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Dunkle Visionen

Dunkle Visionen

Titel: Dunkle Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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versuche doch nur, das Kriegsbeil zu begraben. Es gab mal eine Zeit, da waren wir Freunde.“
    „Na schön, vielleicht. Warten wir’s ab. Es hängt ganz davon ab, wann du vorhast rauszufahren.“
    „Früh. Um acht.“
    „Was? So früh schon? Du hast ja wirklich einen Knall.“
    Er zuckte wegwerfend die Schultern, dann legte er einen Finger an den Schirm seiner Baseballkappe. „Mag sein. Warten wir’s ab. Gute Nacht.“
    Einen Moment später ging er auf den linken Flügel des Hauses zu. Sie war froh, dass ihr Schlafzimmer rechts lag.
    Reiß dich zusammen, Madison, warnte sie sich selbst, während sie den nur schwach erhellten Flur hinuntereilte. Ihre Hände zitterten. Toll. Wirklich toll. All diese Jahre. Sie war verheiratet gewesen, dann geschieden worden. Sie hatte sich ihr Leben so eingerichtet, wie sie es für gut hielt, sie war glücklich. Oder zumindest fühlte sie sich wohl. Und jetzt war er gerade ein paar Stunden wieder hier und sie zitterte.
    Verdammt.
    Sie presste verärgert die Lippen aufeinander und ging zu Carrie Anns Zimmer, machte leise die Tür einen Spalt auf und warf einen Blick auf ihre schlafende Tochter. Sie beobachtete sie einen Moment, dann schlich sie auf Zehenspitzen zum Bett und strich der Kleinen eine Haarsträhne aus der Stirn. Carrie Anne war ein hübsches Kind. Sie war blond, wie ihr Vater. Ihre Gesichtszüge waren fein, wie ihre, Madisons. Sie hatte volle Lippen und das schönste Lächeln der Welt.
    Madison hatte in ihrem Leben schon eine Menge Fehler gemacht. Aus den verschiedensten Gründen. Doch auch wenn ihre Ehe ein böser Fehler gewesen und durch ihre Schuld gescheitert war, war daraus etwas Gutes hervorgegangen, und Madison wusste, dass ihr Ex-Mann genauso dachte. Carrie Anne entschädigte sie beide für den Schmerz, den sie einander zugefügt hatten. Und seltsamerweise machten sie ihre Sache bei Carrie Anne jetzt gut.
    Sie gab dem Mädchen einen Kuss auf die Stirn, dann ging sie durch das große Bad, das ihre Zimmer verband. Sie betrat ihr eigenes Zimmer, ohne das Licht anzuknipsen, weil der Lichtschein, der vom Patio hereinfiel, ausreichte. Sie ließ sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Sie liebte die „Hütte“ ihres Dads. Das Zimmer war groß, das Bett weich, Fernseher, Video, CD-Spieler, alles war da, ebenso wie ein funktionstüchtiger Kamin für die wenigen Abende, in denen das Thermometer so weit fiel, dass man heizen musste. Ihr Vater hatte keinen Aufwand und keine Kosten gescheut, damit seine Kinder es bequem hatten, wenn sie bei ihm zu Besuch waren. Carrie Annes Zimmer war ein kleines Disneyland. Madison hatte bei der Einrichtung des Hauses geholfen. Roger Montgomery, ein häufiger Gast, hatte ihren guten Geschmack bewundert und behauptet, dass sie künstlerischer veranlagt sei, als sie gewillt war zuzugeben …
    „Genau wie …“ begann er.
    „Genau wie wer?“ fragte sie mit einem Lächeln.
    „Mein Sohn“, sagte er ruhig und schaute weg. „Kyle. Er kann wirklich verdammt gut zeichnen.“
    „Ach, das wusste ich ja gar nicht“, murmelte sie, wobei sie sich anstrengen musste, ihr Lächeln beizubehalten.
    „Sag ich doch. Kyle will nicht, dass die Leute von seiner Begabung etwas erfahren. Das macht ihn seinem alten Herrn zu ähnlich.“
    „Ich bin mir sicher, dass er dich sehr liebt.“
    „Tja, ich schätze mal, man kann jemanden lieben und trotzdem nicht so sein wollen wie er.“
    „Vielleicht. Und was ist mit Rafe?“
    Roger hatte die Schultern gezuckt. „Rafe ist ein toller Bursche, aber er kann nicht mal ein Strichmännchen malen. Er hat dafür einen guten Kopf für Zahlen, genau wie seine Mutter.“
    „Aha. Nun …“
    Und dann hatte sie es geschafft, das Thema zu wechseln.
    Madison setzte sich wieder auf und stand dann auf. Sie zog ihre Schuhe aus, schlüpfte aus ihrem Rock, ihrer Bluse und ihrem BH, dann tastete sie unter dem Kissen nach ihrem Nachthemd. Während sie es aufknöpfte, erhaschte sie im Spiegel der Frisierkommode einen Blick auf sich.
    Für einen Moment stand sie reglos da und spürte, wie ihr das Blut in den Adern gefror.
    Großer Gott, sie sah aus wie ihre Mutter! Sie glich ihr wirklich erschreckend.
    Sie wandte sich vom Spiegel ab, streifte sich das Nachthemd über und kuschelte sich ins Bett. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken, und erinnerte sich daran, dass ihr Leben gut war. Sie liebte ihre Tochter von ganzem Herzen, sie hatte eine Arbeit, die ihr Spaß machte, und alles war wunderbar.
    Alles war wunderbar

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