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Dunkle Tage

Dunkle Tage

Titel: Dunkle Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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Eindruck es gemacht hat, dass du einfach weggeblieben bist, kannst du dir wohl vorstellen!“
    Diana war für ihre Verhältnisse früh aufgestanden und entsprechend schlecht gelaunt. „Ich habe an einer Tagung teilgenommen! Sollte ich vielleicht sagen: Tut mir Leid, blast die Versammlung ab, schickt die angereisten Wissenschaftler wieder nach Hause, mein Onkel hat sich leider einen unpassenden Zeitpunkt zum Sterben ausgesucht?“
    „Rede nicht so leichtfertig daher!“
    „Diese Tagung gestern hat über die Zukunft der Wissenschaften entschieden und damit auch über meine!“
    „Schlag dir endlich diese fixe Idee aus dem Kopf! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass dich irgendjemand anstellen wird? Frauen gehören nicht in die Wissenschaft, dazu braucht man Logik und analytischen Verstand, etwas, das Frauen – und dir ganz besonders! – abgeht.“
    „Du redest von Dingen, von denen du nichts verstehst!“
    „Mäßige deinen Ton, junge Dame! Noch lebst du in meinem Haus.“
    „Nicht mehr lange!“
    „Was soll das nun wieder heißen?“
    „Genau das, was ich gesagt habe. Oder kann dein analytischer Verstand keinem einfachen Satz folgen? Ich ziehe aus.“
    „Du ziehst aus?“, fragte Käte nicht sehr intelligent.
    „Du scheinst nicht das geringste Gefühl für Anstand zu haben. Eine junge Frau, die allein wohnt! Was sollen die Leute denken?“
    „Wer sagt, dass ich allein wohne?“
    „Nicht allein? Aber mit wem …?“, stotterte Käte.
    „Ich ziehe zu Hendrik Lilienthal. Das ist der Herr, der im Hintergrund saß, als der Kommissar uns verhört hat.“
    „Du ziehst zu einem Mann?“ Zum ersten Mal verlor Hermann seine Selbstsicherheit. „Das ist … ungeheuerlich!“
    „Ja, nicht?“ Es bereitete Diana Genugtuung, ihren Onkel sprachlos gemacht zu haben. „Du kannst also froh sein, dass du mich loswirst. Was werden nur deine Freunde sagen? Eine Frau, die selbstständig denkt! Da werden sie sich ganz schön was zu Grunzen haben, wenn sie sich gegenseitig die Läuse aus dem Pelz zupfen!“ Erhobenen Hauptes stürmte sie hinaus.
    Friedrich folgte ihr kurz darauf in ihr Zimmer und lachte Tränen. „Mein Gott, Hermanns Gesicht war unbeschreiblich!“
    „Ist er noch da?“
    „Nicht mehr. Er hat einen Monolog über den Verfall der Sitten im Allgemeinen und den deinen im Besonderen gehalten, dann musste er los, um das Ausmaß des Streiks in der Fabrik in Augenschein zu nehmen. Die Arbeiter tun mir jetzt schon Leid. So wütend habe ich ihn lange nicht mehr erlebt.“
    „Und du? Findest du auch unmöglich, was ich tue?“
    „Unmöglich? Nein. Typisch für dich, das ja. Und ein wenig … leichtsinnig. Ich meine, du ziehst zu einem Mann, den du nicht kennst … den du kaum gesehen hast … Wann hast du dich in ihn verliebt, Vivace?“
    „Ich habe mich nicht in ihn verliebt.“
    „Nicht? Aber …?“
    „Wir sind Freunde. Oder werden es zumindest, hoffe ich.“ Stimmte das? Ja, entschied sie. Sie fand Hendrik durchaus attraktiv, aber es war eine andere Art von Magnetismus, die sie zu ihm zog.
    Friedrich sah seine Nichte mit einem mitleidigen Ausdruck an. „Freundschaft zwischen Mann und Frau? Eine originelle Art, jemandem den Hof zu machen. Glaub mir, Vivace, vielleicht hat dieser Lilienthal ja ehrenwerte Absichten, ich kenne ihn schließlich nicht, aber jeder Mann will von einer Frau in erster Linie … sagen wir: Wärme.“
    „Sprich du ruhig für dich! Du wirst lachen, aber nicht jeder Mann hat deinen Charakter.“
    Er war nicht gekränkt. „Ich werde keinen Versuch machen, dich von deinem Entschluss abzubringen, dazu kenne ich dich zu gut. Und ich finde, jeder muss seine eigenen Erfahrungen sammeln. Ich wünsche dir jedenfalls Glück und hoffe, dass du nicht auch mit mir brichst, wenn du dieses sinkende Schiff verlässt.“
    Sie ergriff seine Hand. „Du bist der Einzige, der meinen Aufenthalt hier erträglich gemacht hat. Ich lade dich ein, wenn ich mich in meinem neuen Zuhause eingerichtet habe.“
    Er zögerte eine Sekunde. „Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass die Zuneigung, die dieser Lilienthal dir zeigt, nur vorgetäuscht sein könnte, um intime Details über unsere Familie in Erfahrung zu bringen? Sei vorsichtig, was du ihm erzählst, Vivace! Immerhin ist er von der Polizei.“
    „Ist er nicht. Sein Bruder ist Kommissar. Er selbst ist Professor für Philosophie.“
    „Was hatte er dann hier zu suchen?“
    „Sein Bruder hat ihn wegen irgendwelcher Briefe an Onkel Max

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