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Dunkle Tage

Dunkle Tage

Titel: Dunkle Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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benutzt wurde, haben irgendeinen brauchbaren Hinweis geliefert. Auch die Schriftprobenanalyse hat uns nicht weitergebracht. Ich habe Edgar zum Postamt geschickt, in dem das Päckchen aufgegeben wurde. Keiner der Postbeamten kann sich an irgendwas erinnern. Kaum verwunderlich, es handelt sich um ein stark frequentiertes Amt. Außerdem wird der Absender seine Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben, um nicht erkannt zu werden.“
    „Also eine Sackgasse.“
    „Ich fürchte, ja.“ Gregor sah Diana forschend an. „Sie haben bisher noch gar nichts zur Untersuchung beigetragen. Wie steht es denn mit Ihren Erkenntnissen?“
    „Was die Broschecks angeht, so habe ich herausgefunden, dass mein Onkel ihre Wohnung schon einmal zwangsräumen ließ.“ Sie berichtete von dem Gespräch mit Mathilde Selchow. „Außerdem habe ich die Arbeitsräume meines Onkels in der Fabrik durchforstet, konnte aber zugegebenermaßen nichts finden, was uns weiterhilft. Dafür bin ich sicher, dass meine Tante etwas verheimlicht.“
    Hendrik nutzte das Stichwort. „Um hinter dieses Geheimnis zu kommen, ist Diana geradezu prädestiniert. Da kann sie viel mehr ausrichten als die Polizei.“
    „Vielen Dank für eure Mithilfe, aber das reicht jetzt. Das gilt auch für dich, Hendrik. Ich entbinde dich von deinem Versprechen, mir Auskunft über die Zitate zu geben.“
    „Zu spät. Die ich rief, die Geister …“
    „Das war keine Bitte, sondern ein Befehl.“
    „Du kannst mir nicht verbieten, zur Universität zu gehen, und du wirst Diana nicht daran hindern, sich im Haus ihrer Familie aufzuhalten.“
    „Es war offensichtlich ein Fehler von mir, dich da hineinzuziehen“, sagte Gregor und stand auf. Er war ernstlich wütend. „Du solltest etwas mehr Vertrauen in die Kriminalpolizei haben. Unsere Fachleute arbeiten mit den modernsten naturwissenschaftlichen Methoden. Amateure richten bloß Schaden an.“
    „Sei unbesorgt! Auch ich halte mich an Fachleute: Aristoteles, John Stuart Mill …“
    „Ich habe verstanden“, sagte Gregor, ergriff seinen Mantel und verließ die Wohnung ohne ein weiteres Wort.
    „Tut mir Leid, dass ihr euch zerstritten habt“, meinte Diana.
    „Er musste ein bisschen Dampf ablassen, das kommt schon wieder in Ordnung. Gregor ist nicht nachtragend. Ich besuche ihn morgen oder nach dem Wochenende in seinem Büro und renke alles wieder ein.“ Hendrik grinste. „Außerdem ist er selbst Schuld. Er sollte es besser wissen, schließlich habe ich es schon als Kind gehasst, wenn er als Älterer versucht hat, mir Befehle zu erteilen.“
    „Und was sind nun die Methoden deiner Fachleute?“
    „John Stuart Mills System der induktiven und deduktiven Logik , das Organon von Aristoteles und dergleichen mehr.“ Er rieb sich vergnügt die Hände. „Wollen doch mal sehen, ob ein paar olle Philosophen es nicht mit den Kriminalisten aufnehmen können!“
14
    Hendrik schlief schlecht diese Nacht und wachte zwischendurch immer wieder auf. Dann lag er in seinem Bett, starrte die Decke an und fragte sich, ob nach anderthalb Jahren der Traum eines demokratischen Staates auf deutschem Boden schon wieder ausgeträumt sein sollte.
    Um fünf stand er auf und setzte sich an seinen Schreibtisch, doch alles, was er zustande brachte, waren gedankenverlorene Kritzeleien, die seine düstere Stimmung widerspiegelten.
    Um halb sieben, als es hell zu werden begann, hielt er es nicht länger aus, zog sich an und begab sich zu Fuß Richtung Stadtmitte. Er war nicht der Einzige, der unterwegs war, um sich Gewissheit über den Putsch zu verschaffen. Überall begegneten ihm Leute, manche bedrückt und besorgt, viele hoffnungsfroh.
    Als er wenige Minuten nach sieben frierend den Pariser Platz erreichte, waren die Döberitzer Truppen unter den Augen einer dicht gedrängten Menge soeben dabei, mit Musikbegleitung durch das Brandenburger Tor in die Stadt einzumarschieren, um anschließend das Regierungsviertel zu besetzen. Menschen jubelten ihnen zu und schwenkten schwarz-weiß-rote Fahnen. Einige übergaben den Soldaten Geschenke. Diejenigen, die dem verbrecherischen Unternehmen feindselig gegenüberstanden, schwiegen. Hendrik erkannte den kahlen Schädel des einstigen Polizeipräsidenten Traugott von Jagow an der Spitze der Soldaten. Er sah nicht so aus, als versuche er, dem Putsch Einhalt zu gebieten. Es sei denn, er verwechselte die Richtungen.
    Einige der Soldaten trugen am Stahlhelm das Hakenkreuz, ursprünglich ein Sonnenzeichen asiatischer Herkunft. Was

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