Dunkle Visionen
nicht?“
„Wo ist Kaila?“
„Ich bin meiner Mutter viel ähnlicher.“
Er setzte sich auf seine Fersen und starrte sie an. „Ja, du bist ihr ähnlicher.“
Er holte aus und schlug sie ins Gesicht. Es war ein grausamer Schlag, von dem ihr ganz schwindlig wurde.
„Miststück! Wo ist Kaila?“
„Weg. Du wirst sie nie bekommen.“
Einen Moment lang schwieg er, dann begann er zu lachen. „Schön. Dann nehme ich eben dich. Du bist mir sogar noch lieber. Weil du deiner Mutter ähnlicher bist. Und weißt du was? Ich hatte immer Angst, dass du mich eines Tages sehen würdest. Aber du wolltest mich nicht sehen. Ich bin dein Stiefbruder. Nein … das ist es nicht. Ich bin Kyles Bruder. Ist das nicht eine herrliche Ironie?“
„Warum?“ flüsterte sie.
Er lächelte, beugte sich vor und streichelte ihr Haar. „Weil es nicht wahr ist. Das, was Lainie immer behauptet hat.“
„Was? Ich verstehe nicht.“
„Lainie konnte nichts so lassen, wie es war. Du wusstest nie, wer meine Mutter war, stimmt’s? Roger hat sich von ihr scheiden lassen, weil sie irgendwie ziemlich durchgedreht war. Aber eine Schönheit war sie auch. Genau wie alle anderen. Roger hatte nur schöne Frauen. Doch sie trieb sich rum. Sie war wild. Sie hatte Affären, aber wenn Roger dasselbe machte, rastete sie aus. Irgendwann, als sie sich wieder mal einbildete, dass er was mit einer anderen Frau hätte, versuchte sie, ihn zu vergiften. Daraufhin ließ Roger sich scheiden, und meine gute alte Mom kam in die Klapsmühle. Lainie besuchte sie dort, und meine Mom erzählte ihr, dass ich gar nicht Rogers Kind bin. Und Lainie … na, du kanntest sie ja! Diese verdammte Schwanzlutscherin rieb es mir ständig unter die Nase, sie quälte mich damit. Und in jener Nacht … ich weiß auch nicht … wahrscheinlich bin ich einfach ausgerastet. Sie war die Erste. Es ging ganz leicht. Und jetzt … du weißt, dass ich nicht blöd bin. Natürlich denke ich nicht, dass alle Rothaarigen für das, was Lainie mir angetan hat, bezahlen müssen. Es ist wie ein Mückenstich, der so irrsinnig juckt, dass ich mich einfach kratzen muss … und es wird sofort besser, wenn ich eine Frau weinen und um ihr Leben betteln sehe …“ Er unterbrach sich, und sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. „Und dann bluten“, fügte er mit einem Schulterzucken hinzu.
„Rafe, ich habe dir nie etwas getan.“
„Na ja, immerhin hast du Kyle geheiratet. Den guten Sohn. Den richtigen Sohn. Das sollte eigentlich reichen.“
„Er ist vielleicht schon zu dir unterwegs, Rafe.“
„Glaubst du? Ich bin mir nicht sicher. Ihr seid doch alle so blinde Idioten.“
Er fasste in seine Tasche, zog das Messer heraus und ließ es aufspringen.
„Du weißt, dass ich Lainie mit einem Schlachtermesser ins Jenseits geschickt habe. Als ich aus dem Haus kam, saß da Harry Nore auf der Straße und bettelte. Ich warf ihm das Messer in seinen Hut. War doch eine gute Idee, oder?“
Er legte die flache Seite des Messers gegen ihre Wange, dann zog er sie über ihr Gesicht hinunter zu ihrem Schlüsselbein über die Wölbung ihrer Brüste unter dem Spitzen-BH. Sie schaute darauf und schluckte schwer.
„Du bist wirklich schön.“
„Rafe, bitte, töte mich nicht“, flüsterte sie.
„Du klingst genauso wie dieses verdammte Miststück von einer Mutter!“
„Rafe …“
Er sprang plötzlich auf, packte sie am Handgelenk und zerrte sie auf die Füße.
„Also schön. Du sollst dieselbe Chance wie Kaila bekommen. Auf! Überzeug mich davon, dass du es verdienst zu leben.“
Sie starrte ihn an, dann bekam sie Panik. Er zerrte sie zu sich heran und flüsterte: „Na los, mach schon, Madison. Setz dem großartigen Kyle Hörner auf. Mach Liebe mit mir. Lohnt sich das nicht für ein paar mehr Atemzüge? Spürst du es? Spürst du das Messer an deiner Kehle?“
Er hatte das Messer gedreht, sodass die Schneide direkt auf ihrem Hals lag. Er brauchte sie nur noch darüberzuziehen … Sie schloss die Augen.
Sie dachte an Kyle und schrie innerlich in Todesangst seinen Namen. Sie glaubte, seine Stimme zu hören, und öffnete die Augen.
Kyle hatte sie nicht gerufen, nicht mit Worten zumindest. Aber zu ihrer grenzenlosen Überraschung sah sie ihn. Er kauerte reglos im Unterholz. Er legte einen Finger auf die Lippen, als ihr Blick auf ihn fiel.
„Rafe!“ flüsterte sie.
Das Messer bewegte sich ganz leicht.
„Ich mache alles, was du willst“, sagte sie heiser.
„Du versuchst nur, Zeit zu schinden.
Weitere Kostenlose Bücher