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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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geschmolzen, doch er stand immer noch vor dem großen Haus. Er hatte ihm einen Zylinder aufgesetzt und ihm eine schwarze Krawatte umgebunden. Dieser Anblick ließ ein freudiges Lächeln auf mein Gesicht treten, obwohl Mama fand, jemand hätte den Schneemann inzwischen entfernen sollen.
    »Oh, das hätte Troy das Herz gebrochen. Er hat sich soviel Mühe damit gegeben.«
    »Für dieses Ding gibt es den rechten Ort und die rechte Zeit, Leigh. Tony muß aufhören, jeder Laune seines kleinen Bruders nachzugeben.« Sie lächelte Großmama Jana schnell an. »Wenn ich erst hier wohne, wird sich das alles ändern.«
    Im Ballsaal übte das Orchester; das Küchenpersonal belud riesige Tische mit Speisen. Um den Geistlichen drängten sich Türsteher wie Fußballspieler um ihren Mannschaftskapitän, um letzte Anweisungen entgegenzunehmen. Mama begab sich direkt in ihre Suite, um mit dem Beistand ihres Friseurs die letzten Vorbereitungen in Angriff zu nehmen. In den Gängen liefen ständig Menschen hin und her – Brautjungfern, Eskorten, Blumenmädchen und Fotografen. Ein Gesellschaftsredakteur vom Globe stand vor der Tür zu Mamas Suite und versuchte, ein Interview mit Mama durchzuführen.
    Troy war ganz aufgeregt. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit führte er Leute in sein Zimmer, damit sie sich seine Spielsachen ansahen. Verwandte kamen, Cousins und Cousinen, Onkel und Tanten. Ich hätte nie vermutet, daß ein so großes Haus je von Menschen überfüllt sein könnte. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß es bei der Hochzeit auch nur einigermaßen geregelt zugehen würde, doch als es soweit war, nahm alles seinen geplanten und geregelten Lauf.
    Ich traf im oberen Korridor auf die anderen Brautjungfern.
    Jeder von uns bekam ein Bouquet von roten Rosen in die Hand gedrückt. Troy, der in seinem Smoking und mit der schwarzen Krawatte goldig aussah, wurde eilig nach unten gebracht, damit er seinen Platz an Tonys Seite vor dem Altar einnahm.
    Endlich trat vollkommene Stille ein. Wir hörten die ersten Töne auf dem Klavier. Allen Anwesenden bei dieser Hochzeitsgesellschaft war die Aufregung ins Gesicht geschrieben.
    Engelsgleich in ihrem viktorianischen Brautkleid mit einem Spitzenkragen, der unter Perlen verborgen war, kam Mama aus ihrer Suite. Sie lächelte durch ihren Schleier und blieb lange genug stehen, um mir die Hand zu drücken, als sie an mir vorbeikam. Mein Herz begann so heftig zu klopfen, und mein Gesicht glühte so sehr, daß ich glaubte, mir würden die Sinne schwinden. Es war ein entsetzliches Gefühl zu wissen, daß ich ihr jetzt etwas Nettes, etwas Liebes hätte sagen müssen, aber ich konnte nur noch schlucken.
    »Wünsch mir Glück«, bat sie mich.
    Glück? Was hat Glück mit Liebe und Ehe zu tun? dachte ich.
    War es ihr Pech gewesen, daß Mama mit mir schwanger geworden war, oder war es reine Dummheit? War es nur Daddys Pech, das ihn an jenem verhängnisvollen Abend in Texas mit ihr zusammengeführt hatte, oder hatte Großmama Jana ihre Finger im Spiel gehabt? War es ein Glück, oder war es Pech, daß Elizabeth Deveroe eines Tages auf Farthy an sie gedacht und sie dann dorthin mitgenommen hatte, damit sie Tony kennenlernte? War es ein Glück, oder war es Pech, daß er sich auf den ersten Blick in sie verliebt hatte? Empfand Daddy all das als ein Glück? Was dachte er jetzt, in diesem Moment?
    Wo steckte Daddy eben jetzt, in diesem Augenblick? fragte ich mich. War er auf halbem Weg nach Florida, und stand er vielleicht auf der Kommandobrücke seines Schiffs, sah auf das Meer hinaus und dachte an uns? Dachte er an mich?
    »Viel Glück, Mama«, murmelte ich eilig, und sie ging weiter bis ans Ende der Reihe.
    Wir hörten den Brautmarsch, und die Prozession setzte sich in Bewegung. Als wir durch das weitläufige Treppenhaus herunterkamen, sah ich auf das Meer von Gesichtern hinab. All diese elegant gekleideten Männer und Frauen blickten zu uns auf, und ich kam mir vor, als spielte ich meine Rolle in einer gewaltigen Show. Mama war natürlich der Star. Mit der Zeit richteten sich alle Blicke auf sie. Ich hatte meinen Posten bereits bezogen, und daher konnte ich ihr Gesicht sehen, als sie am unteren Ende der Treppe um die Ecke bog. Sie sah wunderschön aus und schien verzückt zu sein. Sie war genau da, wo sie schon immer hatte sein wollen, dachte ich, im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit.
    Und urplötzlich hätte ich gern geschrien: Aufhören! Das sind doch alles lauter Lügen, Lügen, Lügen!
    Aber feige,

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