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Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)

Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)

Titel: Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Engström
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Retter selbst. Magnus hatte seinen Vater und zwei weitere Männer gebraucht, um ihn von dort oben herunterzubekommen. Seitdem mied er alles, was irgendwie mit luftigen Höhen zu tun hatte.
    Aber vielleicht war es nun endlich an der Zeit, sich seinen Ängsten zu stellen.
    “Es könnte gleich ein bisschen ruckeln”, erklärte Ingmar, ihr bislang eher schweigsamer Ballonführer. Dann zündete er mehrfach den Propangrasbrenner, der sich mittig unter der Öffnung der bunt gemusterten Stoffhülle befand, bis der Ballon sich in einer senkrechten Position befand. Anschließend warf er mehrere Säcke mit Ballast ab, und ihr Luftschiff stieg langsam in die Höhe.
    Magnus schloss die Augen und zwang sich, tief durchzuatmen. Ihm war, als hätte sich eine eiserne Klammer um seine Brust gelegt. Sein Puls raste, und ihm stand der kalte Schweiß auf der Stirn.
    Als er die Augen wieder öffnete, war die Welt unter ihnen schon ein gutes Stück kleiner geworden. Die Kühe auf der Weide sahen aus wie winzige Spielzeugfiguren, die Straße wie ein braunes Band, das die Fläche aus unterschiedlich großen, in den verschiedensten Grüntönen leuchtenden Quadraten durchteilte. Ein kleiner, klarer Fluss wand sich durch saftige Wiesen und goldene Rapsfelder und mündete in einem großen Weiher, dessen Ufer von schlanken Birken gesäumt wurde.
    Und sie stiegen noch weiter.
    “Ist das nicht wunderbar?” Jenny lehnte sich über die Brüstung des Passagierkorbs, um besser nach unten schauen zu können. Ihre blonden Locken flatterten im Wind.
    “Hör sofort auf damit!”, rief Magnus panisch und zog Jenny an sich. “Bist du verrückt geworden, hier oben solche Turnübungen zu veranstalten?”
    Sie lachte glockenhell auf. “Machst du dir etwa Sorgen um mich?”
    “Ich will einfach nur nicht, dass dir etwas passiert”, erwiderte er heiser.
    Offenbar merkte Jenny, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Sie drehte sich zu ihm um und musterte ihn besorgt. “Was ist los? Du siehst gar nicht gut aus. Fehlt dir etwas?”
    “Es tut mir leid, aber ich kann mich in einem kleinen Korb, mehrere hundert Meter über dem Boden, wohl einfach nicht richtig entspannen!”
    “Du leidest unter Höhenangst”, stellte sie fest. “So ist es doch, oder? Wieso hast du mir das nicht gleich gesagt?”
    Er wandte den Blick ab. Ja, warum hatte er ihr nicht von seinem Problem erzählt? Womöglich einfach, weil er nicht wollte, dass sie ihn für einen Feigling hielt? Aber weshalb kümmerte ihn das überhaupt?
    Sie griff nach seiner Hand und drückte sie fest. “Schau mal, dort hinten ist das Meer! Ist das nicht atemberaubend?”
    Magnus musste sich zwingen, in die entsprechende Richtung zu blicken – aber es lohnte sich. Tiefblau lag die Ostsee da. In Küstennähe entdeckte er einige größere und kleinere helle Flecken – die Schäreninseln. Dazwischen waren Schiffe unterwegs, zu erkennen durch die weißen Spuren aus aufgewühltem Wasser, die sie hinter sich zurückließen.
    “Fantastisch”, stieß er ehrfurchtsvoll aus. Wie klein und unbedeutend einem das eigene Leben vorkam, wenn man die Welt einmal in ihrer ganzen Größe und Erhabenheit betrachtete. Während Generationen von Menschen kamen und gingen, würde all dies bis zum Ende aller Zeit bestehen.
    Jenny lehnte sich mit dem Rücken gegen ihn und legte den Kopf in den Nacken, sodass sie direkt zu ihm hinaufblicken konnte. “Geht es dir jetzt etwas besser?”, erkundigte sie sich. “Du bist gar nicht mehr so blass wie vorhin.”
    Er nickte. Es überraschte ihn selbst, aber die Panik, die er eben noch verspürt hatte, war verschwunden. Stattdessen erfüllte ihn ein Gefühl von tiefer Dankbarkeit. So viele Jahre hatte er sich von seiner Furcht beherrschen lassen, doch das war jetzt vorbei.
    “Es geht mir besser”, antwortete er und reckte das Gesicht dem Wind entgegen. “Ich kann dir gar nicht sagen, wie viel besser. Ich danke dir.”
    “Wofür?” Sie lächelte. “Ich habe doch gar nichts getan.”
    “Ohne dich wäre ich nicht hier. Ich würde immer noch auf meiner kleinen Insel sitzen, abgeschottet vom Rest der Menschheit, und mich fragen, ob ich in meinem Leben nicht vielleicht doch irgendetwas verpasse. Versteh mich nicht falsch, ich liebe mein Leben auf Vattenfå. Aber du hast mir klargemacht, dass es falsch ist, sich dort zu verkriechen. Eines Tages muss sich jeder seinen Ängsten stellen.”
    “Warum werde ich bloß das Gefühl nicht los, dass du nicht von deiner Höhenangst sprichst?”
    Er

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