich«, entgegnete ich. »Das hast du doch gerade selbst gesagt.«
»Ja, klar. Aber die anderen vergessen nicht, wie sie früher waren. Es ist mir völlig egal, selbst wenn er jetzt Gottvater persönlich ist – ich müsste trotzdem immer, wenn ich ihn sehe, an den ollen Regenmantel denken.«
Vielleicht sollten wir lieber das Thema wechseln.
»Sie konnte nicht gut kochen. Min, meine ich. Sie hatte einfach keine Begabung dafür.«
»Ja, und wenn sie drüben bei Reeny war, haben die beiden immer irgendein Kind, das gerade vorbeikam, zu sich gerufen und gesagt, es soll für sie
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