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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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dieser Aufmachung zum Abendessen erscheinen, oder? Zieh dir heute abend etwas Feines an. Diese Leute sind sehr reich und bedeutend. Ich möchte, daß du einen guten Eindruck machst.« Sie sah sich wieder im Spiegel an.
    »Dann glaubst du also, daß das alles in Ordnung ist?« fragte ich.
    »Aber selbstverständlich. Stell dich nicht an wie ein kleines Baby, Leigh. Es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis Tony damit fertig ist, und dann hat er hoffentlich etwas anderes zu tun, was seine Energien genausosehr in Anspruch nimmt.« Sie unterbrach sich, musterte mich einen Moment lang und stand dann auf, um in ihren Schmuckkasten zu sehen und die Ringe auszuwählen, die sie tragen wollte.
    Ich erhob mich langsam und ging.
    Vielleicht hatte meine Mutter Tony etwas von unserer Unterhaltung erzählt, denn bei unserer nächsten Sitzung rührte er mich nicht an. Er vertiefte sich immer mehr in seine Arbeit, und wir sprachen kaum miteinander, bis wir eine Mittagspause machten, und selbst dann war er abgelenkt und stand oft auf, um etwas auf der Leinwand zu überprüfen.
    Er brachte fast einen halben Tag mit meinen Händen und Füßen zu, musterte sie und maß sie, und häufig murmelte er vor sich hin, während er seine Zeichnungen betrachtete. Eines Nachmittags langweilte ich mich so sehr, daß ich tatsächlich ein paar Minuten lang einschlief. Falls er es bemerkt hatte, ging er nicht darauf ein. Am Ende der ersten Woche hatte er mich aus jeder Perspektive gezeichnet und gemalt.
    Allabendlich war diese Arbeit beim Essen der Gesprächsstoff Nummer eins, selbst dann, wenn wir Gäste hatten; mir fiel jedoch auf, daß Tony und meine Mutter nie erwähnten, daß ich bei dieser Arbeit nackt war.
    Ich beklagte mich kein zweites Mal bei meiner Mutter über das Modellstehen, aber ich wünschte mir immer mehr, es würde bald alles vorbei sein. Zu Beginn der zweiten Woche erklärte Tony dann, daß er jetzt mit der Skulptur beginnen und das Modell für die Puppe formen wollte. Da er sämtliche Gemälde fertiggestellt hatte, fragte ich mich, wozu er mich noch brauchte.
    »Jetzt beginnen wir mit der dreidimensionalen Arbeit«, erklärte er. »Ich brauche dich mehr denn je.«
    Er stellte die Gemälde auf einer Reihe von Staffeleien auf, um sie immer ansehen zu können, und dann machte er sich an die – wie er versprach – letzten Stadien des künstlerischen Schaffensprozesses.
    Ich verstand nicht, was er meinte, bis er mit seiner Arbeit begann. Dann fing alles wieder von vorn an. Diese ersten Male, als er meinen Körper berührt hatte, um seine Intuition als Maler anzuregen, waren nichts im Vergleich zu dem, was er jetzt tat. Nachdem er seine Arbeit mit dem Ton begonnen hatte, schien es, als unterbräche er sie alle fünf bis zehn Minuten, um zu mir zu kommen und mich abzutasten oder, wie er es nannte, »mich künstlerisch zu erfassen«.
    Er hielt meinen Kopf in seinen Händen und stand da, die Augen geschlossen, den Kopf zurückgelegt, und dann lief er wieder an seine Werkbank, um den Ton zu formen. Er fuhr die Konturen meines Gesichtes mit seinen Fingern nach, ließ sie über meinen Ohren verweilen und preßte die Fingerspitzen sacht auf meine geschlossenen Lider. Wenn ich ihm dabei aber ins Gesicht sah, entdeckte ich dort eine Intensität und Konzentration, die mich erstaunten und erschreckten, denn sein Gesicht war gerötet, und seine Augen waren weit aufgerissen.
    Die Gestalt der Puppe begann, sich auf die Weise aus dem Tonberg auf dem Tisch zu erheben, wie er den Aufstieg der Venus aus den Wellen beschrieben hatte. Ich beobachtete, wie sie Gestalt annahm. Nachdem er mit meinen Schultern fertig war, kam er auf mich zu, um meine vorstehenden Schlüsselbeine abzutasten, und seine Finger glitten zart über meinen Körper. Er mußte sich jeden Zentimeter meines Körpers noch einmal einprägen, ehe er dem Ton die entsprechenden Umrisse geben konnte.
    Als er an meinen Brüsten angekommen war, nahm ich eine steife Haltung an. Er stand vor mir und hatte die Augen wieder geschlossen.
    »Ganz ruhig«, flüsterte er. »Es klappt ausgezeichnet. Meine Finger tragen dich von hier, wo du stehst, zu der Skulptur hinüber und erschaffen dich dort aus dem Ton, genau, wie ich es gehofft hatte.«
    Er legte seine Hände auf meinen Busen, fuhr mit seinen Fingern die Umrisse nach und ließ seine Hände länger denn je auf mir liegen. Ich konnte nichts dagegen tun, daß ich wieder anfing zu zittern. Endlich nahm er seine Hände von mir und kehrte wieder zu

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