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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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vielleicht der aufregenden Natur unserer Jagd zu verdanken war.
    Und Deborah wirkte ohnehin, als könnte sie einen Sieg brauchen, gleichgültig wie unbedeutend.
    Ein paar Blocks weiter beschleunigte Oscar plötzlich, fuhr auf die linke Spur und bog knapp vor dem Gegenverkehr nach links ab, womit er ein wildes Hupkonzert von Fahrern beider Richtungen auslöste.
    »Er ist abgebogen«, meldete Deborah an Doakes. »Auf die 135th Street Richtung Westen.«
    »Ich bin hinter Ihnen«, sagte Doakes. »Auf dem Broad Causeway.«
    »Was liegt an der 135th Street?«, fragte sich Deborah laut.
    »Der Opa-Locka-Flughafen«, erwiderte ich. »Ein paar Meilen weiter geradeaus.«
    »Scheiße«, sagte sie und griff nach dem Funkgerät. »Doakes – der Opa-Locka-Flughafen liegt in dieser Richtung.«
    »Bin auf dem Weg«, sagte er, und ich hörte noch, wie er die Sirene anwarf, bevor er sein Funkgerät abschaltete.
    Der Opa-Locka-Flughafen hatte sich bei den Mitgliedern des Drogenhandels lange Zeit großer Beliebtheit erfreut, ebenso wie bei jenen, die in verdeckten Operationen unterwegs waren. Ein vorteilhafter Zustand, wenn man bedenkt, wie verschwommen die Grenzen dazwischen häufig sind. Es war gut möglich, dass dort ein kleines Flugzeug auf Oscar wartete, das ihn aus dem Land schaffen und an beinahe jeden Ort in der Karibik, Zentral- oder Südafrika bringen konnte – selbstverständlich mit Verbindungen zum Rest der Welt, obwohl ich bezweifelte, dass er in den Sudan oder selbst nach Beirut unterwegs war. Ein Ort in der Karibik war wesentlich wahrscheinlicher, aber unter den gegebenen Umständen war es in jedem Fall ein vernünftiger Gedanke, das Land zu verlassen, und der Opa-Locka-Flughafen war der logische Ort, um zu starten.
    Oscar fuhr mittlerweile ein bisschen schneller, obwohl die 135th Street nicht so breit und viel befahren war wie der Biscayne Boulevard. Wir überquerten eine kleine Kanalbrücke, und am anderen Ende beschleunigte Oscar ganz plötzlich und jagte mit quietschenden Reifen durch die nächste S-Kurve.
    »Verdammt, etwas hat ihn aufgeschreckt«, sagte Deborah. »Er muss uns entdeckt haben.« Sie gab Gas, um ihn nicht zu verlieren, nach wie vor zwei oder drei Wagen hinter ihm, obgleich es für dieses Versteckspiel nur noch wenig Grund zu geben schien.
    Etwas hatte ihn in der Tat erschreckt, denn Oscar fuhr wie ein Verrückter, ständig in Gefahr, andere Verkehrsteilnehmer zu rammen oder auf den Bürgersteig zu krachen, und selbstverständlich konnte Deborah es sich nicht erlauben, diesen Weitpinkelwettbewerb zu verlieren. Sie blieb dran, kurvte um die Wagen, die sich noch von ihrer Begegnung mit Oscar erholten. Direkt vor uns schwenkte er auf die äußerste linke Spur, wodurch ein alter Buick ins Schleudern geriet, über den Bordstein knallte und durch einen Drahtzaun in den Vorgarten eines hellblauen Hauses krachte.
    Hatte der Anblick unseres kleinen unauffälligen Fahrzeugs ausgereicht, um Oscar zu diesem Verhalten zu animieren? Der Gedanke war nett und gab mir ein Gefühl von Bedeutsamkeit, aber ich glaubte nicht daran – bis jetzt war er völlig kühl und kontrolliert gewesen. Wenn er uns hätte abschütteln wollen, hätte er ziemlich wahrscheinlich unvermittelt ein kompliziertes Manöver gefahren, so wie die Fahrt über die Zugbrücke, Momente, bevor sie hochgezogen wurde. Warum war er dann plötzlich in Panik geraten? Nur um etwas zu tun, beugte ich mich vor und sah in den Seitenspiegel. Die Blockbuchstaben auf dem Spiegel informierten mich, dass Objekte näher waren, als sie zu sein schienen. So wie die Dinge lagen, war dies ein sehr bedauerlicher Gedanke, da momentan nur ein einziges Objekt im Spiegel erschien.
    Ein verbeulter, weißer Lieferwagen.
    Und er verfolgte uns, und er verfolgte Oscar. Mit gleicher Geschwindigkeit schlängelte er sich durch den Verkehr. »Nun«, sagte ich. »Doch nicht so blöd.« Und ich erhob meine Stimme, um das Kreischen der Reifen und die Hupen anderer Verkehrsteilnehmer zu übertönen.
    »O Deborah«, sagte ich. »Ich will dich nicht von deiner Fahrtätigkeit ablenken, aber wenn du einen Moment erübrigen könntest, würdest du dann in den Rückspiegel schauen?«
    »Was zum Teufel soll das jetzt bedeuten?«, schnarrte sie, aber ihr Blick flackerte zum Spiegel. Wir hatten Glück, dass wir uns momentan auf einem geraden Straßenstück befanden, denn eine Sekunde lang vergaß sie fast zu lenken. »O Scheiße«, flüsterte sie.
    »Ja, das denke ich auch«, pflichtete ich

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