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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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ihrer Frisierkommode, gab ihrem Haar den letzten Schliff und sah mich im Spiegel an.
    »Es geht um mein Modellstehen«, sagte ich. Sie schien mir nicht zuzuhören. Ich wartete, während sie mit ein paar losen Haarsträhnen spielte. Endlich wandte sie sich zu mir um.
    »Was ist damit?«
    »Ich kann nicht weitermachen, Mama«, sagte ich und fing an zu weinen. Sie sprang auf, ging zur Tür und schloß sie eilig.
    »Was soll das heißen? Du kannst doch nicht einfach eine Szene machen. Was denkst du dir dabei? Willst du etwa, daß die Hausangestellten uns hören? Und jeden Moment können unsere Gäste zum Essen kommen. Was ist denn los?« rief sie, und ihre Stimme klang gereizt.
    »O Mama, es war schon schwer genug für mich, nackt vor Tony dazustehen, als er mich gezeichnet hat, aber als er mich dann auch noch angefaßt hat…«
    »Dich angefaßt? Wovon sprichst du, Leigh? Hör auf zu schniefen wie ein kleines Kind, und rede vernünftig.«
    Ich wischte mir eilig die Augen ab, setzte mich aufs Bett und sah sie an. Dann erklärte ich ihr schnell, was Tony mit mir getan hatte und wie er begründet hatte, was er tat. Sie hörte mir aufmerksam zu, und ihr Gesicht veränderte kaum seinen Ausdruck. Ihre Augen wurden lediglich manchmal schmaler, und ihre Mundwinkel zogen sich zwischendurch ein wenig herunter.
    »Ist das alles?« fragte sie, als ich ausgeredet hatte. Sie setzte sich wieder vor ihre Frisierkommode.
    »Ob das alles ist? Reicht das denn nicht?« schrie ich.
    »Aber er hat dir doch nichts angetan, oder? Du hast selbst gesagt, daß er sich jedesmal bemüht hat, es dir leichtzumachen.
    In meinen Ohren klingt das, als hätte er dich äußerst rücksichtsvoll behandelt«, sagte sie und wandte sich wieder ihrem Spiegelbild zu.
    »Aber, Mama, muß er mich anfassen, um mich zu malen und dieses Modell zu formen?«
    »Das ist doch verständlich«, erwiderte sie. »Ich habe einmal etwas über diesen Blinden gelesen, der wunderschöne Skulpturen angefertigt und dabei nur seinen Tastsinn eingesetzt hat.«
    »Aber Tony ist nicht blind!« wandte ich ein.
    »Dennoch versucht er nur, seine Sinne anzuregen«, sagte sie und trug Lippenstift auf. »Was ihr da tut, ist wunderbar… für euch beide. Er scheint ganz begeistert zu sein und ist so zufrieden. Um dir die Wahrheit zu sagen, Leigh«, sagte sie und drehte sich wieder zu mir um, »ehe er sich auf dieses Projekt gestürzt hat, dachte ich, er bringt mich noch um den Verstand.
    Er stand Tag und Nacht vor meiner Tür und hat meine Aufmerksamkeit für sich verlangt. Mir ist nie klargewesen, wie besitzergreifend er ist. Ein Mann wie Tony kann jede Frau zur Erschöpfung bringen, bis sie tot umfällt!« erklärte sie und lächelte. »Denk doch bloß an die Puppe und daran, was das bedeutet. Alle werden darüber reden – und über dich.«
    »Mama, ich habe mir Gedanken über die Puppe gemacht und über die Bilder, die Tony gemalt hat.«
    »Ja, und?«
    »Es geht so nicht… es ist nicht richtig.«
    »Das kann ich nicht glauben, Leigh. Ich weiß, daß Tony ein begabter Künstler ist; ich habe einige von seinen Sachen gesehen.«
    »Ich sage ja nicht, daß er kein großer Künstler ist, Mama. Er hat mein Gesicht gut gezeichnet, und das Bild sieht mir wirklich ähnlich, aber…«
    »Aber? Aber was? Du redest unverständliches Zeug, und wir müssen uns zum Abendessen zurechtmachen«, schnitt sie mir das Wort ab, und ihr Gesicht verzerrte sich vor Wut.
    »Der Rest von mir sieht nicht nach mir aus, sondern nach dir!« gestand ich. Sie starrte mich einen Moment lang an. Die Erleichterung spülte wie eine Woge über mich hinweg.
    Endlich verstand sie, warum ich außer mir war. Doch plötzlich lächelte sie.
    »Das ist ja wunderbar«, erklärte sie. »Einfach großartig.«
    »Was?«
    »Wie geschickt. Er vereint uns beide miteinander in diesem wunderbaren neuen Kunstwerk. Aber schließlich war das wohl nicht anders zu erwarten – der Mann ist absolut besessen von mir. Er denkt Tag und Nacht nur an mich«, sagte sie und spielte mit ihrem Haar. Dann drehte sie sich wieder zu mir um.
    »Das darfst du ihm nicht vorwerfen, Leigh. Er kann ganz einfach nichts dagegen tun. Jetzt kannst du sicher verstehen, warum ich manchmal fortlaufe und warum er Ablenkung braucht. Es ist so schwierig für eine Frau, wenn ein Mann buchstäblich den Boden anbetet, den sie betritt.« Sie seufzte.
    »Manchmal wünschte ich, er wäre deinem Vater ähnlicher.«
    Sie sah auf ihre diamantene Uhr. »Du willst doch nicht etwa in

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