Dunkler Dämon
ob wir ihn noch rechtzeitig finden würden. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, mich um Rita zu sorgen, und kam zu keinem Ergebnis.
Wie Deborah so scharfsinnig bemerkt hatte, ich war verlobt und verstand es trotzdem nicht. Und ich würde es auch nie verstehen, was ich im Allgemeinen als Segen betrachte. Ich habe es stets vorgezogen, mit meinem Gehirn zu denken als mit gewissen runzligen, etwas weiter südlich gelegenen Teilen. Ich meine, ernsthaft; sehen die Menschen sich denn nicht selbst, wie sie lechzend und mit Kalbsaugen in der Gegend herumstolpern, ganz feuchte Augen und weiche Knie, vollständig idiotisch einer Sache verschrieben, die selbst Tiere vernünftigerweise rasch hinter sich bringen, damit sie sinnvollere Ziele in Angriff nehmen können, wie zum Beispiel das Finden von frischem Fleisch?
Nun, wir sind uns ja alle einig, ich habe es nicht verstanden. Darum sah ich einfach aus dem Fenster über das Wasser zu den gedämpften Lichtern der Gebäude jenseits des Causeway. In der Nähe der Mautstelle standen einige Wohnblocks, und dann folgten verstreut ein paar Häuser, die fast genauso groß waren. Wenn ich in der Lotterie gewann, konnte ich vielleicht einen echten Immobilienmakler dazu bewegen, mir etwas mit einem kleinen Keller zu zeigen, gerade groß genug, dass ein Hobbyfotograf bequem unter den Betonboden passte. Und während ich darüber nachsann, ertönte ein leises Flüstern meiner persönlichen Rücksitzstimme, aber natürlich konnte ich nichts unternehmen, außer vielleicht dem Mond zu applaudieren, der über dem Wasser schwebte. Und über dieses vom Mond gefärbte Wasser erklangen die Schläge einer Glocke, das Signal, dass die Zugbrücke hochgezogen wurde.
Das Funkgerät knisterte. »Er fährt los«, meldete Doakes. »Auf die Zugbrücke zu. Haltet Ausschau – ein Toyota mit Allradantrieb.«
»Ich sehe ihn«, sagte Deborah in das Funkgerät. »Wir hängen uns dran.«
Nur Augenblicke, bevor die Brücke hochging, fuhr der weiße SUV über den Causeway und auf die 15th Street. Deborah gab ihm einen Moment Vorsprung, dann scherte sie aus und folgte ihm. Am Biscayne Boulevard bog er rechts ab, und wir taten es ihm kurze Zeit später nach. »Er bewegt sich auf dem Biscayne Richtung Norden«, meldete sie.
»Bleiben Sie dran«, sagte Doakes. »Ich fahre hinterher.«
Der Toyota rollte mit normaler Geschwindigkeit durch den spärlichen Verkehr, nie schneller als fünf Meilen über dem Tempolimit, das man in Miami als Touristengeschwindigkeit ansieht, langsam genug, um das Hupen der ihn überholenden Fahrer zu rechtfertigen. Aber das schien Oscar nichts auszumachen. Er gehorchte sämtlichen Ampelsignalen und blieb auf der rechten Spur, rollte dahin, als hätte er kein bestimmtes Ziel, sondern befände sich auf einer gemütlichen Ausflugsfahrt nach dem Abendessen.
Als wir den 79th Street Causeway erreichten, griff Deborah nach dem Funkgerät. »Wir passieren die 79th Street«, sagte sie. »Er scheint keine Eile zu haben und bewegt sich weiter Richtung Norden.«
»Roger«, sagte Doakes, und Deborah warf mir einen Blick zu.
»Ich habe nichts gesagt«, sagte ich.
»Aber verdammt noch mal gedacht«, sagte sie.
Auf dem Weg Richtung Norden mussten wir an zwei Ampeln halten. Deborah achtete darauf, stets ein paar Wagen hinter ihm zu bleiben, keine leichte Aufgabe in Miami, wo fast alle Fahrer versuchen, die anderen zu überholen, zu schneiden oder abzudrängen. Ein Feuerwehrwagen raste mit heulender Sirene in die andere Richtung, an jeder Kreuzung hupend. Nach der Wirkung auf die übrigen Fahrer zu urteilen, hätte genauso gut ein Lamm blöken können. Sie ignorierten die Sirene und klammerten sich an ihre schwer erkämpften Plätze in der Autoschlange. Der Mann am Steuer des Feuerwehrwagens, selbst ein Miami-Fahrer, scherte einfach ein und aus, während er Hupe und Sirene spielte. Duett für Verkehr.
Wir erreichten die 123th Street, die letzte Möglichkeit, nach Miami Beach zu gelangen, bevor die 826 quer hinüber nach North Miami Beach verläuft, aber Oscar hielt sich weiter Richtung Norden. Deborah meldete es Doakes, während wir sie passierten.
»Wo zum Teufel will er hin?«, murmelte Deborah, als sie das Funkgerät wieder einhängte.
»Vielleicht fährt er nur durch die Gegend«, schlug ich vor. »Es ist ein schöner Abend.«
»Mhm. Möchtest du ein Sonett schreiben?«
Unter normalen Umständen hätte ich eine schlagfertige Antwort parat gehabt, aber mir fiel nichts ein, was
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