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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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setzte sich in Bewegung. Jetzt sollte ihm keiner mehr zuvorkommen. Er stieß die Tür zum Büro noch ein Stück weiter auf und stand Oliver Rathbone gegenüber.
    »Guten Tag«, begrüßte Monk ihn kühl. »Hester und ich haben eine höchst dringliche Angelegenheit, in der wir Ihren Rat benötigen.«
    Rathbone rührte sich nicht von der Stelle. Sein langes Gesicht mit den lebhaften Augen drückte nur gutgelaunte Verblüffung aus.
    »Ach, tatsächlich?« Er blickte an Monk vorbei zum Kanzleidiener hinüber, der den gerade verabschiedeten Klienten zur Tür begleitet hatte und jetzt, angesichts Monks schlechter Manieren, ein wenig ratlos im Foyer stand. Ihre Blicke begegneten sich in wortlosem Einvernehmen. Monk war das nicht entgangen, und unerklärlicherweise ärgerte es ihn. Aber er war nun mal in der Rolle des Bittstellers, mit Sarkasmus hätte er sich nur selber geschadet. Also trat er einen Schritt zurück, damit Rathbone einen Blick auf Hester werfen konnte, die hinter ihm saß.
    Oliver Rathbone war schlank und von mittlerer Größe; er kleidete sich mit der Ungezwungenheit eines Mannes, für den nur das Beste gut genug und Eleganz eine Selbstverständlichkeit war. Es erforderte keinerlei Anstrengung, es gehörte zu seiner Lebensart.
    Als er jedoch Hesters bleiches Gesicht erblickte und ihrer ungewohnt ungepflegten Erscheinung gewahr wurde, bekam seine Haltung einen Knacks, und er trat eilig auf sie zu, ohne weiter auf Monk zu achten.
    »Meine liebe Hester, was ist denn passiert? Sie sehen ziemlich… verzweifelt aus!«
    Vor fast zwei Monaten hatten sie sich zum letztenmal gesehen, und das war eine eher zufällige Begegnung gewesen. Hester wußte nicht genau, wie er ihre Beziehung einschätzte. Formal gesehen war es mehr eine berufliche als eine persönliche. Sie gehörte nicht seinen gesellschaftlichen Kreisen an. Und doch waren sie in einem tieferen Sinn Freunde. Sie teilten leidenschaftliche Überzeugungen von Gerechtigkeit, hatten miteinander offener über bestimmte Dinge geredet, als jeder von ihnen mit irgend jemand anderem. Andrerseits gab es große Bereiche persönlicher Empfindungen, die bei ihren Gesprächen völlig unberührt blieben.
    Jetzt blickte er sie mit offensichtlicher Sorge an. Trotz seines blonden Haars hatte er sehr dunkle Augen, und sie spürte die Intelligenz hinter diesem Blick.
    »Nun erzählen Sie’s ihm schon«, schnauzte Monk und deutete auf die Tür zum Büro. »Aber nicht hier draußen«, fügte er hinzu, als befürchtete er, sie wäre in ihrer Geistesabwesenheit zu solcher Indiskretion fähig.
    Ohne Monk eines Blickes zu würdigen, ging Hester an Rathbone vorbei in das Büro. Monk folgte ihr, Rathbone trat als letzter ein und schloß die Tür.
    Hester machte keine Umschweife. Ruhig, in knappen Worten und so sachlich wie möglich schilderte sie das Geschehene.
    Rathbone hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen; zweimal setzte Monk zu einer Bemerkung an, überlegte es sich jedoch beide Male anders.
    »Wo ist die Brosche jetzt?« fragte Rathbone, als sie fertig war.
    »Bei Lady Callandra«, antwortete sie. Rathbone kannte Callandra, eine Erklärung erübrigte sich.
    »Aber sie hat nicht gesehen, wo Sie die Brosche gefunden haben? Es spielt keine große Rolle«, fügte er schnell hinzu, als er ihre Bestürzung bemerkte. »Wäre es möglich, daß Sie Mrs. Farraline mißverstanden haben, als sie sagte, sie habe das Schmuckstück in Edinburgh gelassen?«
    »Ich wüßte nicht wie. Wir haben uns ja ausführlich über die Brosche und das dazu passende Kleid unterhalten.« Sie konnte sich die Frage nicht verkneifen: »Was meinen Sie, was passiert ist?«
    »Ähnelt Ihre Tasche einer der Taschen, die Mrs. Farraline dabeihatte?«
    Hester fror, und sie hatte einen Knoten im Magen.
    »Nein. Ich hatte eine Tasche aus weichem, braunem Leder dabei. Mrs. Farralines Gepäckstücke sind aus hellem Schweinsleder, tragen ihr Monogramm und passen alle zueinander.« Ihre Stimme klang heiser, und sie hatte einen trockenen Mund. Hinter sich spürte sie Monks wachsenden Ärger. »Niemand hätte die Taschen verwechseln können«, stellte sie abschließend fest.
    Rathbone sprach sehr leise. »Ich fürchte, dann bleibt als einzige Erklärung böser Wille, und warum jemand so etwas tun sollte, kann ich mir nicht erklären.«
    »Ich war doch nicht mal einen ganzen Tag lang dort! Ich habe nichts getan, um jemanden vor den Kopf zu stoßen!«
    »Sie sollten mir das Schmuckstück so schnell wie möglich bringen.

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