Dunkle Umarmung
zwängten sich auf den Klavierhocker und gaben eine Version des Brautmarschs zum Besten. Ich schaute mich um, sah der bärtigen Frau in die Augen, und mein Blick fiel auf die lächelnden Gesichter der Jongleure, Zwerge und Akrobaten, und ich dachte an Mamas Hochzeit.
Es schien hundert Jahre her zu sein, aber ich erinnerte mich noch daran, wie unbehaglich mir zumute gewesen war, als ich diesen kunstvoll herausgeputzten Brautjungfern durch das breite Treppenhaus gefolgt war. Jetzt stand ich im Haus dieses gewöhnlichen Friedensrichters und heiratete einen jungen Mann, den ich gerade erst kennengelernt hatte, und wir waren von Zirkusvolk umgeben. Das hätte sich Mama in ihren wildesten Träumen nie ausmalen können, dachte ich.
»Nun, ich glaube«, sagte der Richter, als er sich vor uns hinstellte und sich umsah, »wir können jetzt anfangen.«
Der Richter war ein großer, dünner Mann mit einem roten Schnurrbart und grünen Augen. Ich wußte, daß ich sein Gesicht nie vergessen würde, denn er sprach jetzt die Worte aus, die mich für immer und alle Zeiten an Thomas Luke Casteel binden würden. Lukes Zukunft war meine Zukunft, seine Leiden waren meine Leiden, sein Glück war mein Glück.
In einem wahren Sinne ähnelten unsere Leben zwei Zügen, die von verschiedenen Seiten aufeinander zugefahren waren und sich zusammengeschlossen hatten, um ihre Reise gemeinsam fortzusetzen.
Die Frau des Friedensrichters, eine kleine, rundliche Frau mit einem freundlichen Gesicht, stand neben ihm, und auch sie hatte die Augen vor Staunen weit aufgerissen.
Der Richter begann, und als er an die Stelle gekommen war, an der er fragte, ob ich Luke Casteel zu meinem liebenden Mann nehmen und ihn achten und lieben würde, bis daß der Tod uns scheidet, schloß ich die Augen und dachte an Daddy.
»Ja«, sagte ich und drehte mich zu Luke um und sah ihm tief in die dunklen Augen, in denen ich das Versprechen seiner Liebe erkannte. »Ja, das will ich.«
»Und du, Thomas Luke Casteel, gelobst du, Leigh Diane van Voreen zu achten und zu lieben in guten und in schlechten Zeiten, bis daß der Tod euch scheidet?«
»Ja, das will ich«, sagte er mit einer männlichen Entschlossenheit, die mir fast den Atem verschlug. Er sah aus, als sei er bereit, bis in den Tod zu kämpfen, um mich glücklich zu machen.
»Dann erkläre ich euch kraft meines Amtes zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut jetzt küssen.«
Wir küßten uns wie zwei Liebende, die über ein weites Feld gelaufen waren, um sich in die Arme zu sinken. Die Zirkusleute jubelten und drängten sich um uns. Ich mußte mich bücken, damit die Zwerge mir einen Kuß geben konnten, um mir Glück zu wünschen. Die Akrobaten hatten Reis aufgetrieben und reichten ihn aus vollen Händen an viele andere weiter, damit sie uns damit bewerfen konnten, als wir das Haus des Richters verließen.
Wir stiegen in Lukes Lastwagen und winkten ihnen zu. Alle standen jetzt auf dem Rasen vor dem Haus und winkten und lächelten und warfen uns Kußhände zu, alle bis auf eine Frau in einem purpurroten Kleid mit einem passenden Stirnband.
Von ihren Ohren baumelten lange Ohrringe aus Blattsilber, und sie hatte ein dunkles Gesicht und noch dunklere Augen als Luke. Sie wirkte ernst und nüchtern und stand abseits von der Menge.
»Wer ist diese Frau, Luke?« fragte ich und deutete auf sie.
»Ach, das ist Gittle, die ungarische Wahrsagerin.«
»Sie wirkt so ernst und so besorgt«, sagte ich beklommen.
»So schaut sie immer«, erklärte Luke. »Das ist ihre übliche Rolle, nur deshalb wird sie von den Leuten ernst genommen.
Mach dir keine Sorgen. Es hat nichts zu bedeuten, Angel.«
»Ich hoffe, du hast recht, Luke«, murmelte ich, als wir losfuhren. Ich sah mich um und winkte, als wir über die Zufahrt zum Haus des Richters holperten und in die Hauptstraße einbogen. Wenige Momente später lag alles hinter uns, und Angel und ich waren auf dem Weg in ein neues Leben, eine andere Welt.
Ich sah mich noch einmal um. Am Horizont waren Gewitterwolken aufgezogen, aber wir fuhren fort von ihnen, fuhren auf der Hauptstraße voran, als seien wir vor drohendem Regen, Wind und Kälte auf der Flucht. Vor uns in der Ferne war der Himmel strahlend blau, warm und einladend. Das hieß doch gewiß, daß alles, was traurig und abscheulich war, hinter uns lag. Selbst meine Erinnerung an das finstere Gesicht der Wahrsagerin konnte sich nicht gegen den warmen Glanz durchsetzen, mit dem uns die Sonne willkommen hieß.
Ich drückte
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