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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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ihr bei.
    Die I-95-Überführung lag vor uns, und direkt, bevor er unter ihr hindurchmusste, riss Oscar das Steuer herum, raste über drei Spuren nach rechts und bog auf eine Seitenstraße ab, die parallel zur Schnellstraße verlief. Deborah fluchte und wendete den Wagen, um ihm zu folgen. »Gib Doakes Bescheid«, rief sie, und gehorsam griff ich nach dem Funkgerät.
    »Sergeant Doakes«, meldete ich mich. »Wir haben Gesellschaft.«
    Das Funkgerät rauschte. »… zum Teufel soll das bedeuten?«, fragte Doakes, beinahe, als hätte er Deborahs Erwiderung gehört und diese so sehr bewundert, dass er sie wiederholen musste.
    »Wir sind soeben auf die 6th Avenue abgebogen und werden von einem weißen Lieferwagen verfolgt.« Keine Antwort, deshalb sagte ich noch einmal: »Habe ich erwähnt, dass der Lieferwagen weiß ist?« Und dieses Mal hörte ich Doakes zu meiner großen Befriedigung »Arschloch« grunzen.
    »Genau das haben wir auch gedacht«, sagte ich.
    »Lassen Sie den Lieferwagen überholen und folgen Sie ihm«, wies er an.
    »Ohne Scheiß«, stieß Deborah durch die zusammengebissenen Zähne hervor, und dann sagte sie noch etwas wesentlich Schlimmeres. Ich war versucht, Ähnliches zu äußern, denn als Doakes das Funkgerät abschaltete, fuhr Oscar die Auffahrt zur I-95 hoch, wir hinter ihm her, und im allerletzten Moment riss er den Wagen herum und über die gepflasterte Böschung zurück auf die 6th Avenue. Sein Geländewagen hüpfte, als er auf die Straße prallte, und schwankte einen Augenblick lang wie betrunken nach rechts, dann beschleunigte er und raste davon. Deborah trat mit voller Wucht auf die Bremse, und wir schleuderten herum; der weiße Lieferwagen glitt an uns vorüber, polterte die Böschung hinunter und schloss zum Toyota auf. Innerhalb einer Sekunde fing Deborah unseren Wagen wieder ein und folgte den beiden hinunter auf die Straße.
    Die Seitenstraße war an dieser Stelle schmal, rechts reihten sich Häuser, und links erhob sich der gelbe Betondamm, auf dem die I-95 verlief. Wir jagten an den Blocks entlang, wurden immer schneller. Ein winziges altes, Händchen haltendes Pärchen blieb auf dem Bürgersteig stehen und starrte unserer seltsamen Parade hinterher, die an ihm vorbeiraste. Es könnte Einbildung gewesen sein, aber sie schienen im Fahrtwind von Oscars Auto und dem Lieferwagen zu schwanken.
    Wir schlossen ein wenig auf, und auch der weiße Lieferwagen kam dem Toyota immer näher. Doch Oscar nahm das Tempo auf; er überfuhr ein Stoppschild und überließ es uns, einem Laster zu entkommen, der nach seinem Versuch, dem Geländewagen auszuweichen, im Kreis herumschleuderte. Der Laster schaukelte durch eine unbeholfene Schneckendrehung und krachte gegen einen Hydranten. Aber Debs biss einfach die Zähne zusammen, ignorierte das Hupen und die Wasserfontäne aus dem abgebrochenen Hydranten, jagte mit kreischenden Reifen an ihm vorbei und über die Kreuzung und schloss die Lücke innerhalb des nächsten Blocks.
    Mehrere hundert Meter vor Oscar sah ich die rote Ampel an einer Kreuzung von Hauptverkehrstraßen. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich den steten Strom von Fahrzeugen erkennen, der über die Kreuzung floss.
    Selbstverständlich lebt niemand ewig, aber wenn ich die Wahl hatte, war dies wirklich nicht die Art und Weise, wie ich abtreten wollte. Gemeinsam mit Rita Fernsehen zu schauen schien ganz plötzlich wesentlich attraktiver. Ich versuchte mir ein höfliches, aber äußerst überzeugendes Argument einfallen zu lassen, um Deborah zum Anhalten zu bewegen und dazu, einen Moment den Duft der Rosen zu genießen, aber ausgerechnet jetzt, da ich ihn am dringendsten brauchte, schien mein überwältigender Verstand auszusetzen, und ehe ich ihn wieder in Betrieb setzen konnte, hatte Oscar die Ampel erreicht.
    Oscar hatte in der vergangenen Woche höchstvermutlich die Kirche besucht, denn die Ampel sprang auf Grün, als er über die Kreuzung raste. Der weiße Lieferwagen hielt sich dicht hinter ihm, bremste heftig, um nicht ein kleines blaues Auto zu rammen, das versucht hatte, noch bei Gelb hinüberzugelangen, und dann waren wir an der Reihe, bei leuchtendem strahlenden Grün. Wir überholten den Lieferwagen und hätten es fast geschafft – aber wir befanden uns in Miami, und ein Zementmischer überfuhr kurz nach dem blauen Wagen direkt vor uns die Ampel. Ich schluckte trocken, als Deborah sich auf das Bremspedal stemmte und um den Laster herumschleuderte. Wir prallten gegen die

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