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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Vichi
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Mörder zu überführen, er musste es schaffen … Mamma son tanto feliceee, viver lontano perchéé …
    Während er weiter vor sich hin brummte, schlüpfte er in den Bademantel und ging in die Küche, um zu sehen, was er sich zu essen machen konnte. Die Auswahl war nicht groß. Nach Bottas Rezept machte er sich einen Teller Nudeln mit Tomatensoße. Damit und mit einem Glas Wein setzte er sich vor den Fernseher. Es lief eine Wissenschaftssendung, aber er konnte ihr nicht folgen. Seine Gedanken kreisten wie eine hängende Schallplatte immer um dasselbe Thema.
    Er beendete sein Mahl und machte dem Koch ein Kompliment. Trotz allem hatte er die Penne mit Tomatensoße genossen. Er leerte das Glas und zündete sich eine Zigarette an. Tief aufseufzend wie eine verdammte Seele im Fegefeuer blies er den Rauch in die Luft. Jetzt, da er seinen Hunger gestillt hatte, schlich sich eine leise Angst in seine Gedanken. Er kam sich alt vor. Ein armer, alter Trottel, der an allen Fronten nur Niederlagen erlebte. Er sah sich schon als Tattergreis, der in schlaflosen Nächten das Kleingeld in seiner Börse zählte, wie er es bei seinem Großvater beobachtet hatte. Süppchen, Wärmflasche und viel, viel Ruhe … Eines schönen Tages würde er dann einfach sanft entschlummern und Amen, das war’s dann.
    Es war kurz nach zehn. Casini hatte keine Lust, den ganzen Abend vor dem Fernseher zu verbringen und sich solch heiteren Überlegungen über den Sinn des Lebens hinzugeben. Er verspürte das dringende Bedürfnis, aus dem Haus zu gehen und auf andere Gedanken zu kommen, sich mit jemandem angenehm zu unterhalten. Er dachte an Dante, den halbverrückten Erfinder, der in einem alten Haus in Mezzomonte lebte und den man zu jeder Zeit besuchen konnte. Ein großer Mann voller Energie, dessen weißes Haar ihm in alle Richtungen vom Kopf abstand. Casini hatte ihn im Sommer 1963 kennengelernt, während der Ermittlungen zum Tod seiner Schwester Rebecca. Sie hatten sich angefreundet, obwohl sie sich nur selten sahen und immer noch siezten. Dante war eine Nachteule, und um diese Uhrzeit war er wahrscheinlich gerade in sein Kellerlaboratorium hinabgestiegen.
    Der Kommissar drückte die Kippe energisch im Aschenbecher aus und ging in den Flur, um ihn anzurufen. Er ließ es lange klingeln, und schließlich kam jemand an den Apparat.
    »Hier Dante. Wer spricht dort?«, sagte der Wissenschaftler mit seinem tiefen Brummbass.
    »Guten Abend, Dottor Pedretti. Störe ich?«
    »Ach, Casini … Wie geht es Ihnen?«
    »Das würde ich auch gern wissen. Und selbst?«
    »Ich bin immer noch neugierig auf diese Welt.«
    »Das wäre ich auch gern.«
    »Sie sind auch ein neugieriger Mensch, sonst wären Sie nicht bei der Kriminalpolizei.«
    »Vielleicht haben Sie recht.«
    »Warum besuchen Sie mich nicht, Commissario?«
    »Genau deswegen rufe ich an.«
    »Ich erwarte Sie.«
    »In einer halben Stunde bin ich bei Ihnen …«
    Als er aus dem Wagen stieg, hielt er sich den Schirm über den Kopf und beeilte sich, durch die Eingangstür von Dantes großem Haus zu schlüpfen. Im schwachen Lichtschein eines Streichholzes fand er die Treppe zu dem großen Kellerlaboratorium, das sich unter der gesamten Grundfläche des Hauses erstreckte.
    Casini durchschritt den stillen großen Raum, den Dunkelheit beherrschte. Nur ein paar Kerzen verbreiteten ein mondähnliches Licht. Auf den ersten Blick wirkte der Raum wie eine dunkle Kirche, in der nur der Altar von Kerzen erhellt wurde, und die alten, übervollen Bücherregale an den Wänden bildeten die Tabernakel dazu. Dantes Altar war ein großer Arbeitstisch, der wie immer unter aufgeschlagenen Büchern, zur Hälfte mit bunten Flüssigkeiten gefüllten Flaschen, verschiedenen Werkzeugen und Apparaturen ohne erkennbaren Zweck verschwand. Der Erfinder stand mit aufgestützten Ellbogen davor. Er schrieb etwas in ein Heft mit rotem Rand, wie man es in der Grundschule verwendet.
    »Salve, Commissario«, sagte er, als er hörte, wie Casini im Halbdunkel näher kam. Er hob nicht einmal den Kopf und wirkte hoch konzentriert.
    »Entschuldigung, ich wollte Sie nicht bei der Arbeit stören.«
    »Ich habe nur herumgespielt.« Dante ließ den Füller auf die Werkbank fallen. Sie schüttelten einander die Hand. Dantes Händedruck war kräftig, fast schon brutal.
    »Grappa, Commissario?«
    »Deswegen bin ich hier …«
    »Ich muss sie hier irgendwo hingestellt haben«, murmelte Dante halblaut vor sich hin und suchte zwischen den Flaschen auf dem

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