Dunkle Visionen
fünfjährigen Tochter und einer Haushälterin, die dreimal die Woche kommt. Ich würde mein Kind gern so gut beschützen wie möglich.“
„Nun, dieser Mann ist nicht hinter Kindern her.“
„Bist du dir sicher, dass es ein Mann ist?“
Er nickte. „Ich schon.“
„Andere sind es nicht, aber du schon?“ hakte sie nach.
Er lächelte. Ein schiefes Lächeln. „Immerhin bin ich ein Profiler. Und ich weiß, dass es ein Mann ist.“
Madison ertappte sich dabei, dass sie lächelte, aber sie schüttelte dennoch den Kopf. „Ich dachte, du fängst erst am Montag mit deinen Nachforschungen an.“
„Ich habe die Akten studiert, ehe ich herkam. Und ich glaube, ich weiß sehr gut, wonach wir suchen.“ Er zögerte, schaute sie durch seine dunklen Gläser an, dann zuckte er die Schultern. „Im ersten Monat, um den Fünfzehnten herum, wurde eine junge Frau vermisst. Eine schöne junge Frau, Debra Miller. Sie schwärmte ihren Kolleginnen vor, dass sie etwas ganz Besonderes vorhätte, ohne Namen zu nennen. Fuhr weg. Niemand wusste, wohin. Die Nachbarn sahen sie in ihr Auto steigen, sie winkte zum Abschied.“
„Und dann … wurde ihre Leiche gefunden?“
Er nickte. „In den Everglades. Übel zugerichtet.“
„Gott, ich erinnere mich. Es stand in allen Zeitungen.“
„Im nächsten Monat gab es einen ähnlichen Fall. Diesmal war es eine junge Latina, eine Mutter von zwei Kindern, kürzlich geschieden.“
„Und ihre Leiche …“
„Sie wird noch vermisst.“
„Na ja, vielleicht …“
„Auf jeden Fall wird sie vermisst. Dann kam der dritte Monat. Und ein drittes Opfer, die fünfundzwanzigjährige Julie Sabor, die ihren Kolleginnen ganz aufgeregt erzählt, dass es einen neuen Mann in ihrem Leben gebe, verschwand. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie als Unbekannte im Augenblick im Leichenschauhaus von Dade County liegt.“
Irgendeine der Frauen könnte die Frau aus ihrem Traum gewesen sein.
„Aber …“
„Alle diese jungen, schönen Frauen mit einer großen fürsorglichen Familie sind um einen Fünfzehnten herum verschwunden.“ Er musterte sie einen Moment nachdenklich. „Du weißt nichts davon?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich erinnere mich an einen Bericht im
Herald
, als man Debra Millers Leiche fand. Und möglicherweise habe ich einen Artikel über das Verschwinden einer anderen Frau überflogen, aber ich habe nicht weiter darauf geachtet. Du weißt ja, wie es hier unten ist. Die lokale Presse bläst alles zu einer Sensationsstory auf.“
„Nun, die Polizei hat sich bedeckt gehalten. Sie will die wenigen Informationen, die sie hat, fürs Erste möglichst für sich behalten.“
Madison konnte seine Augen nicht sehen, aber sie spürte, dass er sie durch seine dunklen Gläser anschaute. Die Sonne war mittlerweile fast untergegangen. Er brauchte die Sonnenbrille eigentlich nicht mehr. Das Licht bei Sonnenuntergang gehörte zu dem, was die Keys so außergewöhnlich machte. Ein sanftes rosa Licht vor einem pastellfarbenen Himmel.
„Ich wünschte, du wärst nicht geschieden“, brummte er.
„Was?“
Er zuckte die Schultern, hob die Hände, betrachtete seine Handflächen. „Soweit ich es sehe, ist dieser Killer durchtrieben und charmant. Er geht überaus raffiniert vor. Seine psychischen Probleme liegen unglaublich tief. Er wird zunehmend gewalttätiger und verstümmelt seine Opfer von Mal zu Mal mehr. Er begeht seine Morde immer Mitte des Monats – nicht bei Vollmond, sondern Mitte des Monats, unabhängig davon, wie der Mond steht. Er ist attraktiv und gesellschaftlich akzeptiert. Er kann in die vornehmsten Restaurants gehen, ohne aus dem Rahmen zu fallen. Ich vermute, dass er von seinen Opfern etwas will … und es nicht bekommt. Oder bis jetzt noch nicht bekommen hat. Dann dreht er durch. Und dann …“
Er brach ab und schaute sie an, die Lippen grimmig aufeinander gepresst. „Ich wünschte mir einfach, du wärst noch immer verheiratet, weil es scheint, als ob dieser Typ nur hinter allein stehenden Frauen her ist. Er versucht, die Frauen zu betören, und er will etwas dafür zurück.“
Sie atmete langsam aus und ließ ihre Blicke über den Pool schweifen. „Die Tatsache, dass es Serienkiller gibt, ist kein guter Grund, verheiratet zu bleiben, Mr. Montgomery.“ Sie starrte ihn plötzlich forschend an. „Hast du Jassy auch schon gewarnt?“
Er runzelte die Stirn. „Jassy ist so … sie hat eine Menge gesunden Menschenverstand.“
“Madison hob eine Augenbraue. „Und ich
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