Dunkle Umarmung
etwas.«
»Ich komme mit«, bot er an. Er wartete, bis ich mir das Gesicht gewaschen und die Tränenspuren von den Wangen geschrubbt hatte. Ich fuhr mir mit der Bürste durchs Haar, nahm Troy an der Hand und wollte gerade mit ihm fortgehen, als mein Telefon läutete. Es war mein Vater.
»Leigh, leg bitte nicht auf«, sagte er sofort, und das war auch wirklich mein erster Gedanke gewesen. »Bist du bereit, mir zuzuhören?« fragte er, als ich nichts darauf erwiderte.
»Ja. Ich werde dir zuhören, Daddy.«
»Es tut mir leid, es tut mir wirklich schrecklich leid, daß ich nicht sofort nach meiner Rückkehr zu dir gekommen bin, und es tut mir auch leid, daß ich dir die Neuigkeit meiner Heirat in dieser Form beigebracht habe. Das war äußerst unbedacht von mir, und ich möchte mich bei dir entschuldigen. Mildred ist außer sich über die Ereignisse. Sie hat sich so sehr gewünscht, daß du sie magst. Wirklich, Leigh. Das glaubst du mir doch, oder nicht?« fragte er.
»Ja, Daddy«, sagte ich trocken.
»Mildred sagt, daß alles, was dir in diesem letzten Jahr zugestoßen ist, dich überfordert hat. Sie ist sehr klug. Sie hat selbst eine Tochter und einen Sohn. Ich hoffe, du wirst die beiden schon bald kennenlernen.«
Als ich nichts darauf sagte, fuhr er fort.
»Ich würde dich ja bitten, mit uns nach Maine zu kommen, aber…«
»Ich kann nicht nach Maine fahren, Daddy. Ich stehe Modell für ein neues Spielzeug von Tatterton Toys, eine Puppe«, sagte ich, »und das kostet mich sehr viel Zeit.«
»Ach?«
»Ich hätte dir alles darüber erzählt, wenn wir allein miteinander gewesen wären«, meinte ich giftig.
»Du hättest beim Mittagessen darüber reden können. Mildred ist jetzt meine Frau, und sie will dir auch eine Mutter sein.«
»Ich habe schon eine Mutter.«
»Nun, dann wenigstens eine gute Freundin. Du stehst also Modell. Das klingt aufregend. Macht es dir Spaß?«
Ich zögerte. Sollte ich jetzt am Telefon mit allem herausplatzen, damit er sich elend fühlte, weil er sich nicht allein mit mir getroffen hatte? Würde er dann auf der Stelle nach Farthy kommen, ins Haus stürmen und eine Unterredung mit Tony und meiner Mutter fordern und mich mit zu sich nehmen?
Aber das hieße, daß ich mit ihm und seiner neuen Frau zusammen sein mußte und mit ihren Kindern auch noch.
Würde mir das überhaupt gefallen?
»Ja, Daddy«, sagte ich. »Es macht mir Spaß. Und ich werde dadurch sehr berühmt werden«, gab ich aufsässig zurück. Er blieb längere Zeit stumm.
»Tja, das freut mich für dich, Leigh. Möchtest du es noch einmal versuchen und dich vielleicht heute zum Abendessen mit uns treffen?«
»Nein, Daddy. Heute abend geht es nicht. Ich muß früh schlafen gehen, weil ich morgen sehr früh die nächste Sitzung habe, und dazu muß ich frisch und gut ausgeschlafen sein«, behauptete ich.
»Dann vielleicht nach unserer Rückkehr aus Maine«, schlug er vor.
»Vielleicht.«
»Leigh, bitte glaub mir, wenn ich dir sage, daß ich dich sehr liebhabe.«
»Ich glaube es dir, Daddy«, erwiderte ich eilig.
»Du wirst immer meine kleine Prinzessin sein, ganz gleich, was passiert«, fügte er mit einer Stimme hinzu, die hundert Erinnerungen in mir aufleben ließ. Wie sehr ich ihn mir jetzt in meiner Nähe wünschte!
»Auf Wiedersehen, Leigh. Wir rufen dich an, wenn wir wieder da sind.«
»Auf Wiedersehen, Daddy.« Ich ließ den Hörer langsam sinken. Mein Körper fing an, sich zu schütteln, und ich schluchzte trocken. Troy kam auf mich zugelaufen und umarmte mich.
»Weine nicht, Leigh. Bitte, hör auf zu weinen.«
»Ich werde nicht weinen, Troy.« Ich hielt einen Moment lang den Atem an und lächelte dann. »Es ist schon wieder gut.
Komm«, sagte ich, »sehen wir nach, was Rye Whisky für mich richten kann.«
Ich nahm ihn wieder an der Hand, und wir gingen.
Am späten Nachmittag suchte mich meine Mutter. Sie kam sogar in Troys Suite, denn sie war neugierig darauf, wie der Tag mit meinem Vater verlaufen war. Es überraschte sie, daß er sich wieder verheiratet hatte, und sie wollte alles über seine neue Frau wissen. Ich erzählte ihr nicht, daß ich fortgelaufen war und die beiden hatte sitzenlassen.
»Sie ist groß und dünn und hat eine lange, spitze Nase«, antwortete ich. Darauf lächelte sie. »Ihr Teint ist schlecht, und sie ist blaß und hat Pockennarben auf der Stirn, und ihr Haar sieht so aus, als würde sie es selten waschen. Es ist stumpf und hat viele graue Strähnen.«
»Ich werde mein
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