Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
Dante den Kopf. »Vielleicht braucht es keinen Alleinherrscher. Aber darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht, denn ich habe nicht damit gerechnet, dass ich mich tatsächlich einmal gegen meinen Vater stelle.«
»Ich vertraue Euch nicht, Prinz«, zischte Pyras Vater und hielt die Schwertspitze bedrohlich auf Dante gerichtet.
Pyra fletschte die Zähne und richtete seinen Bogen auf den grauhaarigen Mann. »Ich will nicht zwischen dir und meinem Prinzen wählen müssen.«
Plötzlich wirbelte der alte Soldat knurrend auf dem Absatz herum und rannte davon. »Ich werde Verstärkung holen, mein König!« Die massive Tür wurde aufgezogen, und er war verschwunden.
»Pyra, verriegle den Eingang!«, befahl Dante, »dann lass Jenna und Myra aus der Zelle.«
»Najade!«, brüllte Lothaire, der immer noch unter Kyrian lag, das halbe Gesicht blutüberströmt. »Du hast mir zu gehorchen! Töte die Verräter!«
Amalena regte sich nicht, sondern lehnte lässig an der Wand und inspizierte ihre Fingernägel.
Kyr lachte dunkel. »Siehst du, du hast keine Verbündeten, weil du nie deine Versprechen hältst und alle nur unterjochst.«
»Einige der älteren Soldaten sind ihm treu ergeben, die sollten wir nicht unterschätzen«, warf Dante ein und half Kyrian, Lothaire auf die Beine zu ziehen und festzuhalten.
Dieser spuckte Dante ins Gesicht. »Du hast ja keine Ahnung! Du machst einen Riesenfehler! Wir brauchen eine mächtige Armee, wenn wir gegen den Feind bestehen wollen!«
Kyrian hob die Brauen. »Deine Feinde müssen nicht unsere Feinde sein.«
Während Pyra Myras Zelle aufsperrte, drängte Dante ihren Vater zu einer leeren Kammer.
»Das werden sie!«, brüllte Lothaire.
Aufatmend trat Jenna in den Gang und sah den Männern zu, wobei sie Myra zurückhielt. »Warte, bis sie ihn eingesperrt haben.«
Als Dante und Kyr Lothaire in das Verlies schubsten und die Gittertür zuzogen, rief er: »Willst du mir nicht auch die Kehle zerfleischen, Verräter?« Offensichtlich wollte er Kyrian provozieren, um die Chance auf einen Kampf zu erhalten, in der Hoffnung, sich aus der misslichen Lage zu befreien.
»Nein, aber nur aus dem einzigen Grund, weil du Jennas und Dantes Vater bist. Du wirst hier drin verrotten.«
»Dante!« Myra riss sich von ihr los und lief in die Arme ihres Bruders. Sie umarmte ihn kurz und gab ihm einen Kuss, bevor sie Kyrian um den Hals fiel, obwohl er voller Blut war. »Ich bin so glücklich, dass du lebst!«
Kyr steckte seine Nase in ihr Haar und erwiderte die innige Umarmung. Jenna war froh, die beiden zusammen zu sehen, doch die Gefahr war noch nicht vorüber. Sie würde sich erst sicher fühlen, wenn sie wieder zu Hause war.
Zu Hause … das klang so weit entfernt. In all der Aufregung hatte Jenna ihre Freundin ganz vergessen. Hoffentlich lebte sie noch. Hoffentlich gingen ihre Geschichten alle gut aus.
*
Kyrian konnte es kaum glauben, aber er hielt seine Schwester im Arm. Ihr weicher Körper fühlte sich fremd an und doch roch sie vertraut. Sie hatten sich zu lange nicht gesehen. »Ist es wahr, du bekommst ein Baby von Dante?«
»Ja.« Zitternd schniefte sie in sein Ohr. »Ich liebe ihn, auch wenn ich kurz dachte, er würde mich fallen lassen.«
Auch Kyrian hatte in einigen Momenten seine Zweifel gehabt. »Er ist ein guter Schauspieler.«
Seufzend hob sie den Kopf. »Und ein guter Mann. Ich hab dir so viel zu erzählen.«
»Später. Erst müssen wir hier rauskommen. Pyras Vater hat bestimmt schon sämtliche Burgwachen alarmiert. Sie werden uns erwarten.«
Als Myra an Dantes Seite eilte, trat Kyr zu Jenna, nur traute er sich nicht, sie zu umarmen, obwohl er nichts sehnlicher tun würde. Er war voller Blut. »Wie geht es dir?«
Jenna lächelte matt. »Ich fühle mich ein wenig erschöpft. Aber das ist egal. Hauptsache, du bist wieder gesund.« Sie sah aus, als würde sie einschlafen, wenn sie die Lider länger als drei Sekunden schloss, denn dunkle Schatten hingen unter ihren Augen und ihr Gesicht war so weiß wie die Fliesen. Außerdem wankte sie leicht.
Kyr legte einen Arm um sie und führte sie zur Zelle der Najade. »Du brauchst auch etwas von dem Wasser.«
»Moment mal!« Amalena versperrte ihnen den Weg, die Arme vor der Brust verschränkt, und zeigte ihre nadelspitzen Zähne. »Zuerst will ich zurück zu meinen Schwestern. Wir haben eine Vereinbarung.«
Kyrian konnte sich vorstellen, was sie verhandelt hatten, und sagte: »Im Augenblick müssen wir alle zusammenhalten, sonst
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